Warum ist die Bajaj Gruppe, die eigentlich als Hersteller von Motorrollern bekannt war, in die Finanzdienstleistungen eingestiegen?
Sanjiv Bajaj: Die interessante Antwort ist, dass das gar nicht der Fall war. Als der Staat gegen Ende der 90er Jahre den Versicherungssektor für den privaten Markt freigab, waren zahlreiche ausländische Versicherer interessiert. Da die Aufsicht ihren Anteil an einem indischen Unternehmen jedoch auf 26 % beschränkte, brauchten sie örtliche Partner. Baja wurde von zahlreichen ausländischen Gesellschaften angesprochen. Mein Vater führte die Verhandlungen mit ihnen, beharrte jedoch darauf, dass wir uns auf das konzentrieren sollten, was wir bereits erfolgreich tun und unsere bestehenden Geschäftsbereiche zu Weltklasseunternehmen ausbauen: Motorräder, Auto-Rikschas, Elektrogeräte und Stahl. Das Versicherungsgeschäft schien für uns nicht unbedingt erstrebenswert.
Was hat Sie dann aber dazu bewogen, Ihre Meinung zu ändern?
Wir stellten fest, dass die Versicherung eine interessante Art sein kann, ein Finanzdienstleistungsunternehmen aufzubauen. Wir hatten eine kleine Finanzgesellschaft, die Darlehen für unsere Motorräder ausgab. Das war unsere begrenzte Präsenz auf dem Finanzdienstleistungsmarkt. Was letztlich die Bajaj-Allianz-Kooperation auslöste, war das ungeheuere Gefühl der Sicherheit, das wir hatten, als die Allianz uns ansprach.
Wir setzen darauf, unser Geschäft mit einem Höchstmaß an Integrität und Transparenz zu betreiben. Außerdem möchten wir Geschäftsbereiche aufbauen, die auf langfristiger Nachhaltigkeit und Gewinn basieren. Die Allianz war sehr daran interessiert, einen Partner in Indien zu finden, der dieselbe konservative langfristige Sichtweise wie sie selbst vertritt. Wir glauben, das war eine gute Gelegenheit. Viel Überzeugungsarbeit war nötig, damit wir diese Partnerschaft schließen konnten, aber ich bin froh, dass wir es gemacht haben. Ehrlich gesagt glaube ich, hat wohl keiner von uns damit gerechnet, dass das Geschäft sich so erfolgreich entwickeln würde, wie es sich heute darstellt.
Die philosophische Grundlage der Bajaj Group ist ziemlich einzigartig. Ich beziehe mich dabei auf Jamnalal, Ihren Ur-Großvater und seine Überzeugung, dass geerbter Reichtum ein kostbares Vermögen ist, das man zugunsten der Menschen einsetzen muss, sowie auf seine enge Verbindung zu Mahatma Gandhi.
Das ist vollkommen richtig. Die Werte, die sich durch unsere Geschäftsbereiche ziehen, beruhen auf denen, die Gandhi uns vermittelt hat. Natürlich will man, wenn das Geschäft sich entwickelt, alles daran setzen, um es noch weiter auszubauen. Aber eines steht für uns fest, wir werden nie Kompromisse bei ethischen Fragen oder der Transparenz eingehen.
Was das betrifft, ist Indien 2011 um 11 Plätze im nationalen Korruptionsindex von Transparency International zurückgefallen. Nimmt Korruption in Indien zu?
Zuvor gab es Korruption, wenn der Staat große Verträge vergab. In einigen Gebieten gab es eine ungute Achse zwischen Unternehmen und Staat. Aber wenn man erst einmal seine Lizenz hatte, konnte man sein Geschäft nach eigenen Fähigkeiten ausbauen. In den letzten 10 Jahren wurde es wesentlich ungesünder dadurch, dass einige Unternehmen proaktiv bestimmte Politiker für spezielle Gefälligkeiten bezahlt haben. Das steigerte sich dramatisch z.B.während der Vorbereitung auf die Commonwealth Spiele. Das wirkt sich auf die wirtschaftliche Stimmung in Indien aus und trug zur Konjunktureintrübung bei. Ehrlich gesagt, würde es mir nichts ausmachen, wenn die Wirtschaft sich für ein paar Jahre verlangsamen würde, um das auszumerzen. Ich glaube, Indien hat so eine vielversprechende Zukunft, dass man es sich nicht leisten kann, dass ein paar Korrupte - Geschäftsleute, Politiker oder Bürokraten - das Land erpressen. Eine ehrliche Person sollte in der Lage sein, in diesem Land zu arbeiten. Aber es wird zunehmend schwierig, das zu tun.