Die natürlichen Kosten des Geschäfts

Immer wieder haben sich zukunftspessimistische Filme mit der Idee einer dystopischen Welt infolge von Umweltveränderungen beschäftigt. Darin werden oft Menschen gezeigt, die unter den Folgen des jahrhundertelangen Raubbaus an natürlichen Ressourcen leiden.

Aber nicht nur der Einzelne bekommt die Konsequenzen der Erschöpfung der Ressourcen der Erde zu spüren. Große Unternehmen, insbesondere in bestimmten Branchen, werden ebenfalls dadurch belastet, warnt ein neuer Bericht der Allianz Global Corporate & Specialty (AGCS).

Im vergangenen Jahr machten die führenden Bergbauunternehmen darauf aufmerksam, dass die Wasserknappheit ein ernsthaftes Problem für die Industrie darstellt. Auch die Nahrungs- und Getränkeindustrie ist keineswegs immun. Die französische Stadt Vittel, aus der Nestlés beliebte Mineralwassermarke stammt, läuft angeblich Gefahr, bald auf dem Trockenen zu sitzen.

Die betroffenen Industriezweige haben allen Grund, sich Sorgen zu machen. Dem AGCS-Bericht zufolge befinden sie sich in der „Gefahrenzone“, in der die Risiken der Naturkapitalschäden und -abhängigkeiten die Kosten für den Geschäftsbetrieb erheblich in die Höhe treiben.

Die Transportbranche sowie die Öl-und Gasindustrie zählen ebenfalls zu den gefährdeten Bereichen, wie der Bericht mit dem Titel „Measuring and Managing Environmental Exposure: A Business Sector Analysis of Natural Capital Risk“ zeigt.

„Naturkapital bezeichnet den weltweiten Bestand an natürlichen Ressourcen, von denen wir alle profitieren und die wir für selbstverständlich halten – Boden, Biodiversität, saubere Luft und Grundwasser“, so Chris Bonnet, Manager ESG Business Services bei der AGCS und Hauptautor der Studie. „Leider gibt es etliche Anzeichen dafür, dass diese Ressourcen schneller ausgebeutet werden, als der Planet sie wieder auffüllen kann.“

Zur „mittleren Zone” gehören sieben Branchen, und zwar u. a. das Bauwesen, Versorgungsunternehmen sowie die Bekleidungs- und Chemieindustrie. Unternehmen aus diesen Branchen müssen zwar ebenfalls Naturkapitalrisiken bewältigen, sind aber besser aufgestellt, um künftige Verluste durch vorausschauende Maßnahmen zu vermeiden.

Laut Studie gilt nur ein einziger Sektor, die Telekommunikationsbranche, als nicht exponiert.

Bis 2050 könnten Umweltschäden die weltweite Wirtschaftsleistung um 18 Prozent reduzieren, so die Studie, die sich dabei auf Daten der Trucost-Forschungsgruppe und des von den Vereinten Nationen unterstützten Netzwerks „Prinzipien für Verantwortliches Investieren“ bezieht.

Zum Teil geht dieses Szenario auf die Zunahme von sieben Risiken zurück, die mit dem Einsatz von Naturkapital für die Produktion von Gütern einhergehen. Dazu zählen Treibhausgase und andere Emissionen, Abfallerzeugung und die Auswirkung der Industrie auf Biodiversität und Wasser.

Die Studie der AGCS warnt zudem davor, dass Unternehmen zunehmend mit Kosten konfrontiert werden, die einerseits die unmittelbare Folge aus lokaler Wasserknappheit oder Bodenverschmutzung sind, andererseits indirekt durch Ressourcenmangel, regulatorische Maßnahmen, Haftungsverpflichtungen oder Störungen der Lieferkette verursacht werden.

Der soziale Druck steige, so erklärt Bonnet, wenn die Auswirkungen der Ausbeutung natürlicher Ressourcen ans Licht kommen. Dies kann Unternehmen dazu zwingen, teure Nachbesserungen vornehmen zu müssen, oder mit regulatorischen Konsequenzen rechnen zu müssen.

Nestlé Waters wurde von den Bewohnern Vittels der Entnahme des Quellwassers beschuldigt, das sowohl die Stadt als auch die Abfüllanlage versorgt. Das Unternehmen wies den Vorwurf zurück, aber Maurizio Patarnello, CEO von Nestlé Waters, beteuerte im Juni, alle seine Werke würden bis 2025 von der Alliance for Water Stewardship zertifiziert.

„Wasser ist in Bezug auf Nachhaltigkeit eine der entscheidendsten Herausforderungen sowohl für die Gesellschaft als auch für unser Geschäft“, so Patarnello weiter.

Ein anderer Sektor, der immer mehr ins Rampenlicht gerät, ist das Transportwesen. Die Kohlenwasserstoffemissionen durch Transportaktivitäten sind seit 1970 um 250 Prozent gestiegen und machen nun fast ein Viertel des weltweiten Ausstoßes aus.

