Raumfahrt für Anfänger

Noch vor wenigen Jahren galt die Idee, Raumflüge für jedermann anzubieten, als nicht ganz von dieser Welt. Schon allein der Kosten wegen. So ist es denn bislang auch nur einigen superreichen Enthusiasten gelungen, sich in die Phalanx der Kosmo- und Astronauten einzukaufen. 2001 legte der amerikanische Geschäftsmann Dennis Tito 20 Millionen Dollar in die Satellitenschüssel, damit ihn die Russen mit zur Internationalen Raumstation ISS nehmen. 2002 hob der Südafrikaner Mark Shuttleworth für die gleiche Summe ebenfalls mit einer Sojusrakete ab. Aber damit hatte es sich dann auch schon.

Nun aber scheint das Thema Weltraumtourismus neuen Schub zu bekommen: Nach mehreren Anläufen will das Unternehmen Virgin Galactic in diesem Jahr mit seinem Raumgleiter Enterprise die Luke in ein neues Universum aufstoßen – das der kommerziellen Raumfahrt. Im Vergleich zu ihrem Namensvetter aus der TV-Kultserie ist die Enterprise von Virgin Galactic allerdings winzig: Statt 400 Mann Besatzung passen gerade mal sechs Passagiere und zwei Piloten in die geflügelte Karbonröhre. Und unendliche Weiten kann man mit dem Teil auch nicht erkunden. Virgins Enterprise wird nur ein wenig am Weltraum kratzen, während die Fluggäste kurz durch die Kabine schweben. Nach sechs Minuten ist der schwerelose Spaß vorbei und die Erde hat sie wieder im Griff.

Sechs Minuten dauert der Schwebezustand, dann geht es wieder Richtung Erde. Das Tragerflugzeug bringt den Raumgleiter auf rund 16 Kilometer Hohe

Noch kostet der suborbitale Kurztrip ein Heidengeld, und doch gibt es genügend Hobby-Astronauten, die bereit sind, für die Leichtigkeit des Seins die nötigen 200 000 Dollar locker zu machen. 450 Interessenten haben sich bei Virgin Galactic inzwischen angemeldet. Dass der Traum vom Privatflug ins All in greifbare Nähe gerückt ist, zeigt sich schon daran, dass Allianz Global Assistance (AGA) zusammen mit der Internationalen Raumtransportvereinigung ISTA (International Space Transport Association) bereits dabei ist, die nötigen Versicherungsprogramme für Weltraumtouristen, Wissenschaftsmissionen und Raumtransportunternehmen wie Virgin Galactic, Xcor oder SpaceLinq zu entwickeln. Im vergangenen November unterzeichneten der Versicherer und der Interessenverband in Den Haag einen exklusiven Kooperationsvertrag. Im Jahr 2015, so jedenfalls glaubt man bei der ISTA, könnten im Jahr weltweit schon 50 000 Flüge stattfinden. Pro Start sechs Passagiere macht jährlich 300 000 Weltraumtouristen. Zahlende Weltraumtouristen.

"Unsere Versicherungs- und Dienstleistungen werden wir Raumfahrtunternehmen, Reiseagenturen und ISTA-Mitgliedern in aller Welt anbieten können", erklärt Erick Morazin von Allianz Global Assistance in Paris. Noch in diesem Jahr soll die ganze Palette – von der Reiserücktrittsversicherung über Gepäck- und Unfallversicherung bis hin zur Absicherung der Fluggäste gegen steigende Treibstoffpreise – zur Verfügung stehen. Darüber hinaus sind Beratungs- und medizinische Dienstleistungen für den potenziellen Raumfahrer und psychologische Betreuungsangebote für auf der Erde zurückbleibenden Familienmitglieder vorgesehen.

Galactic-Gründer Richard Branson (li.) und Erick Morazin von Allianz Global Assistance

Für die über 530 professionellen Weltraumpioniere, die bislang im All waren und sich monatelang auf ihre Missionen vorbereiten mussten, dürfte es ein wenig bitter sein zu sehen, wie ihr exklusiver Club schon bald von zahlungskräftigen Weltraumlaien überrannt wird, deren einzige Qualifikation darin besteht, alle Folgen von Raumschiff Enterprise gesehen zu haben. Wenn’s hochkommt. Bei Virgin Galactic reichen zwei Tage Training, und ab geht’s mit nahezu vierfacher Schallgeschwindigkeit Richtung Kármán-Linie in 100 Kilometer Höhe. Dahin, wo nach der Definition der Fédération Aéronautique Internationale (FAI) der Weltraum beginnt. Raumfahrer kann sich danach jeder nennen, der diese Grenze überschreitet, egal, ob es sich um einen orbitalen oder suborbitalen Flug handelt.

