Neuer Allianz Gastprofessor in München

Die Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) konnte am 29. November 2007 bei der feierlichen Begrüßung ihres neuen Gastprofessors, Richard Cohen, mit guten Nachrichten aufwarten: Die "Eliteuniversität" hat mehrere neue Stellen für jüdische und islamische Kultur bewilligt. Der Vizepräsident der LMU, Hans van Ess, betonte die "absolute Priorität", die dieser Bereich für die Hochschulleitung besitze und fügte hinzu, dass die Allianz Gastprofessur insbesondere dem Institut für Orientalistik geholfen habe, in den letzten fünf Jahren eine "lange Durststrecke" durchzustehen.

Richard I. Cohen, der neunte Gastprofessor des Programms, wurde in Montreal geboren und ist Inhaber des Kelman-Lehrstuhls für die Geschichte des französischen Judentums an der Hebrew University in Jerusalem. Ihno Schneevoigt, ehemaliges Vorstandsmitglied der Allianz Versicherungs-AG, nannte Cohens Kommen in seiner Begrüßungsansprache einen "Glücksfall für unsere Gastprofessur". Cohens Hauptseminar "When West meets East – West European Jews and Jews in Islamic countries in the modern period" spannt den Rahmen über das Judentum zum islamischen Leben, genau, "was wir uns bei der Stiftung der Allianz Professur vorgenommen haben", wie Schneevoigt es ausdrückte.

Schneevoigt erklärte: "Die Allianz stiftete diese Professur nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 in den USA, um das wechselseitige Verständnis zwischen islamischer, jüdischer und natürlich auch christlicher Welt zu fördern und so dem Terror und den polarisierenden Kräften etwas Verbindendes entgegenzusetzen." Seit 2003 lädt die LMU alternierend Dozenten aus dem islamischen und dem jüdischen Bereich für ein oder zwei Semester nach München ein.

Richard I. Cohen

Richard Cohens Begrüßungsvortrag befasste sich mit der Theorie des "Kampf der Kulturen" ("clash of civilizations"), die der Politikwissenschaftler Samuel P. Huntington in den 1990er Jahren formuliert hat. Huntington sieht ein Zusammenstoßen zwischen der westlichen und der restlichen Welt. Auch wenn die Wirklichkeit viel komplizierter ist, beschloss Cohen, den "clash" zwischen europäischen und orientalischen Juden zu untersuchen, "als ob diese Kategorien existierten".

Die französischen Juden, die als erste in Europa emanzipiert wurden, sind ein gutes Beispiel für "erneuerte" Juden, die bald versuchten, ihre orientalischen Brüder "unter ihre Fittiche" zu nehmen. Das jüdische Konsistorium in Frankreich, unter Napoleon gegründet, unterstützte bald tatkräftig den Kolonialismus. Französische Juden versuchten, die "schwachen, unglücklichen, degenerierten" Juden in Algerien zu erziehen und erwarteten, dass diese zu den treuesten Unterstützern Frankreichs würden, sobald sie sich von ihrer arabischen Vergangenheit gelöst hätten.

Dieser Konflikt setzte sich nach 1948 im neuen Staat Israel zwischen europäischen und arabischen Juden fort, "mit allen Eigenschaften eines Kampfes der Kulturen", wie Cohen sagt. "Das zeigt uns, wie schwierig Koexistenz sein kann, selbst für Menschen mit dem gleichen Glauben und Hintergrund, wenn es das ständige Bedürfnis gibt, den anderen zu verändern."