Verbindlichkeiten: Ohne Erholung

Obwohl die Zentralbanken im Jahr 2024 begonnen haben, ihre Leitzinsen wieder zu senken, hat sich dies nicht in einer höheren Kreditnachfrage niedergeschlagen. Tatsächlich hat sich das Schuldenwachstum der privaten Haushalte weiter verlangsamt – von +3,8 % im Jahr 2023 auf +3,1 %. Dies ist nicht besonders überraschend, da die langfristigen Zinsen nicht den Bewegungen am kurzen Ende der Zinsstrukturkurve gefolgt sind. Hypotheken waren 2024 weiterhin relativ teuer. Dennoch blieb die Zinswende nicht ohne Auswirkungen auf die privaten Haushalte und führte zu erheblichen Verschiebungen bei den Zinserträgen und -aufwendungen (siehe Kasten: „Eine kurze Hochphase geht zu Ende“). Insgesamt beliefen sich die Schulden der globalen Privathaushalte Ende 2024 auf 59,6 Billionen Euro (siehe Abbildung 14).
Abb. 14: Keine Erholung
Verbindlichkeiten der globalen Privathaushalte, in Billionen Euro und Veränderung zum Vorjahr in % (zum Wechselkurs Ende 2024)
 

Quellen: Eurostat, nationale Zentralbanken, Finanzaufsichtsbehörden, Finanzverbände und statistische Ämter, IWF, LSEG, Allianz Research.

Durch die von der EZB im Kampf gegen die Inflation im Juli 2022 eingeläutete Zinswende kam es zu einem deutlichen Anstieg der Kredit- und Sparzinsen. In der Eurozone stieg der Satz, mit dem neue Bankeinlagen von Privatkunden verzinst werden, von Ende Juni 2022 bis zum Höchststand im November 2023 um 301 Bps auf 3,32 %. Ab Juni 2024 senkte die EZB den Einlagenzinssatz bis Juni 2025 jedoch auf 2,00 %. In der Folge reduzierte sich der Zinssatz für neue Bankeinlagen von Privatkunden in der Eurozone bis Juni 2025 auf durchschnittlich 1,81 %.

Die privaten Haushalte nutzten den anfänglichen Anstieg der Zinssätze, um von unverzinsten Sichteinlagen zu Festgeld zu wechseln. Infolgedessen ist der Anteil der Sichteinlagen an den gesamten Bankeinlagen seit Juni 2022 um durchschnittlich 6,7 Prozentpunkte auf 55,1 % gesunken, während der Anteil der Festgeldanlagen von 11,6 % auf 19,5 % gestiegen ist. In absoluten Zahlen hat sich das Volumen dieser Einlagen auf rund 1,9 Billionen Euro (5.360 Euro pro Kopf) fast verdoppelt. Insgesamt belief sich der Wert der Bankeinlagen in der Eurozone auf mehr als 9,6 Billionen Euro, was einem Pro-Kopf-Durchschnitt von 27.440 Euro und einem Anstieg um 7,7 % seit Juni 2022 entspricht.  

Aufgrund längerer Kreditlaufzeiten wurden die höheren Zinsen auf der Kreditseite (+258 Bps) deutlich weniger stark weitergegeben als auf der Einlagenseite (+301 Bps). Trotzdem hat der Zinsanstieg das Kreditwachstum deutlich gebremst. Von Januar bis April 2024 war die durchschnittliche jährliche (nominale) Veränderungsrate in der Eurozone negativ, was bedeutet, dass mehr Kredite zurückgezahlt als neu aufgenommen wurden. Das unterschiedliche Tempo, mit dem die Kredit- und Sparzinsen angepasst wurden, führte auch zu einem spürbaren Rückgang der Bankmargen. Auf Länderebene schrumpfte der Abstand zwischen den Kredit- und Einlagenzinsen in Deutschland um 67 Bps, in Italien um 66 Bps, in Frankreich um 56 Bps und in Spanien um 20 Bps (Ende Juni 2022 bis November 2023).

