Nr. 1 - Extrem widerstandsfähige Märkte. Immer wieder umschifften die Märkte unerwartete Schocks, die normalerweise zu spürbarem und langanhaltendem Preisverfall geführt hätten. Von diversen geopolitischen Gefahren, einschließlich solcher, die Europa nur allzu leicht in eine Rezession abrutschen lassen könnten, bis hin zu großflächiger weltweiter wirtschaftlicher Schwäche, von der sowohl die Industrie- als auch die Entwicklungsländer betroffen waren, gelang es den Märkten wiederholt, diesen Risiken aus dem Weg zu gehen.
Zwei Faktoren haben die Investoren zuversichtlich gestimmt: Erstens, die konsequente Unterstützung der Zentralbanken, die die Finanzmärkte stärken, um ihre wirtschaftlichen Ziele zu erreichen, und zwar trotz des steigenden Risikos künftiger finanzieller Instabilität. Zweitens, die günstige Wirkung großer Mittelzuflüsse, nicht nur seitens zu wenig investierender individueller Anleger, sondern hauptsächlich von Unternehmen, die ihre großen Mengen ungenutzten Bargelds in Investitionen mit höheren Dividenden, Aktienrückkaufprogramme und Übernahmen umschichten.
Nr. 2 - Sich verschiebende Korrelationen: Ungewöhnliche und sich verändernde Korrelationen überlagerten historische Beziehungen, die immer noch den meisten Asset-Allokationsmodellen zugrunde liegen. Mal näherten sich diesen Sommer alle Märkte, durch die Lobgesänge der Investoren und das Vertrauen in die Fähigkeit der Zentralbanken, die Liquidität richtig einzusetzen, um das gesamte Finanzvermögen zu steigern, an. Mal erfolgte eine Entkoppelung der Aktienwerte, die sich positiv entwickelten, während andere Anlageklassen sich einem gewissen isolierten Stress ausgesetzt sahen. Die Volatilität an fast allen Märkten blieb gering und kontrolliert.
Nr. 3 - Die Signale der Zentralbank: Bisweilen erinnerten die diesen Sommer von den Zentralbanken ausgehenden Signale an die am häufigsten wiederholten Zeilen aus dem Erfolgsfilm "Gravity", der im Weltraum spielt: "Houston in the blind". Ein Satz amerikanischer Astronauten der besagt, dass sie keine Antwort auf ihre Funksignale bekamen. Dennoch verhielten sich die Märkte so, als ob die Zentralbanken für alles die passende Antwort parat hätten.
So entsprachen Wirtschaftswachstum und Inflation auch diesen Sommer nicht den Prognosen der Zentralbanken, weder in den USA, noch in Europa. Gleichzeitig bestätigten offizielle Stellen die Schwierigkeiten, mit denen sie bei der Einschätzung von Konzepten, die für die Beurteilung aktueller und zukünftiger Strategien entscheidend sind, zu kämpfen hatten, wie z.B. das Ausmaß eines weniger aufnahmefähigen Arbeitsmarktes. Diese Mängel spiegeln sich jetzt allmählich in den größeren politischen Divergenzen zwischen den Zentralbanken und auch den politisch Verantwortlichen innerhalb einzelner Banken wider (einschließlich der Federal Reserve und der Bank of England).
Von Mohamed A.El-Erian, im Original erschienen auf Bloomberg view am 25.08.2014. Abdruck mit Einverständnis. Die Meinungen im Artikel entsprechen denen des Autors.