Die argentinische Insolvenz und ihre Verlierer

Zwei Seiten der Medaille: Gewinner und Verlierer eines nationalen Desasters. Letzte Bemühungen des Landes, seine Staatsschulden pünktlich zahlen zu können, waren vergebens. Leidtragende sind dabei Argentiniens Gläubiger und die Bevölkerung. Nur Anwälte, Banker und einige wenige Investoren werden einen Profit aus der Misere ziehen.

 

Trotz hektischer Verhandlungen in letzter Minute, konnte Argentinien mit seinen sogenannten Holdout-Gläubigern (den Verweigerern) keine Einigung finden, die der Regierung eine pünktliche Zahlung ihrer Staatsschulden ermöglicht hätte. Als Resultat hat das Land seinen Status als einer der weltweit schlimmsten Serienschuldner gefestigt.

 

Die Nation Argentinien ist dabei der größte Verlierer. Die Kreditaufnahme auf internationalen Märkten wird sich für das Land in Zukunft schwieriger gestalten und es wird auch mehr dafür bezahlen müssen. In Zukunft werden Ausländer von der Tätigung direkter Investitionen abgehalten und Argentinier zu höherer Geldentnahme angehalten, was das Wachstumspotenzial des Landes weiter einschränken wird.

 

Die sich verschlechternden wirtschaftlichen und finanziellen Bedingungen Argentiniens sind für die Regierung unter Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner schlechte Nachrichten. Anzeichen von Inkompetenz und Korruption haben ihrer Glaubwürdigkeit bereits Schaden zugefügt, was die Regierung eines Landes, das weit unter seinem Potential agiert, für die Behörden weiter erschweren wird. Weiterhin wird dadurch das Wohlergehen sowohl derzeitiger als auch zukünftiger Generationen geschwächt.

 

Die Mehrheit der Gläubiger Argentiniens sind ebenfalls große Verlierer. Bei früheren Umstrukturierungen zogen sie mit; als eine Möglichkeit der Hilfe für das Land, seine Stabilität zurückzugewinnen, und als Möglichkeit der Sicherung ihrer finanziellen Forderungen während des Prozesses (wenn auch mit einem unter dem ursprünglichen vertraglichen Nennwert). Sie hatten allerdings nicht einkalkuliert, dass eine Minderheit von Holdout-Gläubigern unter Nutzung des US-amerikanischen Rechtssystems darin Erfolg haben würde, Zahlungen von umstrukturierten Schulden zu stoppen.

 

Die Anlageklasse der aufstrebenden Märkte ist ebenfalls in einer misslichen Lage. Das argentinische Debakel wird mit Sicherheit die Internationale Gemeinschaft zu Initiativen animieren, welche die Möglichkeiten, dass Minderheitsgläubiger zukünftig ähnliche Schäden anrichten könnten, mindern werden. Das Resultat wird eine Erosion der Gläubigerrechte sein.

 

Die Holdouts werden nicht so gut wegkommen, wie sie glauben. Ja, sie haben Argentinien an den Abgrund gebracht und ihre rechtliche Macht und ihr strategisches Geschick demonstriert. Doch ihr Ansatz, einen allgemeinen Staatsbankrott zu erzwingen, könnte durchaus den aktuellen Nettowert ihrer Forderungen an Argentinien mindern. In der Zwischenzeit werden sie erhebliche Gerichtskosten zu der bereits sehr hohen Rechnung addieren.

 

Es hat allerdings nicht jeder verloren. Anwälte werden eine Menge Geld verdienen, genauso wie die Banker, die bemüht sein werden, ein Chaos an nicht eingehaltenen Verpflichtungen zu ordnen.

 

Dann gibt es noch die wenigen scharfsinnigen Investoren, die der konventionellen Weisheit nicht zustimmen wollten, dass sich Rationalität schließlich durchsetzen wird. Anstatt anzunehmen, dass eine Vereinbarung zur Vermeidung eines „Lose-Lose-Lose“-Ausgangs gefunden werden würde, sagten sie voraus, dass die sehr etablierten und -- mittlerweile -- ziemlich dogmatischen Verhandlungsparteien keine Lösung für die Hauptprobleme finden würden. Sie sollten Recht behalten und durch ihr Setzen auf eine Zahlungsunfähigkeit (hauptsächlich unter Nutzung der Credit Default Swaps), spekulieren sie nun auf eine stattliche Auszahlung.

 

Die Gewinne der Anwälte, Banker und einigen wenigen nonkonformistischen Investoren verblassen jedoch im Vergleich zu dem Schaden, der nun der argentinischen Bevölkerung zugefügt wird. Es sei denn, es geschieht noch ein Wunder. Sicherlich gab es einen besseren Weg, wie Gläubiger und Schuldner hätten interagieren können.

 

 

Von Mohamed A.El-Erian, im Original erschienen auf Bloomberg view am 31.07.2014. Abdruck mit Einverständnis. Die Meinungen im Artikel entsprechen denen des Autors.

Mohamed El-Erian, Chief Economic Adviser der Allianz
Mohamed El-Erian, Chief Economic Adviser der Allianz

Diese Aussagen stehen, wie immer, unter unserem Vorbehalt bei Zukunftsaussagen:

 

Petra Brandes
Allianz Group
Tel.: +49.89.3800-18797
E-Mail senden

02.05.2024

Allianz ist Vorreiter für nachhaltige Investitionen mit der neuen Zielvereinbarung der Net-Zero Asset Owner Alliance

mehr dazu

18.04.2024

Allianz completes transaction to sell its 51% stake in Allianz Saudi Fransi to Abu Dhabi National Insurance Company (ADNIC)

mehr dazu

18.04.2024

AllianzGI receives approval to commence wholly foreign-owned public fund management business in Mainland China

mehr dazu