Außer in Spanien wurden auch die Zinssenkungen aus dem gleichen Grund auf der Kreditseite weniger stark weitergegeben als auf der Einlagenseite. Von November 2023 bis Juni 2025 sank der gewichtete durchschnittliche Zinssatz für Neukredite in der Eurozone um 103 Bps auf 4,26 %, verglichen mit einem Rückgang um 151 Bps auf der Einlagenseite. Damit verbilligten sich die Kredite jedoch genug, um die Nachfrage anzukurbeln, sodass sich das Kreditwachstum in der Eurozone bis Juni 2025 auf 1,9 % beschleunigte (im Jahresvergleich). Insgesamt belief sich das Kreditvolumen in der Eurozone im Juni 2025 auf fast 6,8 Billionen Euro oder durchschnittlich 19.310 Euro pro Kopf. Das entspricht einem Anstieg von 3,2 % gegenüber Juni 2022.

Da die Zinsen auf der Passivseite der Bankbilanzen schneller sanken als auf der Aktivseite, stiegen die Margen wieder. Unter den vier größten Volkswirtschaften der Eurozone verzeichnete Frankreich von November 2023 bis Juni 2025 den höchsten Anstieg der Zinsdifferenz (+98 Bps), gefolgt von Deutschland (+53 Bps) und Italien (+30 Bps). In Spanien hingegen ging die Zinsmarge weiter zurück (-47 Bps).

Mit Blick auf den gesamten hier untersuchten Zeitraum seit Juni 2022 sind die Zinsmargen in der Eurozone um 5 Bps leicht gestiegen (Abbildung 15). Dies betrifft jedoch nicht alle Bankmärkte. Spanische Banken mussten einen Rückgang von 66 Bps hinnehmen, während die Rückgänge in Italien und Deutschland bei 36 Bps beziehungsweise 13 Bps lagen. Dagegen konnten die Banken in Frankreich ihre Zinsmarge in diesem Zeitraum um 42 Bps verbessern. In absoluten Zahlen haben sich die Länder über die Zeit jedoch angenähert. Auf ihrem Höchststand im Januar 2023 betrug die Differenz zwischen der niedrigsten und höchsten Zinsmarge (0,57 Bps in Frankreich und 4,26 Bps in Spanien) 369 Bps. Bis Juni 2025 hatte sich diese Differenz um rund zwei Drittel auf 118 Bps verringert. Am niedrigsten war die Zinsmarge mit 1,72 % in Frankreich und am höchsten mit 2,90 % in Deutschland. 

Nach einem längeren Abwärtstrend sind die Margen für Neukredite in der Eurozone in den letzten Monaten gestiegen
Abb. 15: Zinsunterschied – Neugeschäft*, in Bps
 

* Einlagen: Festgeld; Kredite: Hypothekenkredite, Verbraucherkredite, sonstige Kredite.
Quellen: EZB, Allianz Research.

Die privaten Haushalte in den vier größten Volkswirtschaften der Eurozone spüren die Auswirkungen des Endes der Nullzinsära deutlich in ihren Geldbörsen, wenn auch in unterschiedlichem Maße (Abbildung 16). Deutsche und französische Haushalte haben profitiert, da die Nettozinsaufwendungen in beiden Ländern deutlich zurückgegangen sind. In Italien und Spanien dagegen haben die Haushalte mehr zahlen müssen.

Während sich die Nettozinsaufwendungen der deutschen Haushalte im Juni 2022 noch auf rund 3,4 Milliarden Euro beliefen, waren es im Juni dieses Jahres nur noch 2,9 Milliarden Euro. Von März bis Juli 2024 hatten die deutschen Haushalte sogar nur monatliche Nettozinsaufwendungen von 2,0 Milliarden Euro. Seit August 2024 sind diese jedoch wieder beständig gestiegen.

In Frankreich liegen die Nettozinsaufwendungen auf einem deutlich niedrigeren Niveau, was die geringen Margen der Banken widerspiegelt. Im Februar 2023 fielen sie auf nahe Null, woraufhin in einigen Monaten sogar ein positives Nettozinseinkommen verzeichnet wurde. Zwei Jahre später wurden die Nettozinszahlungen jedoch wieder negativ und waren im Juni 2025 mit 0,6 Milliarden Euro etwa halb so hoch wie im Juni 2022. Die kumulierten monatlichen Zinsersparnisse der privaten Haushalte im Vergleich zu Juni 2022 summieren sich in Deutschland auf 26,6 Milliarden Euro (durchschnittlich rund 320 Euro pro Kopf) und in Frankreich auf 34,2 Milliarden Euro (durchschnittlich rund 500 Euro pro Kopf).

