Die Temperaturen steigen laut fünftem Weltklimabericht weniger schnell als befürchtet. Bedeutet das Entwarnung für uns?
Karsten Löffler: Leider nein. Die Durchschnittstemperaturen sind zwar über die letzten 15 Jahre weniger stark angestiegen als in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Aber das bedeutet nicht Entwarnung, sondern vielmehr das Gegenteil.
Die Ozeane haben sich stärker erwärmt, Gletscher sind stärker geschrumpft und der Meeresspiegel ist über die letzten 20 Jahre mehr als doppelt so stark angestiegen wie über die letzten 100 Jahre.
Mehr als 800 Wissenschaftler, die an dem Bericht gearbeitet haben, sind sich einig: Über die Hälfte der seit 1951 beobachteten Klimaerwärmung ist mit „extrem hoher Wahrscheinlichkeit“ auf den Menschen zurückzuführen. Damit ist der Mensch der Hauptverursacher des beobachteten Klimawandels. Auch wenn die Durchschnittstemperaturen kurzfristig weniger stark angestiegen sind als befürchtet, war jedes der drei letzten Jahrzehnte wärmer als alle Jahrzehnte seit 1850.
Ein Ergebnis der Wissenschaftler sollte uns besonders mahnen: Selbst wenn wir heute den Ausstoß menschenbedingter Treibhausgase komplett stoppen könnten, würde die globale Durchschnittstemperatur noch sehr lange danach weiter steigen. Das Risiko von Schäden, die wir nicht mehr beheben können, ist hoch. Heute mit ernsthaften Maßnahmen gegenzusteuern ist daher nicht nur ökologisch, sondern auch volkswirtschaftlich ein Muss.
Welche Konsequenzen zieht die Allianz als Versicherer und Investor aus dem Weltklimabericht?
Der Klimawandel betrifft unsere Kunden und uns selbst als Versicherer. Wir beobachten einen Anstieg der Schäden, die mit extremen Wetterereignissen wie Sturzregen oder Sturmfluten verbunden sind. Darunter Sachschäden, Betriebsausfall, Krankheiten und so weiter.
Auch als Investor sind wir betroffen, zum Beispiel durch Klimaregulierung und Kosten für die betroffenen Industrien. Gleichzeitig nutzen wir die Chancen für unsere Kunden beim Ausbau der erneuerbaren Energien in Form von nachhaltigen Versicherungsprodukten oder über den Waldschutz.