Isaac-Augenzeuge: "Ehrfurcht angesichts der Macht der Natur"

Was für ein Tag! Der erste Tag, an dem ich wieder raus komme und mir ein eigenes Bild der Schäden machen kann. Ein Bild, das sehr durchwachsen ausfällt. Mein erstes Problem: Wie komme ich aus der Parkgarage heraus? Was für ein Chaos. Die Leute haben ihre Autos kreuz und quer geparkt. Das Herausmanövrieren erfordert genauso viel räumliches Denkvermögen wie Mumm.

Als erstes mache ich mich auf den Weg nach Nordosten über die Highways I-10 bis I-12, da die meisten Straßen im Westen unter Wasser stehen und genauso wie der Lake Pontchartrain Causeway geschlossen sind. Also nehme ich den langen Weg. Die „Twin Spans“ führen mich an der Ostseite des Sees entlang. Am Straßenrand türmen sich Schuttmassen auf. Ich sehe viel Seetang und Holz (Krebsfallen, wie ich später erfahre).

Auf dem Weg nach Slidell sind die Folgen der Flut deutlich zu sehen. Ein Krabben-/Fischkutter steckt zur Hälfte im Wasser und zur Hälfte in einem Baum. Im Wasser treiben Lastwagen und Autos sowie kleine Fischerboote mit Leuten an Bord. Ein tragischer Anblick, aber man kann nicht umhin, angesichts der Macht der Natur auch so etwas wie Ehrfurcht zu empfinden.

Umgeknickte Ampel in New Orleans nach Isaac (Foto: Austin Tucker)

Austin Tucker: "Die größtenteils ausgefallenen Verkehrsampeln führen dazu, dass viele mit ihren Autos ohne Rücksicht auf Verluste über die Kreuzungen rasen."

Das Nordufer ist weniger betroffen. Die meisten Lebensmittelläden sind geöffnet. Es gibt zwar keine frischen Lebensmittel, keine Kühl- und Tiefkühlwaren – dafür aber Paletten mit Eis am Ausgang, wo einem gegen Vorlage des Kassenbelegs die bezahlte Menge an Tüten ausgehändigt wird.

Im Großen und Ganzen ist die Gegend um New Orleans relativ gut weggekommen. Es ist alles trocken, und nur an wenigen Stellen steht das Wasser. Noch ist die Stromversorgung stark eingeschränkt (im gesamten Bundesstaat sind 900.000 Häuser ohne Strom), und die größtenteils ausgefallenen Verkehrsampeln führen dazu, dass viele mit ihren Autos ohne Rücksicht auf Verluste über die Kreuzungen rasen. Ich höre bald auf zu zählen, wie oft ich oder andere Autofahrer einen Zusammenstoß um Haaresbreite vermeiden.

In den meisten Wohngegenden, durch die ich heute fahre, liegen zahllose, zumeist nicht sehr große Äste auf den Straßen. Außerdem TONNEN von Blättern, die die Abflüsse verstopfen und dafür sorgen, dass man wie auf Glatteis fährt.

Überall in der Stadt sind Konvois unterwegs, zumeist Fahrzeuge von Stromversorgern. Die größte Fahrzeugkolonne, der ich begegne, besteht aus 13 Wagen, die auf dem Weg nach Metairie sind, in allen Wohngegenden, durch die sie kommen, aber von hoffnungsvollen Anwohnern begeistert begrüßt werden. Den größten Teil des Tages müssen die Mitarbeiter des Stromanbieters den Anwohnern erklären, dass die Wohngegenden bei der Wiederherstellung der Stromversorgung nicht höchste Priorität haben. Als erstes muss die Stromversorgung in den Krankenhäusern und öffentlichen Gebäuden wie der Feuerwehr und Polizei wieder hergestellt werden. Offenbar ist das erst der erste Einsatz. Die zweite Kolonne soll heute Abend aus dem Nachbarstaat eintreffen.

Die Ausgangssperre hier in New Orleans ist also aufgehoben. Vielleicht weil das Football-Team der New Orleans Saints heute Abend ein wichtiges Spiel in Nashville hat? Der Bürgermeister hat zumindest einen Sieg versprochen – und damit die gedrückte Stimmung auf den zahlreichen Pressekonferenzen zumindest kurzfristig aufgelockert.

Tonnen von Blättern auf der Straße nach Isaac (Foto: Austin Tucker)

Auf nassen Blättern fahren ist wie auf Eis schlittern, schreibt Austin Tucker.

Diese Aussagen stehen, wie immer, unter unserem Vorbehalt bei Zukunftsaussagen

Katerina Piro
Allianz SE
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