In Italien und Spanien ist die Situation anders: Nicht nur die Nettozinsaufwendungen schwanken weniger stark, auch die Nettozinslast ist deutlich gestiegen. Im Juni 2022 lagen die Zinsausgaben der spanischen Haushalte bei 1,4 Milliarden Euro. Bis November 2023 stieg dieser Betrag auf 2,3 Milliarden Euro. Obwohl die Nettozinsaufwendungen bis Juni dieses Jahres wieder zurückgingen, lagen sie mit 2,0 Milliarden Euro weiterhin deutlich über dem Niveau vor der Zinswende. Auch für italienische Haushalte stieg die Nettobelastung von 1,1 Milliarden Euro im Juni 2022 auf 1,6 Milliarden Euro im Juni dieses Jahres. Die kumulierten zusätzlichen Ausgaben für Zinszahlungen seit Juni 2022 belaufen sich in Italien auf 12,6 Milliarden Euro (durchschnittlich rund 210 Euro pro Kopf) und in Spanien auf 22,1 Milliarden Euro (fast 460 Euro pro Kopf).

Abb. 16: Saldo der Zinserträge aus Bankeinlagen und Zinsaufwendungen für Kredite, in Milliarden Euro
 

Einlagen: Sichteinlagen, Festgeld, Termineinlagen, Kündigungsgeld; Kredite: Hypothekenkredite, Verbraucherkredite, sonstige Kredite.
Quellen: EZB, Allianz Research.
Die Hochphase für einige Haushalte neigt sich langsam, aber sicher ihrem Ende zu.

Die Gewinne der deutschen Haushalte sind vor allem darauf zurückzuführen, dass agile Sparer massenhaft attraktive Angebote nutzen. So ist das Volumen der Festgeldanlagen gegenüber Juni 2022 um 419 Milliarden Euro (+161 %) oder 5.030 Euro pro Kopf gestiegen. Ihr Anteil an den gesamten Bankeinlagen hat sich auf etwa 23 % mehr als verdoppelt. In Frankreich war diese Verlagerung von Giro- und Tagesgeldkonten zu höher verzinsten Festgeldanlagen jedoch weniger ausgeprägt (mit einem Anstieg um fast 14 % im gleichen Zeitraum), weil Giro- und Tagesgeldkonten hier insgesamt eine deutlich geringere Rolle spielen. Im Juni 2022 beispielsweise wurden in Frankreich weniger als 36 % aller Einlagen auf Giro- und Tagesgeldkonten gehalten, verglichen mit 69 % in Deutschland, 73 % in Italien und 93 % in Spanien. Die bei den Franzosen beliebtesten Bankkonten sind Sparkonten wie das „Livret A“, die wettbewerbsfähige steuerfreie Zinsen bieten (jedoch nur bis zu einer bestimmten Sparobergrenze). Diese Sparinstrumente erklären, warum die Zinserträge in Frankreich insgesamt viel höher sind als in jedem anderen Land, einschließlich Deutschland, obwohl die Einlagenbasis viel geringer ist. Darüber hinaus profitieren die deutschen und französischen Haushalte von einer langfristigen Zinsbindung auf der Passivseite. In Frankreich lag der Anteil der variabel verzinslichen Kredite im Juni dieses Jahres bei lediglich 3,3 % und damit leicht über dem langfristigen Durchschnitt von 3,1 % (2014-2024). In Deutschland lag dieser Anteil bei 12,5 % (langfristiger Durchschnitt: 12,2 %).

Die deutlich höhere Zinsbelastung der italienischen und spanischen Haushalte ist in erster Linie auf den relativ hohen Anteil variabel verzinslicher Kredite zurückzuführen: Zwischen 2014 und 2024 waren in diesen beiden Ländern durchschnittlich 34,8 % (Italien) beziehungsweise 36,7 % (Spanien) der neuen Wohnungsbaukredite variabel verzinst, wobei dieser Wert bis Juni dieses Jahres auf 8,9 % beziehungsweise 8,4 % sank. Außerdem profitierten beide Länder auf der Aktivseite weniger: Obwohl sich die in Form von Termineinlagen gehaltenen Ersparnisse der spanischen und italienischen Haushalte seit Juni 2022 mehr als verdoppelt haben (+135 % bzw. +108 %), sind die absoluten Beträge viel geringer: durchschnittlich 1.930 Euro pro Kopf in Spanien und 790 Euro pro Kopf in Italien. Zudem machten diese Einlagen im Juni 2025 nur 15 % beziehungsweise 7 % der gesamten Bankeinlagen aus. Darüber hinaus stiegen die Einlagenzinsen in Spanien bis November 2023 „nur” um 246 Bps, was deutlich unter dem Durchschnitt der Eurozone von +301 Bps liegt.