Wann sich die Branche tiefer ins All hinauswagt und Astro-Fans in Privatraketen auch in die Weiten zwischen Sonne, Mond und Sternen vorstoßen werden, ist ungewiss, doch völlig utopisch ist die Idee inzwischen auch nicht mehr. "Wenn es so weit ist, werden wir auch dafür die passenden Lösungen parat haben", kündigt Morazin schon mal vorsorglich an. Im Moment aber richtet der Franzose sein Augenmerk erstmal auf die Eroberung der erdnahen Zone. Dabei setzt er vor allem auf Vorreiter Virgin Galactic, mit dem er bei der Vermarktung seines Versicherungsangebots eng kooperieren will. Wer über die Virgin-Webseite ein Ticket für eine galaktische Sightseeing-Tour bucht, soll in Zukunft über einen Link direkt beim Versicherungsangebot der Allianz Tochter landen.

Den Jungfernflug seiner Enterprise hatte Vigin-Gründer Richard Branson schon einmal für 2007 angekündigt. Nun peilt der unternehmungslustige Milliardär September 2012 an. Vom Weltraumflughafen Spaceport America, ein vom britischen Toparchitekten Norman Foster entworfener Terminal in der Wüste Süd-New Mexicos, sind bereits etliche erfolgreiche Testflüge gestartet. Dort will Branson eine Flotte von zwei Trägerflugzeugen und fünf Raumgleitern stationieren. Die Flugzeuge sollen die Miniraumschiffe bis in eine Höhe von circa 16 Kilometern transportieren, wo sie abgekoppelt werden und per Raketenantrieb eigenständig über die  Kármánlinie vordringen.

Hightech in der Wuste: Vom Spaceport America im Suden New Mexicos sollen noch in diesem Jahr die ersten Raumtouristen ins All starten

Erick Morazin rechnet damit, dass sich in den kommenden Jahren mit der kommerziellen Raumfahrt ein völlig neuer Wirtschaftszweig entwickelt. "Für die nächste Generation wird Weltalltourismus so selbstverständlich sein wie für uns heute die Reise im Flugzeug", ist er überzeugt. Beim Erkunden des Terrains, auf das bislang noch keine Versicherung vorgedrungen ist, baut Morrazin nicht zuletzt auf SpaceCo, eine Tochtergesellschaft von Allianz Global Corporate & Specialty (AGCS). Als einer der weltweit führenden Versicherer von Satelliten kennt man sich dort mit den speziellen Risiken der Raumfahrt bestens aus. Zudem möchte Morazin auch Allianz Global Investors mit an Bord holen, schließlich handelt es sich bei den Enterprise-Rekruten um zahlungskräftige Kunden, für die sich neben dem Tor zum All vielleicht auch neue Geschäftsmöglichkeiten eröffnen lassen.

Zu den ersten Anwärtern auf einen Platz in der Enterprise gehören unter anderem der Wissenschaftler Stephen Hawking (Das Universum in der Nussschale), Filmregisseur Bryan Singer (X-Men) und Designer Philippe Starck (raketenförmige Zitronenpresse "Juicy Salif"). Ursprünglich sollte auch William Shatner alias Captain Kirk aus "Raumschiff Enterprise" mitfliegen, doch der Schauspieler winkte ab. Er würde schon gern mal da rauf, sagte er zur Begründung, aber er wolle auch die Garantie, dass er heil wieder runterkomme. Zudem war Shatner besorgt, dass ihm auf dem Weg nach oben schlecht werden könnte. "Ich bin schon sehr am Vordringen des Menschen in unbekannte Welten interessiert", so der 81-Jährige. "Aber mich im All zu übergeben, ist nicht unbedingt das, was ich mir unter einem netten Ausflug vorstelle."

 
Dieser Artikel wurde ursprünglich im Mitarbeitermagazin "Allianz Journal" veröffentlicht.

 
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Isabelle Caminade

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