Japan wird sich erholen

Höchst bedrückende Augenzeugenberichte und zutiefst beunruhigende Bilder zeigen nur einen Teil des Gesamtausmaßes der Tragödie, die am vergangenen Freitag durch das verheerende Erdbeben und den zerstörerischen Tsunami über Japan hereingebrochen ist.

Japans Hauptaugenmerk ist ganz zu Recht auf das enorme menschliche Leid gerichtet. Da die Menschen rund um dem Globus mit Japan um den Verlust so vieler Leben trauern und mit den Japanern beten, dass die Rettungsbemühungen erfolgreich sein mögen, richtet sich die Aufmerksamkeit auch auf das Ausmaß des wirtschaftlichen Schadens und die Wiederaufbau- und Sanierungspläne.

Zwar bestehen noch beträchtliche Unsicherheiten, auch wegen der von den Atomkraftwerken ausgehenden Gefahren, doch die Erfahrung anderer Länder deutet darauf hin, dass die wirtschaftliche Perspektive von fünf Faktoren bestimmt wird.

Japans wirtschaftliche Wachstumsrate wird in der Zeit unmittelbar nach den Naturkatastrophen sinken, um dann aufgrund der Wiederaufbauaktivitäten wieder steil anzusteigen.

Die Unterbrechungen der Lieferketten und der Verlust von Beständen werden zu Engpässen und kurzfristig zum deutlichen Anstieg der Inflation von sehr niedrigen Niveaus aus führen.

Das Haushaltsdefizit und die Staatsverschuldung werden durch Einnahmeverluste und, noch wesentlicher, durch die katastrophenbedingten Ausgaben deutlich steigen.

Die Zentralbank wird die Geldpolitik lockern, was in Anbetracht ihrer Niedrigzinspolitik mit einem Leitzins nahe der Nulllinie die Bereitstellung außerordentlicher Kredite und Liquiditätshilfen einschließen wird.

Schließlich wird das Land Auslandtransfers erhalten, einschließlich der Rückführung von Geldmitteln, die von Auslandsjapanern außer Landes gehalten wurden. 

Japan ist ein reiches Land, das auch imstande ist, sich zu relativ niedrigen Zinsen Geld zu leihen. Als solches besitzt es zweifelsfrei die Fähigkeit, sich wirtschaftlich von diesen grauenvollen Naturkatastrophen zu erholen. Zudem könnte der furchtbare Schock vom Freitag in einem wirklich guten Erholungsszenario sogar ein Katalysator für eine interne politische Einigkeit und für die Überwindung dessen sein, was sich in zwei enttäuschenden Jahrzehnten wirtschaftlicher Performance geäußert hat. Ja, eine verlängerte Phase eines hohen und anhaltenden Wachstums ist der Schlüssel für Japans Steuerung seiner heimischen Staatsdynamik.

Die Japaner sind mit ihrer Hoffnung auf eine schnelle wirtschaftliche Erholung nicht allein. Der Rest der Welt ist bei ihnen. Regierungen und Einzelpersonen in mehreren Ländern sind bereits dabei, Vorbereitungen zu treffen, um Japan durch große Zuwendungen in Form von Sachmitteln, Geld und Freiwilligen zu helfen.

Die internationale Reaktion wird von einem der edelsten menschlichen Gefühle getrieben, dem Mitgefühl. Aber es gibt dabei auch ein eigennütziges Element. Japan gehört zu den weltweit größten Wirtschaftsmächten; es spielt eine wichtige Rolle im Welthandel und bei grenzüberschreitenden Kapitalströmen; und seine Stimme hat bei multilateralen politischen Überlegungen Gewicht.

Die Welt hat ein gemeinsames Interesse an der wirtschaftlichen Erholung dieses systemisch wichtigen Landes. Die gute Gesundheit Japans ist wesentlich für eine robuste Weltwirtschaft, die zahlreiche Arbeitsplätze hervorbringt und die Produktivität verbessert. Und auf einer rein menschlichen Ebene wünschen wir uns das Wohlergehen aller Japaner, die von einer wahrhaft schrecklichen Tragödie heimgesucht wurden.

Mögen die herzzerreißenden menschlichen Tragödien bald vielen Berichten über wunderbare Rettungen und die vollständige Erholung einer Gesellschaft weichen, die heute ungeheures Leid und kaum erträgliche Ungewissheiten erdulden muss.

Mohammed El-Erian, CEO und co-CIO von PIMCO

 
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This material was reprinted with permission of the Financial Times. Date of original publication 14 March 2011.