Kurzum: Die Hochphase für einige Haushalte neigt sich langsam, aber sicher ihrem Ende zu. Das Zeitfenster, in dem unterschiedliche Reaktionsfunktionen auf der Aktiv- und Passivseite zu unverhofften Zinseinnahmen führten, schließt sich schnell. Festzinskredite müssen letztlich zu deutlich höheren Zinssätzen refinanziert werden, da die langfristigen Zinsen trotz der Zinssenkungen durch die EZB weiterhin hoch bleiben. Im Zuge der EZB-Zinssenkungen sinken auch die Einlagenzinsen bereits. Die privaten Haushalte in Frankreich und Deutschland dürften die Auswirkungen genauso schmerzhaft zu spüren bekommen wie die in Italien und Spanien – zumindest bei ihren Bankgeschäften.

Im Vergleich zu früheren Zuwächsen fiel das Schuldenwachstum im Jahr 2024 in fast allen Regionen relativ schwach aus (Abbildung 17). Eine Ausnahme war Japan, wo sich die Anzeichen dafür mehren, dass die lähmenden Jahre der Deflation endlich überwunden sind. Mit 2,9 % war der Anstieg der Verbindlichkeiten der japanischen Haushalte im letzten Jahr der höchste in diesem Jahrhundert und wurde nur vom Ausnahmejahr 2020 (+3,8 %) übertroffen, als die Pandemie den Trend verzerrte. In Westeuropa und Nordamerika dagegen haben höhere Zinsen das Kreditwachstum deutlich gebremst. In Westeuropa stiegen die Schulden im Jahr 2024 mit 1,5 % zumindest etwas schneller als im Vorjahr (+1,2 %); in Nordamerika blieb der rückläufige Trend ungebrochen und die Zuwachsrate war mit 2,0 % so niedrig wie zuletzt vor zehn Jahren. Insgesamt liegt das Schuldenwachstum in diesen Regionen sowie weltweit daher derzeit deutlich unter dem 20-Jahres-Durchschnitt. Besonders ausgeprägt ist die Trendwende in China: Nachdem die privaten Schulden hier in der Vergangenheit um durchschnittlich fast 20 % pro Jahr gestiegen sind, erhöhten sie sich im Jahr 2024 nur um 3,4 %. Der Grund für diese starke Verlangsamung liegt in der anhaltenden Schwäche des chinesischen Immobilienmarktes, die die Verbraucherstimmung stark belastet.
Abb. 17: Der Preis höherer Zinsen
Anstieg der privaten Schulden nach Ländern/Regionen in %

* Gesamte jährliche Wachstumsrate, 2024 EUR.
Quellen: Eurostat, nationale Zentralbanken, Finanzaufsichtsbehörden, Finanzverbände und statistische Ämter, IWF, LSEG, Allianz Research.
Die sehr unterschiedlich hohen langfristigen Zuwachsraten bei der privaten Verschuldung haben zu erheblichen Verschiebungen in der globalen Schuldenlandschaft geführt. Anders als auf der Vermögensseite ist die Verschuldung der privaten Haushalte in Nordamerika deutlich langsamer gestiegen als im globalen Durchschnitt. Dadurch ist auch der Anteil der nordamerikanischen Haushalte am weltweiten Schuldenberg deutlich von 48,2 % auf 37,3 % gesunken. Auch die Anteile Westeuropas und Japans haben sich stark verringert. Noch vor 20 Jahren entfielen 90 % der weltweiten Verbindlichkeiten der privaten Haushalte auf diese drei Regionen – aktuell sind es nur noch 64 %. Der gegenteilige Trend ist in Asien zu beobachten, insbesondere in China, dessen Anteil an der globalen Verschuldung der privaten Haushalte trotz der derzeit schwachen Entwicklung von 1,7 % auf 18,4 % gestiegen ist. Inzwischen entfallen rund 60 % der gesamten privaten Schulden in Asien (einschließlich Japan) auf chinesische Haushalte.
Abb. 18: Chinas Aufstieg
Anteil der verschiedenen Regionen an den privaten Verbindlichkeiten 2004 (innen) und 2024 (außen) in % (zum Euro-Wechselkurs Ende 2024)

Quellen: Eurostat, nationale Zentralbanken, Finanzaufsichtsbehörden, Finanzverbände und statistische Ämter, IWF, LSEG, Allianz Research.

