Fahrzeugdaten können zum Turbo für die europäische Digitalwirtschaft werden  

Ein neues EU-Gesetz soll die Daten aus vernetzten Fahrzeugen nutzbar machen – zum Wohl der Fahrzeughalterinnen und -halter, zur Verbesserung der Verkehrssicherheit und um nachhaltige digitale Innovationen zu ermöglichen. 

Der EU Data Act war das Hauptthema beim 11. Allianz Autotag am 17. Oktober 2023. Expertinnen und Experten diskutierten die neue Regelung im Allianz Zentrum für Technik (AZT) in Ismaning. 

Die Bewertung der Allianz fiel dabei eindeutig aus: „Wir begrüßen den EU Data Act“, sagte Klaus-Peter Röhler, Mitglied des Vorstands der Allianz SE. „Das neue Gesetz steht für Innovation und Wettbewerb – es ist eine europäische Initiative zur Stärkung der europäischen Digitalwirtschaft. Die neue EU-Regulierung folgt einem überzeugenden Grundsatz: ‚Mein Gerät, meine Daten‘ – wir unterstützen diese Idee“, sagte Röhler. Nutzerinnen und Nutzer eines vernetzten Autos, so die neue Rechtslage, können künftig vom Hersteller verlangen, dass die im Fahrzeug gesammelten Daten an Dritte übermittelt werden. Für „leicht zugängliche Daten“ fordert der EU Data Act sogar eine Bereitstellung der Daten in Echtzeit. 

Das, sagte Röhler, könne zu echten Innovationen führen: „Wir wollen unsere Kundinnen und Kunden in der Autoversicherung mit attraktiven Angeboten davon überzeugen, ihre Daten mit uns zu teilen. Auch andere Unternehmen und Start-ups hätten durch den EU Data Act die Chance, erfinderisch zu werden. Durch die Verwendung von Millionen von Live-Kamera- und Positionsdaten aus Fahrzeugen ließe sich das Problem der Parkplatzsuche in Innenstädten lösen. Das wäre nicht nur für Autofahrerinnen und -fahrer ein Gewinn, sondern es würde erhebliche Mengen Energie einsparen, dem Klimaschutz und der Luftqualität helfen. Wenn Fahrzeugdaten sinnvoll genutzt werden, haben sie das Potenzial, unser Verkehrssystem insgesamt sicherer, sauberer und smarter zu machen.“

Mit detaillierten Daten aus dem Fahrzeug können künftig ganz neue Versicherungsleistungen und Services zur Verfügung gestellt werden. „Im Falle eines Unfalls wäre es möglich, durch die Auswertung von Positionsdaten und Daten von Crash-Sensoren das Ausmaß des Schadens automatisch und in Echtzeit zu erfassen. Die Allianz könnte sofort einen Abschleppdienst benachrichtigen, einen Leihwagen reservieren, passende Ersatzteile bestellen und einen Werkstatttermin für unsere Kundinnen und Kunden vereinbaren. Bei schweren Unfällen könnte medizinische Hilfe geleistet werden“, so Röhler. „In der Vergangenheit musste er oder sie uns informieren. Künftig werden wir proaktiv auf unsere Kundinnen und Kunden zugehen und helfen, wenn sie uns am meisten brauchen.“

Röhler hob in der Veranstaltung hervor, dass die Allianz durch die Nutzung von Autodaten allen Kundinnen und Kunden den bestmöglichen Preis anbieten kann. „Wir können deutlich risikogerechtere Versicherungsangebote kalkulieren, die sowohl die Fahrweise von Fahrerinnen und Fahrern als auch die Ausstattung des Fahrzeugs mit Sicherheitssystemen, und ob diese ein- oder ausgeschaltet sind, berücksichtigen. Gleichzeitig können die Sensor- und Kameradaten für die ordnungsgemäße, korrekte und faire Untersuchung eines Unfalls und zur Haftungsklärung verwendet werden“, sagte Röhler. 

Besondere Bedeutung werden die direkt aus dem Fahrzeug gesendeten Daten bekommen, wenn autonome und KI-gestützte Systeme in Zukunft das Fahrzeug steuern. „Betroffene, aber auch die Gesellschaft, haben ein Recht darauf zu erfahren, ob der Mensch oder die Maschine den Unfall verursacht hat“, so Röhler.

Eine aktuelle Umfrage der Allianz in fünf europäischen Ländern zeigt, dass eine Mehrheit der Autofahrerinnen und -fahrer bereit ist, ihre Autodaten an ihren Versicherer weiterzugeben, wenn sie im Gegenzug verbesserte Serviceleistungen erhalten: In Deutschland sind es 53 Prozent, in Großbritannien sogar 61 Prozent. „Das ist für uns eine sehr wichtige Rückmeldung, auf die wir stolz sein können: Unsere Kundinnen und Kunden wissen, dass sie uns vertrauen können, weil wir sorgsam und in ihrem Interesse mit ihren Daten umgehen“, kommentierte Röhler die Umfrageergebnisse.

