Gedanken zum nächsten Jahrzehnt Allianz IT

Erinnern Sie sich noch an den IBM 650 Großrechner? Können Sie sich vorstellen, dass vor 50 Jahren 12 Kilobyte Arbeitsspeicher als neuester Stand der Technik galt?

Das firmenhistorische Archiv der Allianz hat kürzlich eine Ausstellung zusammengestellt und einen umfassenden Katalog veröffentlicht, der die Entwicklung der EDV im Haus seit den Fünfziger Jahren dokumentiert. Diese Ausstellung – "Bits and Bytes for Business" – beweist, dass in der IT-Branche Neuerungen schnell Geschichte werden und Veränderungen nicht die Ausnahme, sondern die Regel sind.

Während die Exponate einerseits einen fast nostalgischen Einblick in die "gute alte Zeit" geben, fordern sie auch zum Nachdenken über die Zukunft auf. Wie wird die IT in der Allianz in fünf oder zehn Jahren aussehen? Allianz.com News hat Markus T. Müller, Leiter Group IT, gebeten, seine Sicht auf die zukünftigen IT-Themen zu schildern.

Müller: Die IT hat sich in der Vergangenheit stärker mit technischen Neuerungen bei Datenbanken, Hardware und Netzwerken sowie Software und Plattformen auseinandergesetzt. Heute erhalten Fragen rund um die effiziente Gestaltung der Geschäftsprozesse ein größeres Gewicht. Diese Themen beinhalten oft Standardisierungs- bzw. Konsolidierungsaspekte. In der IT-Sprache sind das Fragen rund um Architektur, Governance, Prozesse und Organisation.

Diese Trends gelten für die ganze Branche und damit auch für die Allianz. Nehmen wir zwei der Themen, die Sie genannt haben – Outsourcing und Industrialisierung. Für Teilfunktionen werden solche Konzepte nach eingehender Prüfung umgesetzt. So hat beispielsweise die Dresdner Bank ihre technische Wertpapierabwicklung ausgelagert und die AGIS in Deutschland mit dem Programm SYN III Teile des System- und Anwendungsbetriebs industrialisiert. Unsere Aufgabe ist es, uns zu fragen, wie wir basierend auf Trends und lokalen Initiativen eine einheitliche IT-Strategie ableiten können, die das Geschäft der Gruppe am besten unterstützt.

Markus T. Müller: "Die Gestaltung der Geschäftsprozesse erhält heute ein größeres Gewicht"

Müller: Zuerst ist es wichtig, zwischen IT-Applikationen (Entwicklung von Anwendungen) und IT-Infrastruktur (Betrieb von Systemen und Anwendungen) zu unterscheiden. Eine effiziente Zusammenführung der Anwendungsentwicklung würde auf europäischer Ebene zuerst eine Vereinheitlichung der Applikationen erfordern. Dies ist wiederum nur dann möglich, wenn die zugrunde liegenden Geschäftsprozesse harmonisiert sind.

Deshalb ist es heute einfacher, Anwendungen im administrativen Bereich, wie beispielsweise Personal, zusammenzuführen als Applikationen im Produktbereich. Obwohl es auch hier bereits einige internationale Angebote gibt, ist die Mehrheit der Produkte lokal, denn sie müssen auf unterschiedliche Märkte und Rechtssysteme abgestimmt sein. Eine Standardisierung dieser Anwendungen wird deshalb erst perspektivisch erfolgen können.

Blickt man auf den Bereich IT-Infrastruktur, zeigt sich ein anderes Bild. Hier gibt es viel weniger Faktoren, die einer Vereinheitlichung generell entgegenstehen und deshalb stellt sich für uns durchaus die Frage, ob es Bereiche gibt, die besser übergreifend organisiert werden könnten.

Müller: Durch die Implementierung der Programme "Data Center Efficiency Program" und "Workplace Efficiency Program" sind wir bereits zwei wichtige Schritte in Richtung Effizienzsteigerung gegangen. Trotzdem müssen wir heute weiter blicken und prüfen, ob eine europäische Organisation der IT-Infrastruktur möglich wäre und signifikanten Nutzen bringen würde. Man muss dabei beachten, dass wir in den rund 55 Rechenzentren in Europa unterschiedliche Dinge auf unterschiedliche Weise tun.

Es gibt allerdings auch schon Konsolidierungsschritte auf europäischer Ebene. Die AGIS zum Beispiel betreibt erfolgreich die Großrechnersysteme der Allianz Österreich, Schweiz und bald der Niederlande, ebenso konsolidieren Allianz Spanien und Portugal ihre IT und gründen eine gemeinsame Tochtergesellschaft. Eine Vereinheitlichung der europäischen Infrastruktur kann und muss aber in erster Linie davon geleitet sein, welchen Nutzen sie für das Kerngeschäft der Allianz stiften würde.

Müller: Die Vorteile, die erfüllt werden müssten, konzentrieren sich auf drei Bereiche, die in der Regel gemeinsam angegangen werden. Das sind besserer Kundenservice und Qualität, klare und einfache Prozesse sowie Kosteneinsparpotenzial.

Eine Konsolidierung der IT-Infrastruktur müsste in allen drei Bereichen Verbesserungen bringen, indem übergreifend Standards gesetzt werden, wie die Allianz IT-Infrastruktur aufgesetzt und gemanagt wird. Für die internen Kunden bringt das transparente Produkt- und Preisgestaltung. Nehmen Sie als Beispiel dafür einen einheitlichen Produktkatalog für alle Gesellschaften, der Server oder Desktops mit festen Servicestandards festgelegt.

Müller: Wie gesagt, wir haben 55 Rechenzentren in Europa. Das wäre eine sehr komplexe Aufgabe. Der Blick auf die Wettbewerber zeigt allerdings, dass es branchenweit Handlungsbedarf gibt. Damit erhöht sich natürlich der Wettbewerbsdruck und deshalb muss es auch unser Ziel sein, eine europäisch einheitliche IT-Infrastruktur aufzubauen.


Diese Aussagen stehen, wie immer, unter unserem Vorbehalt bei Zukunftsaussagen, der Ihnen hier zur Verfügung gestellt wird.
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