Mehr sparen, weniger besitzen

Lateinamerika erwies sich als Region mit dem geringsten Netto-Geldvermögen im Jahr 2015 und findet sich damit erstmals auf dem letzten Platz im regionalen Ranking wieder. Obwohl sich das Brutto-Geldvermögen privater Haushalte in den untersuchten Ländern um 6,5% gesteigert hat – überraschenderweise vor allem durch Sparanlagen wie Lebens- und Pensionsversicherungen –, wurden jegliche Gewinne durch die Inflation nivelliert. Es gab zwar Anzeichen zunehmenden Wohlstands in der Mittelschicht, doch die volkswirtschaftliche Bedeutung dieser Entwicklung ist relativ gering. Über 90% der Bevölkerung gehören der global definierten unteren Vermögensschicht an. Eine der größten Herausforderungen Lateinamerikas wird nach wie vor die Angleichung der Einkommen und Vermögen innerhalb der Gesellschaften und die Bekämpfung des steigenden Armutsrisikos bleiben.

Nordamerika nimmt nach wie vor Platz eins als reichste Region weltweit ein. Nordamerika (insbesondere die USA und Kanada) ist nicht nur die Region mit dem größten Anteil am globalen Geldvermögen (knapp unter 45 Prozent), sondern auch die mit dem höchsten Pro-Kopf-Vermögen. Anders gesagt lebt in Nordamerika mehr als ein Viertel der Weltbevölkerung mit hohem Vermögen. Zugleich wurde der Großteil der weltweiten Schulden (etwa 38% im Jahr 2015) jedoch auch in Nordamerika generiert. Allerdings ist diese Zahl seit der Finanzkrise 2008 rapide gesunken, denn damals begannen die Haushalte als Reaktion auf ihre gesunkenen Portfoliowerte, ihre Gürtel enger zu schnallen.

Insgesamt beliefen sich die Ersparnisse der westeuropäischen Haushalte im Jahr 2015 auf das Rekordniveau von 35 Billionen Euro. In der Tat wuchs das Geldvermögen in Westeuropa etwas dynamischer als in Nordamerika oder den Industrieländern insgesamt, wenn man das langsamere Wirtschaftswachstum der Regionen mit berücksichtigt. Zu viele dieser Vermögenswerte schlummern allerdings noch in Bankeinlagen. Im Allgemeinen entwickelten sich die nördlichen Länder Westeuropas besser als die südlichen, deren Gesamtergebnis durch die andauernden Probleme in Griechenland nach unten gezogen wurde. Schweizer Haushalte behalten auch weiterhin die Goldmedaille als reichste der Welt.

In den osteuropäischen EU-Ländern war eine spürbare Entschleunigung des Vermögenswachstums zu beobachten. Zwar wuchsen die Ersparnisse der Haushalte deutlich schneller als im globalen Mittel. Allerdings ging das Wachstumstempo nun schon im dritten Jahr in Folge zurück. Dies liegt teilweise am Hang der Osteuropäer, ihre Ersparnisse in niedrig verzinsten Bankeinlagen zu horten, und an der Entscheidung der Schweizerischen Nationalbank, die Kursobergrenze des Schweizer Franken zum Euro aufzuheben. Diese Entscheidung brachte Eigenheimbesitzer, vor allem in Rumänien, Kroatien und Polen, in eine Zwangslage. In diesen Ländern wurden Kredite in Schweizer Franken aufgenommen, um von niedrigen Zinssätzen zu profitieren. Nun müssen diese Kredite in Währungen zurückgezahlt werden, die im Vergleich an Wert verloren haben. Auch in den osteuropäischen Ländern außerhalb der EU lässt sich eine leicht paradoxe Entwicklung feststellen. Die Ersparnisse zeigen sich zwar dynamisch (fast 19% pro Jahr im letzten Jahrzehnt), doch die Verbindlichkeiten sind im langjährigen Durchschnitt sogar noch schneller gewachsen (fast 28% pro Jahr).

Die Vermögensentwicklung in Asien zeigte sich robust und dynamisch. Selbst unter Berücksichtigung der Schulden verfügten die privaten Haushalte in der Region netto über ein um 10,3% höheres Vermögen als im Vorjahr. Das Brutto-Geldvermögen der privaten Haushalte stieg auf 42,3 Billionen Euro. Das entspricht fast einer Verdopplung im Vergleich zum Jahr 2005. China ist weiterhin Spitzenreiter; dort stieg das Vermögen der Haushalte um 18,3%. Wie auch in den anderen untersuchten Industrieländern war das Wachstum in Japan dafür eher schwach. Abgesehen davon entfielen 80% des Brutto-Geldvermögens in Asien auf China und Japan. Dies entspricht einem erheblichen Wohlstandsgefälle gegenüber den restlichen acht Ländern. Der Unterschied in der Vermögensentwicklung zeigt sich sogar noch deutlicher, wenn man sich die Pro-Kopf-Entwicklung ansieht. Singapurer lebten in der Region im größten Wohlstand, gefolgt von den Japanern, Taiwanern, Israelis und Südkoreanern: Hier lag das Pro-Kopf-Vermögen zwischen 49.600 und 114.160 Euro. Malaysia, China, Thailand, Indien und Indonesien schafften es hingegen nicht, die 10.000-Euro-Marke beim BIP pro Kopf zu knacken.

Ende 2015 lag der Anteil der Bevölkerung mit hohem Netto-Geldvermögen im weltweiten Vergleich (40%) in dieser Region nur hinter dem von Nordamerika (41%). Mit einem durchschnittlichen Pro-Kopf-Geldvermögen in Höhe von fast 120.520 Euro in Australien und 90.600 Euro in Neuseeland ist der Wohlstand in diesen Ländern durchaus hoch. Diese Zahlen täuschen jedoch. Berücksichtigt man die Schuldenmenge, stürzt Australien um mehr als die Hälfte ab und liegt damit weit unter der Gesamtentwicklung Neuseelands. Begründet ist dies durch die hohe Nachfrage der Australier nach Krediten. Diese wurde zwar durch die Finanzkrise etwas gedrosselt, eine zunehmende Einwanderung hat allerdings die Preise auf dem Immobilienmarkt nach oben geschraubt. Im Vergleich zum Vorjahr wuchs der Schuldenstand in dieser Region 2015 um 7%. Gleichermaßen wurden in Form von Bankeinlagen, Wertpapieren, Versicherungen und Pensionen gehaltene Finanzmittel verbucht.