Achten Sie auf die Volatilität von Staatsanleihen

Staatsanleihen waren dieses Jahr immer für eine Überraschung gut: Von den USA bis hin zu Spanien gehen die Renditen weiter zurück, nachdem sie die Erwartungen der Investoren mit ihrem niedrigen Stand über weite Strecken des Jahres 2014 enttäuscht hatten. Dies ist ein Trend, der die Märkte auf größere Volatilität in 2015 einstimmen könnte.

 

Das Zinsniveau ist wirklich bemerkenswert. Wer hätte das vorhergesehen, dass gegen Ende des Jahres die 10-jährigen US-Staatsanleihen nur 2,12, die deutschen Bundesanleihen nur 0,62 oder die japanischen 10-jährigen Schuldverschreibungen nur 0,37 Prozent Zinsen einbringen würden? Was noch erstaunlicher ist: Selbst finanziell unter Druck geratene Staaten wie Italien, Portugal und Spanien mussten mitansehen, wie die Renditen auf ein Rekordtief gefallen sind.

 

Es gibt drei Gründe für diese Entwicklung: Erstens haben sich – mit Ausnahme der USA – bei fast allen systemrelevanten Volkswirtschaften die Wachstumsaussichten verschlechtert. Die Prognose des Internationalen Währungsfonds für das weltweite Wachstum in 2015 liegt nun bei 3,2 Prozent, gegenüber 3,9 Prozent vor einem Jahr.

 

Zweitens wurden die Inflationserwartungen gesenkt und werden vermutlich noch weiter nach unten korrigiert, angesichts des drastischen Verfalls der Ölpreise. Sinkende Ölpreise werden die Kosten für Waren, bei denen die Energieerzeugung eine große Rolle spielt, verringern und als Nebeneffekt die Zentralbanken mit ihren Deflationsängsten (wie die Europäische Zentralbank) dazu veranlassen, die Zügel lockerer zu halten, als sie es sonst getan hätten.

 

Drittens haben sich viele Investoren von US-amerikanischen, deutschen und japanischen Staatstiteln ferngehalten oder gar dagegen spekuliert in der Hoffnung, dass die Renditen steigen und die Preise sinken werden. Da sich der Markt in die andere Richtung entwickelt hat, sahen sie sich gezwungen, Staatsanleihen zu kaufen, um sich aus ihrer Lage zu befreien. Der Blitzabsturz im Oktober, bei dem die Renditen für US-Staatsanleihen unter zwei Prozent fielen, ließ viele, jedoch längst nicht alle diese Anleger, abspringen.

 

Die Tendenz zu geringeren Renditen war merkwürdigerweise weit verbreitet und lässt bedeutende Unterschiede zwischen den wirtschaftlichen Perspektiven der Länder und Staatshaushalte außer Acht. Es gibt nur drei nennenswerte Ausnahmen:

 

  1. Die Differenz bei der Rendite zwischen US-Staats- und deutschen Bundesanleihen hat sich auf fast 1,5 Prozentpunkte vergrößert, und zwar ausgehend von ca. 1,05 zu Beginn des Jahres, was die unterschiedlichen Perspektiven hinsichtlich Wachstum, Inflation und der Politik der Zentralbanken in den USA und Europa widerspiegelt.
  2. Die Renditen griechischer und russischer Schuldtitel sind gegenüber den deutschen Bundesanleihen und den US-Staatsanleihen stark gestiegen, ein Ausdruck des gefühlt höheren Bonitäts- und Ausfallrisikos.
  3. In einigen Entwicklungsländern wie Brasilien drücken die wachsenden Renditen die zunehmenden Bedenken über exzessive Abhängigkeit von strengerer Geldpolitik aus, um die unangemessene Finanzpolitik auszugleichen.

Eine der großen Fragen für 2015 ist: Handelt es sich bei solchen Ausnahmen auch weiterhin um unbedeutende und isolierte Fälle, oder werden sich die Renditen stärker weg bewegen, analog der unterschiedlichen Erwartungen hinsichtlich Wachstum, Inflation und politischer Entwicklung?

 

Wenn die Renditen die wachsenden Abweichungen bei den wirtschaftlichen und finanziellen Fundamentaldaten nicht abbilden, setzen sie die Devisenmärkte unter Druck, als globaler Puffer zu fungieren. Je öfter dies geschieht, umso größer ist das Risiko, dass große Währungsbewegungen schließlich dazu führen, dass etwas anderes im System zusammenbricht. Andererseits können starke Schwankungen bei den Renditen, die das Bonitäts- und Ausfallrisiko besser widerspiegeln, auch zu Problemen führen, z.B. dadurch, dass sie es Staaten mit unsicherer Finanzlage schwerer machen, sich das Geld zu leihen, das sie für die Rückzahlung ihrer fällig werdenden Verbindlichkeiten benötigen.

 

Jedenfalls wird das Risiko der Instabilität in 2015 umso größer, je unterschiedlicher der Wirtschaftsverlauf in den betroffenen Ländern ist.

 

 

Von Mohamed A.El-Erian, im Original erschienen auf Bloomberg view am 16.12.2014. Abdruck mit Einverständnis. Die Meinungen im Artikel entsprechen denen des Autors.

Mohamed El-Erian, Chief Economic Adviser der Allianz
Mohamed El-Erian, Chief Economic Adviser der Allianz

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Petra Brandes
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