Die Allianz bündelt ihre IT-Infrastruktur in Europa

In den nächsten drei Jahren werden die IT-Infrastruktur-Einheiten der westeuropäischen Allianz-Gesellschaften schrittweise in die ASIC (Allianz Shared Infrastructure Services) integriert, die am 1. Juli 2007 ihre Arbeit aufnehmen wird. Damit soll die Servicequalität und die IT-Sicherheit der europäischen Gesellschaften weiter verbessert werden.

Über diese Entwicklung sprachen wir mit Friedrich Wöbking, dem Vorsitzenden des internationalen IT-Committee und Verantwortlichen für die Vorbereitung und Umsetzung dieses Vorhabens.

Friedrich Wöbking: In der IT unterscheidet man zwei Bereiche: die Anwendungsentwicklung (Software) auf der einen Seite sowie den Systembetrieb (Hardware und Betriebssysteme) auf der anderen. Die Dienstleistungen des IT-Systembetriebs, also Rechenzentrumsleistungen, Netzwerk und Telekommunikation, Desktop-Betreuung und Druckbetrieb, bezeichnet man als IT-Infrastruktur.

Wöbking: Dieser Bereich war bei der Allianz bislang in Europa dezentral organisiert. Für Westeuropa sind das 26 meist kleine IT-Infrastruktur-Einheiten, die mit unterschiedlichen Technologien, Produkten und Prozessen für 15 Allianz-Gesellschaften die IT betreiben.

Das ist aus Konzernsicht oft nicht sehr effizient: Aufgrund der kleinen Einheiten ist das lokale Verbesserungspotenzial eingeschränkt, weil Skaleneffekte nicht realisiert werden können. In den Bereichen Netzwerk und Telekommunikation haben wir zum Beispiel in Europa mehr als 150 Lieferanten. Darüber hinaus haben die lokalen Einheiten im Rahmen ihrer Möglichkeiten den IT-Betrieb kontinuierlich optimiert.

Friedrich Wöbking: "Heute können wir Produkte, Prozesse und Technologien vereinheitlichen"

Wöbking: Heute können wir Produkte, Prozesse und Technologien soweit vereinheitlichen, dass beispielsweise mit einer IT-Plattform eine Vielzahl verschiedener Anforderungen abgedeckt werden kann. Das ist vergleichbar mit der Automobilindustrie, wo man auf einer Plattform unterschiedliche Modelle bauen kann.

Jetzt wollen wir die IT-Infrastruktur so aufstellen, dass länderübergreifend die besten Produkt-, Prozess- und Technologieansätze zum Einsatz kommen. Das hat für unsere Gruppengesellschaften eine Reihe von Vorteilen: Wir können ihnen qualitativ bessere und sicherere IT-Services anbieten, und das zu günstigeren Konditionen. Das ist für unsere Gesellschaften ein klarer Vorteil im Wettbewerb.

Wöbking: Mit der Gründung der ASIC bauen wir einen internationalen IT-Service-Provider innerhalb der Allianz auf, der in allen Bereichen zu den besten im Markt gehören soll. Die Kunden des neuen Unternehmens sind 15 Allianz Gesellschaften in Westeuropa. Die ASIC hat ihren Hauptsitz in München. Schrittweise soll die Infrastruktur der 26 Einheiten in die neue Organisation verlagert werden.

Vorbehaltlich der Gremienzustimmung wird die Leitung der ASIC Markus T. Müller als CTO (Chief Technology Officer) und Kurt Servatius als COO (Chief Operating Officer) übernehmen. Beide vertreten das Unternehmen gemeinsam nach innen und außen. Die ASIC wird damit einer der größten IT-Provider in der Versicherungs- und Finanzdienstleistungsbranche weltweit.

Wöbking: Ganz so einfach ist es nicht. In München werden künftig die Großrechnersysteme und Server, also die IT-Hardware, für alle beteiligten Gesellschaften stehen. Aber das neue Unternehmen wird natürlich auch in den Gruppengesellschaften präsent sein, um vor Ort den bestmöglichen Service zu gewährleisten. Aus diesem Grund werden die kundennahen Funktionen wie zum Beispiel Kundenmanagement oder Projektberatung auch weiterhin vor Ort angeboten.

