Allianz.com: Was treibt einen Geschäftsführer von einem schnellen, digitalen Unternehmen wie Rocket Internet zu einem Unternehmen wie der Allianz?
Sebastian Sieglerschmidt : Das war nur formal ein Firmenwechsel. Ich mache hier dasselbe wie vorher. Wir versuchen hier genauso wie in einem Startup, die digitale Zukunft mitzugestalten. Und in der Welt der Finanzen gibt es diesbezüglich noch am meisten Potenzial, denn vieles hier läuft aus Kundensicht noch genauso wie vor 100 Jahren. Wäre es nicht schön, wenn der Computer künftig meinen Finanzbedarf erkennt? Entsprechend meiner Vorgaben legt er für mich dort an, wo ich gerade die meisten Zinsen bekomme oder bezahlt meine Rechnungen, wenn sie fällig sind. Unser Ziel ist klar: Wir wollen die Financial Services neu erfinden.
Internet-Pioniere wie Sie leben davon, experimentieren zu dürfen. Inwieweit passt das zur Allianz? Wie viel Freiraum gibt Ihnen die Allianz?
Jede Menge! Diese Sache war mir von Beginn an wichtig: Ich wollte maximale Handlungsfreiheit. Sonst würde der Digital Accelerator so keinen Sinn machen.
Was ist das heißeste Projekt, an dem Sie oder Ihr Team gerade arbeiten?
Für mich ist das Milebox. Das ist eine Art „Miles and More-Programm“ für sicheres Autofahren. Über eine Handy-App misst der Nutzer, wie abrupt er sein Auto beschleunigt, wie stark er es bremst. Die App erkennt, ob er viel in der Stadt unterwegs ist oder eher auf Landstraßen fährt. Ein schlauer Algorithmus berechnet dann, wie sicher er fährt. Wenn er sicher fährt, darf er sich eine Prämie als Belohnung aussuchen.
Gibt es denn schon anfassbare Ergebnisse?
Na klar, so einiges. Da hätten wir die Webseite Seaswien.at. Hier bieten wir eine richtig schnelle und unkomplizierte Versicherungsberatung an. Von der Unfallversicherung bis hin zur Rente kann sich der Wiener hier Angebote machen lassen. Er macht dafür nur genau drei Angaben: Alter, Familienstand, und in welchem Bezirk von Wien er wohnt. Dann zeigen wir ihm auf einen Blick, welche Versicherungen er von uns zu welchem Preis haben kann.
Heute in 5 Jahren: Sie blicken auf Ihre bisherige Zeit beim Digital Accelerator zurück: Welche Headline würden Sie gerne über sich lesen?
„Milebox macht jährlich 100 Millionen Eurozusätzlichen Prämienumsatz für die Allianz“, das wäre die Schlagzeile. Darum geht es doch: Aktuell sind wir noch die Exoten im Unternehmen. Was wir machen, soll aber Teil des Tagesgeschäfts sein. Da möchte ich gerne hin.
Welches Projekt schmerzte am meisten, als Sie es aufgeben mussten?
Beim Thema Smart Homes hat mir das sehr leid getan. Wir haben eine Community gegründet, dort viele Inhalte zum Thema zusammengetragen und sogar schon ordentlich Besucher auf dem Portal verzeichnet. So etwas gibt es schlichtweg noch nicht. Aber letztendlich kam nie etwas damit zustande.
Wie war denn hier die Geschäftsidee? Sollte das eine Art Content Marketing Plattform zum Verkauf von Haftpflicht-Versicherungen sein?
Einfach gesagt, ja! Aber wenn wir hier etwas weiterdenken, sollten auch die Hersteller von Smart-Home-Geräten Interesse an einer Zusammenarbeit haben. Dann können wir zusammen ein Paket aus Gerät und Versicherung verkaufen. So gesehen war es gar nicht ganz umsonst: Die Allianz Frankreich kooperiert jetzt mit Nest. Anmerkung der Redaktion: Nest ist eine Tochter von Google und verkauft vernetze, intelligente Thermostate und Feuermelder.