Die Diskussionen auf dem 11. Allianz Autotag drehten sich auch um die Frage, wie Dritte in der Praxis an die Daten im Auto herankommen. Der EU Data Act legt fest, dass „leicht zugängliche Daten“ in Echtzeit übermittelt werden müssen – doch welche sind das? Und welchen Preis darf der Autohersteller für die Übermittlung an Dritte verlangen? „Echter Wettbewerb kann nur entstehen, wenn die Fahrzeughersteller faire Preise aufrufen. Sonst haben Dritte keine Chance, innovativ zu werden“, sagte Röhler.
Was aber soll eine einzelne Kundin oder ein einzelner Kunde mit den Daten ihres bzw. seines Fahrzeugs anfangen? Und vor allem: Wie sollen sie an die Daten gelangen und sie weitergeben? Das kann nur funktionieren, wenn für die Einzelperson in der Praxis ein ganz einfacher Weg für den Datentransfer bereitsteht. „Das EU-Datenschutzgesetz schafft nur die rechtliche Grundlage für die grundsätzliche Weitergabe von Daten aus dem Fahrzeug an Dritte. Es fehlt aber noch der Rechtsrahmen, der konkretisiert, auf welche technische Weise die Daten aus dem Fahrzeug für alle Marktteilnehmer nutzbar gemacht werden können“, sagte Röhler. „Hierfür muss der Gesetzgeber schnellstmöglich eine praktikable Lösung finden, sonst kann der Datenschatz zum Kundennutzen und zum Nutzen aller Beteiligten nicht gehoben werden.“

1. Fahrzeughalterinnen und -halter müssen volle Transparenz über die in ihrem Fahrzeug erhobenen Daten erhalten. Jeder Autobesitzer muss eine genaue Übersicht bekommen, um zu wissen, welche Daten aus seinem Fahrzeug erhoben werden. Zusätzlich muss erkennbar sein, welche dieser Daten in Echtzeit an Dritte übertragen werden können. 

2. Damit Autobesitzerinnen und -besitzer die neu erlangte Hoheit über ihre Fahrzeugdaten sinnvoll einsetzen können, braucht es einen standardisierten Mindestdatensatz, um neue Services herstellerunabhängig zu ermöglichen und damit die Daten in Echtzeit über definierte Schnittstellen schnell und einfach geteilt werden können, wenn der Besitzer oder die Besitzerin es wünscht.

3. Die Allianz fordert einen regulierten Marktplatz und einen unabhängigen Datentreuhänder, der den sicheren Austausch von Fahrzeugdaten gewährleistet. Diese unabhängige Institution muss sicherstellen, dass Berechtigte auf Daten zugreifen können.

4. Damit Autofahrerinnen und -fahrer von den vielen denkbaren Innovationen profitieren können, benötigen wir faire Preise für die Datenübertragung an Dritte. Die Kosten müssen kalkulierbar sein, um einen breiten Wettbewerb zu ermöglichen. 

Christina Bersick
Allianz Deutschland AG
Christian Weishuber
Allianz Deutschland AG
Die Allianz Gruppe zählt zu den weltweit führenden Versicherern und Asset Managern und betreut rund 125 Millionen* Privat- und Unternehmenskunden in knapp 70 Ländern. Versicherungskunden der Allianz nutzen ein breites Angebot von der Sach-, Lebens- und Krankenversicherung über Assistance-Dienstleistungen und Kreditversicherung bis hin zur Industrieversicherung. Die Allianz ist einer der weltweit größten Investoren und betreut im Auftrag ihrer Versicherungskunden ein Investmentportfolio von etwa 737 Milliarden Euro**. Zudem verwalten unsere Asset Manager PIMCO und Allianz Global Investors etwa 1,7 Billionen Euro** für Dritte. Mit unserer systematischen Integration von ökologischen und sozialen Kriterien in unsere Geschäftsprozesse und Investitionsentscheidungen sind wir unter den führenden Versicherern im Dow Jones Sustainability Index. 2023 erwirtschafteten über 157.000 Mitarbeiter für den Konzern einen Umsatz von 161,7 Milliarden Euro und erzielten ein operatives Ergebnis von 14,7 Milliarden Euro.
* Einschließlich nicht konsolidierter Einheiten mit Allianz Kunden.
** Stand: 31. Dezember 2023
Diese Aussagen stehen, wie immer, unter unserem Vorbehalt bei Zukunftsaussagen:
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