„Wir müssen es möglich machen“

Kapitän Rahul Khanna, Global Head of Marine Risk Consulting für die Allianz Global Corporate & Specialty, erklärt, warum die Schifffahrt bei der Bewältigung der Umweltprobleme hinterherhinkt und wie sie mit dem Umstieg auf umweltfreundlichere Kraftstoffe umgeht.

 

Kürzlich gab es eine vielfach publizierte Halbwahrheit, dass die 15 größten Schiffe der Welt mehr Umweltverschmutzung durch Schwefel erzeugen, als alle Autos auf der Welt. Warum beginnt die Schifffahrt gerade jetzt mit den Aufräumarbeiten?

Die Schifffahrt hat in der Tat die Umweltprobleme, denen sich andere Branchen bereits ziemlich früh gewidmet haben, erst spät in Angriff genommen. Die Schifffahrt ist eine enorm große Branche, und auch eine sehr globale insofern, dass das der Schifffahrt zu Grunde liegende Regelwerk nur schwer für ein bestimmtes Land oder eine Region festgelegt werden kann. Die Logistik dieser Branche ist sehr komplex, mit Schiffen, die sich im Besitz von verschiedenen Institutionen befinden, in mehreren Ländern und von verschiedenen Crews betrieben werden, von unterschiedlichen Parteien finanziert sowie von mehreren Organisationen gesteuert werden usw.

Die Internationale Seeschifffahrts-Organisation (IMO, International Maritime Organization) ist die Organisation, die in den meisten Fällen das Rahmenwerk erstellt, das die Schifffahrt regelt. Bei der Umsetzung dieses Rahmenwerks hat die IMO jedoch kein Mitspracherecht, da es die Aufgabe der jeweiligen Landesregierungen ist, die von der IMO erstellten Konventionen zu ratifizieren.


Was war letztendlich der Auslöser für den Umstieg auf umweltfreundlichere Kraftstoffe?

Die Landesregierungen haben hier Druck auf die IMO ausgeübt. Der in der Schifffahrt gebräuchliche Kraftstoff ist Schweröl, dabei handelt es sich um einen Kraftstoff der allerniedrigsten Güteklasse – es ist eine schwarze, teerähnliche Substanz – und viele Länder haben strenge Restriktionen hinsichtlich der Verbrennung dieses Kraftstoffs bei Schiffen eingeführt, die in den Gewässern des jeweiligen Landes fahren oder in Küstennähe vor Anker liegen. Gemäß diesen Restriktionen kann Schweröl nur dann in Haupt- und Hilfsmotoren von Schiffen verwendet werden, wenn der Schwefelanteil des Kraftstoffs unter einem bestimmten Niveau liegt.

Im Laufe der Jahre wurde viel geforscht und Schiffe werden jetzt mit neuen Motorentypen gebaut, die Flüssigerdgas (LNG, Liquefied Natural Gas) verbrennen können, was weniger schädliche Emissionen erzeugt. Für die Zwecke der Schifffahrt wird LNG als die nächste Kraftstoffgeneration und auch als sauberster Kraftstoff angepriesen.


Können wir hinsichtlich des vermehrten Einsatzes von LNG als Kraftstoff eine „ruhige See“, d. h. einen reibungslosen Übergang erwarten?

LNG stellt uns vor gewisse Herausforderungen. Es ist ein Gas, das sich bei minus 160 Grad verflüssigt. Der Umgang mit LNG bei so geringen Temperaturen ist also nicht einfach. Heutzutage ist LNG nichts Neues mehr, daher fragen Sie sich vielleicht, warum es im Zusammenhang mit LNG so viele Bedenken gibt. Der einfache Grund ist, dass in den letzten Jahrzehnten LNG als Fracht auf ein paar Spezialschiffen mit professionell ausgebildeten Crews transportiert wurde und dass diese kapitalintensiven Schiffe über modernste Technologien verfügen, daher sind die notwendigen Investitionen sehr hoch. Beim Transport von LNG auf Schiffen handelt es sich um eine hoch regulierte Branche und die Anforderungen an die Ausbildung und Sicherheitsausrüstung sind extrem hoch. Daher gab es bisher nur sehr wenige Unfälle.

Jetzt sprechen wir jedoch davon, LNG als Kraftstoff zu verwenden, dies bedeutet, dass Menschen, die nicht so professionell im Umgang mit einer solch komplexen und riskanten Substanz ausgebildet sind, mit LNG in Kontakt kommen. Da es sich um ein Gas handelt, kann es zu einer katastrophalen Explosion kommen, wenn es nicht korrekt gehandhabt wird und die Sicherheitsvorkehrungen nicht eingehalten werden. Und wenn Sie viele verschiedene Schiffe in unterschiedlichen Häfen auf der ganzen Welt haben, werden die Risikokontrolle und die Aufrechterhaltung der erforderlichen Sicherheitsstandards im Umgang mit LNG zu einer enormen Herausforderung.

Während wir uns doch erheblichen Herausforderungen gegenüber sehen, muss der Weg mit LNG weitergegangen werden, da es keine wirkliche Alternative gibt. Wir müssen es möglich machen. Wir müssen umweltfreundlichere Kraftstoffe verwenden. Die Branche versteht dies, wir forschen gemeinsam und arbeiten zusammen und ich glaube, dass wir das richtige Rahmenwerk erstellen und umsetzen können, das ausreichend Ausbildung im Hinblick auf Technik und Sicherheit bietet, um die Risiken zu verringern.

Kapitän Rahul Khanna, Global Head of Marine Risk Consulting für die Allianz Global Corporate & Specialty, erklärt, warum die Schifffahrt bei der Bewältigung der Umweltprobleme hinterherhinkt und wie sie mit dem Umstieg auf umweltfreundlichere Kraftstoffe umgeht.
Kapitän Rahul Khanna, Global Head of Marine Risk Consulting für die Allianz Global Corporate & Specialty

Diese Aussagen stehen, wie immer, unter unserem Vorbehalt bei Zukunftsaussagen:

 

Heidi Polke-Markmann
Allianz SE
Tel. +49.89.3800 14303
E-Mail senden

26.03.2024

Lights, camera, action: Navigating the economic landscape

mehr dazu

26.03.2024

Americans Reducing Retirement Savings and Taking on Debt Due to Inflation

mehr dazu

12.03.2024

In Zukunft wird über Nachhaltigkeitsarbeit berichtet wie über Finanzen: Warum wir jeden Mitarbeitenden für die Umsetzung brauchen!

mehr dazu