„Schiffsemissionen können die Luftqualität in Küstenregionen verschlechtern und zur globalen Luftverschmutzung beitragen“, erläutert Bonnet. „Das Bewusstsein für die Problematik wächst.“ Die Internationale Seeschifffahrts-Organisation habe eine Expertengruppe gebildet, die sich mit der Idee einer Kappung auseinandersetze.

Es ist denkbar, dass die Transportschifffahrt sich strengeren Regelungen hinsichtlich toxischer Emissionen gegenübersehen wird. Das könnte sie dazu zwingen, einen Teil ihrer Flotten früher als geplant abzuschreiben.

Naturkapitalrisiken entstehen selten ohne Vorwarnung. Sie entwickeln sich über einen gewissen Zeitraum hinweg in drei Phasen. In der ersten ist eine verstärkte Sensibilisierung zu beobachten, im Allgemeinen ausgelöst durch Veränderungen des natürlichen Umfelds, wie beispielsweise schwankende Wasserstände, oder durch öffentlichen Handlungsdruck auf die Regierungen.

In der zweiten Phase treffen diese Risiken die Lieferketten, den Geschäftsbetrieb oder einzelne Unternehmensstandorte in Form von regulatorischen Veränderungen, Ressourcenknappheit oder sozialem Druck. Bonnet ist der Meinung, dass während der ersten beiden Phasen eine Begrenzung der Risiken mithilfe bestimmter Maßnahmen noch möglich ist sofern diese zukunftsgerichtet sind und über eine rein finanzielle Schadensbegrenzung hinausgehen.

Wenn dies jedoch in diesen Phasen nicht mehr gelingt, führt dies letztendlich zu finanziellen Kosten, beispielsweise aufgrund von Haftungsforderungen oder Betriebsunterbrechungen.

„Wir sind überzeugt, dass der nachhaltige Einsatz von und Umgang mit natürlichen Ressourcen einen erheblichen Einfluss auf den künftigen Erfolg von Unternehmen haben wird“, betont Bonnet. „Aber trotz steigender Sensibilisierung für das Thema Nachhaltigkeit und ihr Verhältnis zur Wirtschaft haben etliche Unternehmen noch immer nicht erkannt, welchen Naturkapitalrisiken sie ausgesetzt sind, wie sie sich auf ihre Geschäftserfolg auswirken und wie sie selbst dazu beitragen können, sorgsamer mit den natürlichen Lebensgrundlagen umzugehen.“

Die Branchen und Unternehmen, die Schritte gegen die Folgen der Zerstörung des Naturkapitals ergreifen, werden davon profitieren. Es handelt sich dabei um Firmen, die mithilfe eines relativ geringen finanziellen Aufwands gegen ein sich wahrscheinlich realisierendes Risiko schon heute so vorgehen, dass größere Schäden in der Zukunft vermieden werden können.

Allianz Global Corporate & Specialty SE (AGCS) ist die eigene Marke der Allianz Gruppe für Industrie- und Spezialrisiken. Die AGCS bietet Versicherungsschutz und Risikomanagement-Services über das gesamte Spektrum von Spezialversicherung, ART und Firmengeschäft: Marine, Aviation (inkl. Space), Energy, Engineering, Entertainment, Financial Lines (inkl. D&O), Liability, Mid-Corporate und Property (sowie Internationale Versicherungsprogramme).

Weltweit operiert die AGCS in 32 Ländern mit eigenen Einheiten und in mehr als 210 Ländern und Territorien über das Netzwerk der Allianz Gruppe und andere Partner. 2016 beschäftigte sie über 5.000 Mitarbeiter und lieferte Versicherungslösungen für mehr als die Hälfte der Fortune Global 500-Unternehmen. 2016 zeichnete die AGCS weltweit insgesamt 7,6 Milliarden Euro Bruttoprämien pro Jahr.

Die AGCS SE verfügt über die Bonitätsratings AA von Standard & Poor’s und A+ von A.M.Best (2017).

Die Allianz Gruppe zählt zu den weltweit führenden Versicherern und Asset Managern und betreut mehr als 88 Millionen Privat- und Unternehmenskunden. Versicherungskunden der Allianz nutzen ein breites Angebot von der Sach-, Lebens- und Krankenversicherung über Assistance-Dienstleistungen und Kreditversicherung bis hin zur Industrieversicherung. Die Allianz ist einer der weltweit größten Investoren und betreut im Auftrag ihrer Versicherungskunden ein Investmentportfolio von über 650 Milliarden Euro. Zudem verwalten unsere Asset Manager Allianz Global Investors und PIMCO mehr als 1,4 Billionen Euro für Dritte. Mit unserer systematischen Integration von ökologischen und sozialen Kriterien in unsere Geschäftsprozesse und Investitionsentscheidungen sind wir der führende Versicherer im Dow Jones Sustainability Index. 2017 erwirtschafteten über 140.000 Mitarbeiter in mehr als 70 Ländern für die Gruppe einen Umsatz von 126 Milliarden Euro und erzielten ein operatives Ergebnis von 11 Milliarden Euro.

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Heidi Polke-Markmann
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