Rezession bremst Europa bei Lissabon-Zielen

Der Europäische Wachstums- und Beschäftigungsmonitor – ein jährliches Ranking der Allianz SE und des Lisbon Council, das die Fortschritte im Lissabon-Prozess misst  – zeigt, dass die Rezession im Verlauf des Jahres 2008 alle Staaten Europas erfasst hat. Der Monitor-Wert für das Wirtschaftswachstum hat sich 2008 gegenüber dem Vorjahr fast halbiert (von 0,97 auf 0,53 – ein Wert von 1,0 bedeutet Zielerreichung), der Wert für das Produktivitätswachstum ist sogar fast auf ein Drittel gesunken (von 1,8 auf 0,67). Als Konsequenz werden für 2009 entsprechend negative Ausschläge im Arbeitsmarkt und den öffentlichen Finanzen erwartet, die den Monitor weiter belasten werden.  

Finnland verteidigt seine Spitzenposition in der Tabelle aufgrund seines sehr guten Abschneidens in puncto Humankapital und stabiler Staatsfinanzen. Auch Polen kann trotz Mängeln bei der Beschäftigung seinen zweiten Platz behaupten, dank vergleichsweise hoher Wirtschaftswachstums- und Produktivitätswachstumsraten.

Nur noch insgesamt sechs Staaten (Finnland, Polen, Niederlande, Griechenland, Schweden, Spanien) erreichen für 2008 noch einen Wert über 1,0, der eine Zielerreichung verspricht. 2007 hatten alle Staaten bis auf Italien diese Zielmarke übertroffen. Alle 14 Staaten verzeichnen für 2008 gegenüber dem Vorjahreszeitraum spürbare bis sehr starke Einbußen zwischen 0,08 Punkten (Spanien) und 0,78 Punkten (Irland). Der Negativtrend wird sich auch 2009 in dem Monitor noch fortsetzen und weitere Staaten unter die Zielerreichungsmarke von 1,0 drücken.

Michael Heise, Chefvolkswirt der Allianz SE und Autor der Studie

Deutschland verliert 2008 überdurchschnittlich (-0,36 Punkte gegenüber EU15-Schnitt von -0,28 Punkten) und rutscht von Rang 8 auf Rang 9. Bemerkenswert ist aber gerade jetzt die Stabilität der öffentlichen Finanzen auf gutem Niveau (1,4), die der Regierung etwas Flexibilität im Umgang mit der Krise erlaubt.

Die Niederlande, deren Wirtschaftswachstum weniger leidet, als das der Wettbewerber und die sogar Fortschritte beim Beschäftigungsindikator verzeichnen können, machen den größten Sprung nach vorn und klettern auf Rang drei. Irland, das aufgrund seiner Abhängigkeit von Export und Finanzwirtschaft besonders von der Krise getroffen wird, verliert am stärksten und sackt vom vierten auf den 13. Rang ab. Schlusslicht bleibt wie im Vorjahr Italien, dessen Wirtschaftswachstum und Arbeitsproduktivität sich nochmals deutlich verschlechtert haben.

Wachstums- und Beschäftigungsmonitor: aktuelle Indikatorwerte (2008/Q3)

Michael Heise, Chefvolkswirt der Allianz SE und Autor der Studie, erwartet wegen der fundamentalen Stärken Europas und der positiven Begleitfaktoren, wie niedrige Rohstoff- und Ölpreise, der lockeren Geldpolitik und der Konjunkturpakete, eine Ankurbelung des Wachstums bereits in diesem Jahr.

Und er weist auf die Chancen hin: "Aus der Krise werden die Länder gestärkt hervor gehen, die langfristigen Konzepten und dauerhaften Reformen den Vorzug gegenüber kurzfristiger Nachfragepolitik geben. Investitionen in Zukunftstechnologien und Humankapital sorgen für Wachstumsimpulse. Das gilt für Zukunftsbranchen genauso wie für unsere wichtigen, traditionellen Branchen wie den Automobil- und Maschinenbau."

Paul Hofheinz, Präsident des Lisbon Councils ergänzt: "Ohne die aktuelle Krise hätte Europa das starke Wachstum der Jahre 2005 bis 2008 fortgesetzt und das ambitionierte Lissabon-Ziel 2010 erreicht. Nun sind langfristige Investitionsziele, Innovationen und die Entwicklung des Humankapitals umso dringender gefragt, um Europa wieder auf diesen Pfad zum führenden Wirtschaftsraum zu führen."

Der Europäische Wachstums- und Beschäftigungsmonitor wird jedes Jahr unmittelbar vor der Frühjahrstagung der EU von den Volkswirten der Allianz SE gemeinsam mit der Denkfabrik Lisbon Council herausgegeben und am 12. März in Anwesenheit des Präsidenten der EU-Kommission, José Manuel Barroso, in Brüssel vorgestellt. Der Monitor analysiert die Entwicklung in 14 EU-Mitgliedsstaaten, basierend auf sechs Indikatoren: Wirtschaftswachstum, Produktivitätswachstum, Beschäftigungsentwicklung, Qualifikationsgrad der Beschäftigten, Ausrüstungsinvestitionen sowie die Nachhaltigkeit der Staatsfinanzen.



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