Solche Hochwasser wird es wieder geben

Wie außergewöhnlich war eigentlich das Hochwasser vom August 2002?

David Maréchal: Diese Überschwemmungen waren außergewöhnlich, da innerhalb eines kurzen Zeitraums extrem starker Regen fiel. Die Hochwasserschutzpolder oder Reservoirs konnten nur einen sehr geringen Teil dieser Riesenmenge an Wasser aufnehmen - innerhalb von wenigen Stunden wurden Rinnsale zu Sturzbächen und Flüsse zu Seen. Häuser wurden von den Wassermassen erfasst und ganze Städte überflutet. Dennoch darf man dabei nicht vergessen, dass es solche Ereignisse immer schon gegeben hat. So wurde Prag im Juli 1432 Opfer eines vergleichbaren Hochwassers und 1997 waren Polen und die nördliche Tschechische Republik von einer ähnlich starken Überschwemmung betroffen.

 

Nach der Katastrophe gab es viele Diskussionen darüber, ob die Städte und Regionen gut genug vorbereitet waren. Dabei wurde auch deutliche Kritik laut.

Mit Kritik sollte man sehr vorsichtig sein. Natürlich ist es besser, gut vorbereitet zu sein. Anwohner sollten über eine entsprechende Versicherung verfügen und Anweisungen befolgen, beispielsweise wenn sie gebeten werden ihre Häuser zu verlassen. Städte sollten Notfallpläne nutzen und Hydrologen sollten den Wasserstand genau beobachten. Aber wenn es tatsächlich zu so extremen Ereignissen kommt, dann kann man so gut vorbereitet sein, wie man will, das Wasser hält man trotzdem nicht auf. Es ist zwar durchaus positiv, dass eine Stadt wie Prag jetzt gute Hochwasserbarrieren in der historischen Altstadt errichtet hat - aber auch das hat seinen Preis. Hochwasserbarrieren stoppen nämlich keine Überschwemmung, das Hochwasser verlagert sich dadurch nur.

David Maréchal, Hydrologe beim Allianz Re Team für Katastrophenforschung
David Maréchal, Hydrologe beim Allianz Re Team für Katastrophenforschung
Zerstörerische Überschwemmungen seit 2000

Extreme Hochwasser führen immer wieder auch zu Diskussionen über den Klimawandel. Was halten Sie davon?

In Zukunft erwarten wir mehr Hochwasser im Winter. Wenn es zu einem Temperaturanstieg kommt, dann wird es im Winter mehr Regen geben, d.h. der Zyklus verändert sich. Einige Modelle deuten sogar darauf hin, dass die Häufigkeit von extremem Sommerregen und extremen Überflutungen ebenfalls zunehmen könnte. Auch könnte die Zahl der Sturzfluten im Sommer steigen. Prognosen hängen jedoch auch immer stark vom entsprechenden geografischen Gebiet ab. Und Trends für extreme Ereignisse wie das Hochwasser vom Sommer 2002 festzustellen, ist äußerst schwierig.

 

Das Hochwasser von 2002 hat bisher die höchsten Kosten für eine Überschwemmung in Europa überhaupt verursacht. Warum?

Eine der größten Herausforderungen ist es, zwischen der höheren Volatilität des Klimas und dem steigenden Exposure zu unterscheiden. In den letzten Jahren ist das Schadenpotenzial enorm angestiegen. Das durchschnittliche Exposure pro Jahrzehnt hat sich verdoppelt, ja sogar verdreifacht. Dieser Trend wird weiter anhalten. Dazu tragen

viele sozioökonomische Faktoren bei: In Gebieten mit erhöhtem Überschwemmungsrisiko werden natürliche Sickerflächen durch Verstädterung, intensive landwirtschaftliche Nutzung, Privatbesitz oder Industrie teilweise immer mehr versiegelt und das Wasser kann nicht mehr so leicht abfließen.

Die Jahrhundertflut 2002: Betroffene Gebiete


Wenn Sie glauben, dass sich ein solches Ereignis wiederholen könnte, wie können wir uns dagegen schützen?

Ehe sie ein Haus kaufen oder bauen, sollten sich die Menschen erst einmal Gedanken über das Hochwasserrisiko machen. Natürlich sollten sie sich auch um ihre Versicherung kümmern - und zwar um die richtige Versicherung. Und sie sollten nicht annehmen, dass sie vor Hochwasser geschützt sind, wenn sie nur weit genug weg von einem Fluss leben. Es kommt nämlich auch immer öfter zu Sturzfluten und die können überall entstehen.

Jahrhundertflut 2002: Regenmenge, Pegelstände und Schäden in Salzburg, Prag und Dresden

Diese Aussagen stehen, wie immer, unter unserem Vorbehalt bei Zukunftsaussagen

Katerina Piro
Allianz SE
Tel. +49.89.3800-16048
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