Beim Blick auf die Schuldenquote (Verbindlichkeiten in Relation zum BIP) zeigt sich ein interessanter Trend: Mit 62,6 % ist die globale Schuldenquote heute fast 8 Prozentpunkte niedriger als vor 20 Jahren (Abbildung 19). Anders als andere Sektoren, vor allem der öffentliche Sektor, zeichnen sich die privaten Haushalte im Allgemeinen durch einen disziplinierten Umgang mit Schulden aus. Allerdings gilt das nicht für alle Regionen. So wurde der Schuldenabbau in den letzten zwei Dekaden vor allem von den privaten Haushalten in Nordamerika (-15,9 Prozentpunkte), Japan (-6,1 Prozentpunkte) und Westeuropa (-2,5 Prozentpunkte) vorangetrieben. Australien und Neuseeland bilden unter den entwickelten Märkten eine Ausnahme: Ihre Schuldenquoten sind um 15,2 Prozentpunkte auf 113 % gestiegen, was allerdings immer noch weniger ist als der bisherige Höchststand von 122 % im Jahr 2020.

Dagegen sind die Schuldenquoten der meisten Schwellenländer in den letzten zwei Jahrzehnten deutlich gestiegen. Mit einem Plus von 43,4 Prozentpunkten auf 61,4 % liegt China hier an der Spitze und auch nur noch 10 Prozentpunkte von der durchschnittlichen Schuldenquote der amerikanischen Haushalte entfernt. Allerdings ist die chinesische Schuldenquote, wie bereits erwähnt, in den letzten fünf Jahren nur noch geringfügig gestiegen. In den anderen Schwellenmarktregionen – Lateinamerika und Osteuropa – ist die Schuldenquote nach einem weitaus weniger dramatischen Anstieg weiterhin relativ moderat. Erwähnenswert ist auch die in diesem Zusammenhang vielleicht etwas überraschende relative Stabilität im übrigen Asien (+4,9 Prozentpunkte), bei der es sich jedoch primär um ein statistisches Phänomen handelt: Im Verlauf der Zeit hat hier das Gewicht der ärmeren, weniger verschuldeten Länder zugenommen, was den Anstieg in der Gesamtregion gedeckelt hat. Darüber hinaus ist die private Verschuldung in Singapur stark zurückgegangen. Auf Länderebene zeigt sich jedoch ein anderes Bild: In vielen asiatischen Ländern, wie zum Beispiel Indien, den Philippinen und Vietnam, ist die Verschuldung im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung rapide gestiegen. In Vietnam hat sie mit 54,3 % bereits die 50-Prozent-Marke überschritten. Darüber haben einige asiatische Länder, darunter Südkorea (103,6 %), Taiwan (93,5 %), Thailand (91,3 %) und Malaysia (80,9 %), extrem hohe Schuldenquoten. Zum Vergleich: Im Jahr 2006, kurz vor Ausbruch der globalen Finanzkrise, betrug die Schuldenquote der privaten Haushalte in den USA 98,4 %. In Spanien lag sie bei 84,2 % und in Irland bei 95,0 %.

Abb. 19: Globaler Schuldenabbau
Private Verbindlichkeiten in Relation zum BIP nach Ländern/Regionen, in %

