Stabilität und gemeinsame Vision

Mohamed A. El-Erian im Interview mit der griechischen Tageszeitung Kathimerini.

 

Wie beurteilen die Märkte aktuell die griechische Wirtschaft?

 

Griechenland hat bei verschiedenen Ungleichgewichten riesige, wichtige und beeindruckende Fortschritte  gemacht und damit angefangen, finanziell Ordnung zu schaffen. Das ist zwar notwendig, reicht aber noch nicht, um die wirtschaftliche Dynamik des Landes wiederherzustellen, Arbeitsplätze zu schaffen und den nationalen Wohlstand zu fördern. Griechenland steht jetzt vor der Herausforderung, die jüngsten Fortschritte zu konsolidieren. Zusätzlich muss es sich bemühen, die traditionellen Wachstumstreiber wieder zu beleben, neue zu schaffen und einen anspruchsvollen, umfänglichen wirtschaftlichen Expansionskurs verfolgen. Gleichzeitig muss es sich weiterhin um den verbleibenden Schuldenüberhang kümmern.

 

War die kürzlich erfolgte Rückkehr an die Märkte die richtige Entscheidung, oder hätte Athen noch warten sollen?

 

Ja, das war die richtige Entscheidung. Der Zeitpunkt war gut gewählt, denn so konnte Griechenland seine jüngsten finanziellen Fortschritte im Inland bestmöglich nutzen und gleichzeitig von einer besonders günstigen Phase an den globalen Kapitalmärkten profitieren, in der die Investoren sich um Renditen bemühen. Wichtig ist, dass Griechenland sich nicht übernimmt. Das Land braucht weniger Schulden, nicht mehr.

 

Sind Griechenlands Schulden noch tragfähig? Brauchen wir einen Schuldenschnitt oder reicht es aus, die Zinsen zu senken und die Laufzeiten zu verlängern?

 

Griechenlands Schulden sind noch nicht tragfähig. Griechenland muss bei der Reduzierung seiner Schuldenlast gemessen am Bruttoinlandsprodukt noch weitere Fortschritte machen, sein Profil verbessern und Kosten senken. Das ist unerlässlich, wenn Griechenland große, langfristige Investitionen an Land ziehen will, um die produktive Infrastruktur im Land zu verbessern.

 

Welche Rolle spielt die (fehlende) politische Stabilität in Griechenland?

 

Politische Stabilität - und dazu gehört eine Vision und ein Ziel, das die großen politischen Kräfte gemeinsam verfolgen - ist unabdingbar, wenn Griechenland die nächsten Reformen erfolgreich durchführen und nachhaltig umsetzen möchte.

 

Der griechische Premierminister Samaras stellt wachsendes Interesse unter den internationalen Investoren fest. Stimmt das wirklich?

 

Ja, aber dieses Interesse ist noch weit geringer als es angesichts des griechischen Potenzials sein könnte und sollte.

 

Wie lange wird es dauern, ehe sich dieser positive Trend auch in der Realwirtschaft niederschlägt?

 

Diese Frage genau zu beantworten, ist schwer. Wir wissen, dass ein solcher Prozess dauert und nicht linear verläuft. Deshalb muss Griechenland seine jüngsten Fortschritte bestmöglich nutzen, mit den Reformbemühungen fortfahren, seinen Bürgern gegenüber transparent sein und hart daran arbeiten, den Großteil der Bevölkerung zu überzeugen.

 

Was halten Sie von der Eurozone? Haben wir die Krise überwunden?

 

Vor allem dank des mutigen Einschreitens der Europäischen Zentralbank  konnte die Eurozone das unmittelbar drohende finanzielle Chaos und die klare, aktuelle Gefahr der Fragmentierung abwenden. Aber diese finanziellen Erfolge müssen erst noch zu dauerhaften wirtschaftlichen Verbesserungen führen, von denen der Großteil der Bevölkerung - und insbesondere die schwächsten Bevölkerungsschichten wie die Einkommensschwachen, die Langzeitarbeitslosen und die jungen Arbeitslosen - profitiert. Denn der Bevölkerung geht die Geduld aus. Das haben die Abstimmungsmuster bei den Wahlen zum Europäischen Parlament gezeigt.

 

Von Mohamed A. El-Erian. Im Original erschienen in der griechischen Zeitung Kathimerini am 6.7.2014. Nachdruck mit Genehmigung. Die Meinungen entsprechen denen des Autors.

Mohamed A. El-Erian, Chief Economic Adviser der Allianz.
Mohamed A. El-Erian, Chief Economic Adviser der Allianz.

Diese Aussagen stehen, wie immer, unter unserem Vorbehalt bei Zukunftsaussagen:

 

Petra Brandes
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