Wöbking: Ja, ein wichtiger Aspekt des neuen IT-Konzepts ist die klare Fokussierung auf Kernkompetenzen. Dies führt in den Servicebereichen Workplace-Betreuung, Netz und Telekommunikation zu einer Reduzierung der Fertigungstiefe oder anders ausgedrückt, Teile dieses Geschäfts werden in Zukunft durch externe Anbieter erbracht.

Bei vielen Gruppengesellschaften ist das längst gang und gäbe, bei anderen Gesellschaften sind derartige Projekte bereits auf den Weg gebracht. Mit einer europaweit einheitlichen Auslagerung von Dienstleistungen an strategische Partner werden eine höhere Flexibilität sowie eine Verbesserung der Konditionen erreicht. Dadurch kann sich die neue Organisation ganz auf diejenigen Geschäftsteile konzentrieren, in denen spezielle Kenntnisse über die Versicherungs- und Finanzwirtschaft erforderlich sind.

Wir suchen mögliche strategische Partner in diesen Servicebereichen sehr sorgfältig aus; insbesondere achten wir auf die Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten der Mitarbeiter. Wir kennen unsere Verantwortung und sind daher interessiert, langfristige Lösungen mit renommierten Anbietern zu finden.

Wöbking: "Klare Fokussierung auf Kernkompetenzen"

Wöbking: In der neuen Aufstellung wollen wir ein noch attraktiverer Arbeitgeber für IT-Fachkräfte werden. Künftig werden wir breite Entwicklungs-, Qualifikations- und Austauschprogramme in ganz Europa haben. So planen wir die Einführung europäischer Fachkarrieren und den Aufbau zertifizierter IT-Seminare, die auf spezielle Technologien oder Anforderungen der Mitarbeiter ausgerichtet sind. Insgesamt bieten wir also deutlich mehr internationale Tätigkeiten und Karrieremöglichkeiten als früher.

Ob und inwieweit unsere Mitarbeiter davon profitieren, hängt allerdings auch von ihrer individuellen Bereitschaft ab, sich zu verändern. Aufgaben, die wir künftig an einzelnen Standorten bündeln, werden wir bevorzugt Mitarbeitern aus den beteiligten Allianz-Gesellschaften anbieten. Hier hängt es von der Bereitschaft ab, an einen anderen Standort umzuziehen.

Aber auch Mitarbeitern, die sich nicht verändern wollen oder können, bleibt eine ganze Reihe von Möglichkeiten: die Migrationsdauer von drei Jahren lässt viel Spielraum, um sich eine neue Tätigkeit zu suchen, falls die bisherige Aufgabe entfallen sollte. Auf dem IT-Personalmarkt in Europa übersteigt die Nachfrage der Arbeitgeber derzeit das Angebot an Arbeitssuchenden. Daher werden wir ein Programm aufsetzen, während des Veränderungsprozesses Mitarbeiter zu binden. Sie sehen: Wir werden zwar Stellen reduzieren, aber um forcierten Personalabbau geht es uns nicht.

Wöbking: Was verändert sich für den IT-User in der Allianz? Nichts, solange sich die Anwendungen (Software) nicht verändern. Das ist sehr vereinfacht, lässt sich aber an einem Beispiel erklären. Nehmen wir wieder Netzwerk und Telekommunikation. Vor zehn Jahren wäre es nicht möglich gewesen, dass Anwender in den Niederlanden ohne nennenswerten Zeitverzug Rechenkapazitäten in München nutzen. Dafür waren die Übertragungsraten in den Netzen unzureichend. Heute ist das durch Breitbandtechnologie Standard und wird in Teilen der Allianz bereits gelebt.

Erfolgreiche Modelle der internationalen Zusammenarbeit wie beispielsweise die Übernahme des Großrechnerbetriebs der Allianz Niederlande, Österreich und der Schweiz durch die AGIS in Deutschland belegen das.

Unser Projekt verläuft also dann erfolgreich, wenn kein IT-User etwas bemerkt. Vielleicht bemerkt er aber doch an der einen oder anderen Stelle, dass die Neubestellung des PCs einfacher wird, das Internet schneller oder die eine oder andere Anwendung noch stabiler läuft.


Diese Aussagen stehen, wie immer, unter unserem Vorbehalt bei Zukunftsaussagen, der Ihnen hier zur Verfügung gestellt wird.
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