Quellen: Eurostat, nationale Zentralbanken, Finanzaufsichtsbehörden, Finanzverbände und statistische Ämter, IWF, LSEG, Allianz Research.
Per Saldo führten das relativ starke Wachstum des Geldvermögens und das relativ schwache Schuldenwachstum im Jahr 2024 zu einem deutlichen Anstieg des weltweiten Nettogeldvermögens (Vermögenswerte minus Verbindlichkeiten). Mit 10,3 % lag dieses deutlich über dem starken Wachstum des Vorjahres (+9,4 %). Insgesamt belief sich das globale Nettogeldvermögen Ende 2024 auf 210 Billionen Euro. Damit hat es sich in den letzten zehn Jahren verdoppelt. Im vergangenen Jahr wuchs das Nettogeldvermögen in fast allen Regionen deutlich schneller als im langfristigen Trend (Abbildung 20). Selbst in entwickelten Regionen wie Nordamerika und Australien/Neuseeland wurden zweistellige Zuwächse erzielt. Nur in Lateinamerika war das Wachstum eher schwach, was hauptsächlich an Mexiko lag, wo das Nettogeldvermögen im vergangenen Jahr leicht um 2,0 % zurückging. Während der Anteil der nordamerikanischen Haushalte am globalen Bruttogeldvermögen knapp unter 50 % blieb, stieg ihr Anteil am globalen Nettogeldvermögen auf über 51 %.
Abb. 20: Zweites Jahr mit starkem Wachstum
Nettogeldvermögen, durchschnittliches jährliches Wachstum (CAGR) 2005-2024 und Veränderung 2024/2023 in %

* Gesamte jährliche Wachstumsrate, 2024 EUR.
Quellen: Eurostat, nationale Zentralbanken, Finanzaufsichtsbehörden, Finanzverbände und statistische Ämter, IWF, LSEG, Allianz Research.

Für eine differenzierte Betrachtung sollen auch diese Zahlen um das Bevölkerungswachstum und vor allem um die Inflation bereinigt werden (Abbildung 21). Auf den ersten Blick ergibt sich dadurch ein sehr ähnliches Bild wie beim Bruttogeldvermögen. China ist der unangefochtene Spitzenreiter. Das kaufkraftbereinigte Pro-Kopf-Nettofinanzvermögen des Landes hat sich in den letzten zwei Jahrzehnten mehr als versiebenfacht. Keine andere Region hat hier mithalten können, nicht einmal die anderen Schwellenländer, die lediglich eine Verdoppelung verzeichneten. Unter den entwickelten Märkten fällt auf, dass Westeuropa hinter Japan zurückgeblieben ist.

Ein Vergleich der Entwicklung der Brutto- und Nettofinanzvermögen zeigt ein klares Muster: In den Schwellenländern ist das reale Nettofinanzvermögen in den letzten Jahren deutlich langsamer gewachsen als das reale Bruttofinanzvermögen. In China zum Beispiel betrug der Wachstumsabstand knapp 1 Prozentpunkt pro Jahr. Diese Wachstumslücke bedeutet, dass die Schulden in diesen Ländern im Durchschnitt schneller gestiegen sind als die Vermögenswerte. In den Industrieländern ist jedoch das Gegenteil der Fall: Die Verschuldung steigt langsamer, was bedeutet, dass die Nettofinanzvermögen schneller wachsen als die Bruttofinanzvermögen.

China ist der unangefochtene Spitzenreiter. Das kaufkraftbereinigte Pro-Kopf-Nettofinanzvermögen des Landes hat sich in den letzten zwei Jahrzehnten mehr als versiebenfacht.
Abb. 21: China weiter an der Spitze – mit deutlichem Abstand
Nettogeldvermögen pro Kopf, nominales und reales durchschnittliches jährliches Wachstum 2005-2024 in %

* Gesamte jährliche Wachstumsrate, 2024 EUR.
Quellen: Eurostat, nationale Zentralbanken, Finanzaufsichtsbehörden, Finanzverbände und statistische Ämter, IWF, LSEG, Allianz Research.
Die Pro-Kopf-Rankings der 25 reichsten Länder nach dem Netto- und Bruttofinanzvermögen zeigen einige Unterschiede. Bemerkenswert ist, dass die USA die Schweiz von Platz 1 verdrängt haben. Grund dafür ist die mehr als doppelt so hohe Pro-Kopf-Verschuldung der Schweizer (128.710 Euro gegenüber 59.160 Euro in den USA). Singapur und Dänemark haben die Plätze getauscht, genauso wie Schweden und Kanada. Die Niederlande, Australien, Großbritannien und Norwegen sind in der Rangliste zurückgefallen, während Japan, Deutschland, Italien und Spanien Plätze gutgemacht haben. Bemerkenswert ist, dass Spanien nun zu den 20 reichsten Ländern der Welt gehört.
Abb. 22: Führungswechsel
Nettogeldvermögen pro Kopf, in Euro (zum Wechselkurs Ende 2024)

Quellen: Eurostat, nationale Zentralbanken, Finanzaufsichtsbehörden, Finanzverbände und statistische Ämter, IWF, LSEG, Allianz Research.