Isaac-Augenzeuge: "Der Regen kam von der Seite"

Wenn man 24 Stunden in einem Hotelzimmer eingesperrt ist, dann fragt man sich natürlich: "Was kann ich heute überhaupt anfangen?" Als erstes sollte man sich natürlich einmal vergegenwärtigen, weshalb man sich überhaupt in besagtem Hotelzimmer befindet. In meinem Fall wegen Hurrikan Isaac und sein unberechenbaren Weg durch Louisiana.

Das Beste, was ich tun konnte, war zweifellos mich darauf zu konzentrieren, weshalb ich eigentlich hier bin: nämlich um als Gutachter für den Versicherer Fireman's Fund die entstandenen Schäden erst einmal grob zu beurteilen. Aber wie soll das gehen, wenn ich gar nicht aus meinem Zimmer herauskomme? Tja, ich sehe fern - viel fern - und mache mir viele Notizen (auch wenn es sich dabei meist um unidentifizierbares Geschreibsel handelt), zappe durch die Kanäle und sammle Daten für meine zwei täglichen Telkos. Zum Glück habe ich einen guten Blick auf die Innenstadt von New Orleans und kann so ohne größere Schwierigkeiten genaue, aktuelle Wetterberichte liefern.

Ich finde es faszinierend, wie die sonst so zugeknöpften Vertreter der Stadtwerke immer redseliger werden, je länger der Sturm anhält. Zweimal täglich müssen sie auf Pressekonferenzen eine solche Flut von Informationen und Daten vermitteln, dass es dann immer wieder zu ganz spontanen Aussagen kommt, die den Informationsschwall auf hilfreiche Art und Weise unterbrechen.

Dieses Video von Austin Tucker zeigt menschenleere Straßen, in denen es normalerweise vor Pendlern nur so wimmeln würde. Zwischen den Gebäuden peitscht der Wind und es regnet ohne Unterlass, doch trotzdem scheint New Orleans diesmal mit einem blauen Auge davongekommen zu sein. An der Südküste von Louisiana dagegen, wo der meiste Regen niederging, kam es zu schweren Überschwemmungen.

Heute nahmen die Dinge jedoch eine interessante Wendung: Der Regen hörte eine Zeitlang auf, ich konnte runter auf die Straße und begann, die unmittelbare Umgebung meines Hotels zu erkunden. Das Ausmaß der typischen Schäden (z.B. zerborstene Fensterscheiben) war relativ gering, obwohl ich immer mal wieder ein paar Scherbenhaufen fand, wenn Fenster in oberen Stockwerken zu Bruch gegangen waren.

Die größten Schäden, die ich feststellen konnte, waren u.a. ein paar zerrissene Markisen und fehlende Gebäudeteile (z.B. hatte ich von meinem Hotelzimmer aus gesehen, wie sich plötzlich ein ca. 20 x 30 cm großes Stück Stuckverzierung löste und herunterfiel). Auch eine umgestürzte Ampel gehörte zu den Highlights, ehe mich der Regen und Wind wieder zurück ins Hotel zwangen.

Ich wäre wirklich gern länger draußen geblieben, aber was Regen überhaupt bedeutet, erfährt man erst, wenn er plötzlich horizontal daher kommt. Zum ersten Mal in dieser Woche habe ich einen Vogel gesehen: eine total durchnässte, zerrupfte und frustrierte Taube, die in einem Hauseingang Schutz vor Wind und Regen gesucht hatte. Ironischerweise sah ich später noch zwei andere Tauben, die an den Luftströmungen hier in der Innenstadt so richtig ihren Spaß hatten, vor meinem Fenster Loopings schlugen und sich wie Adler auf unsichtbare Beute stürzten. Vielleicht stellen sich sogar Tauben manchmal vor, sie wären jemand anders, wenn sich dazu die Gelegenheit bietet.

Als ich wieder trocken und sauber war, kehrte ich zu meinen morgendlichen Aktivitäten zurück und, tja, das war es dann schon. Ich wünschte, ich hätte Aufregenderes zu berichten, aber während vor meinem Hotel ein Hurrikan stürmt, der sich langsamer vorwärts bewegt als ich laufen kann, passiert wirklich nicht viel.

Der Regen hat den ganzen Tag nicht nachgelassen, der Sturm kommt und geht und jetzt, am Abend, scheint alles wieder ziemlich normal. Hoffentlich bessert sich das Wetter morgen und ich entkomme dann endlich meinem Gefängnis, damit ich den Schaden in der Stadt begutachten und mit meiner eigentlichen Arbeit anfangen kann.

Austin Tucker schreibt heute morgen in seinem Blog: "Circa 20 Straßen in New Orleans sind unter Wasser; sie sagen zwar nicht welche, gehen aber davon aus, dass die Pumpen sie bald wieder frei bekommen werden."

Diese Aussagen stehen, wie immer, unter unserem Vorbehalt bei Zukunftsaussagen

Katerina Piro
Allianz SE
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