„Wir betrachten die Spekulation im Kunstmarkt mit Vorsicht“

Vom 13. bis 22. März findet in Maastricht die weltgrößte Kunst und Antiquitätenmesse TEFAF (The European Fine Art Fair) statt. Als einer der führenden Kunstversicherer werden sich auch eine Reihe von Allianz Experten vor Ort mit Sammlern und renommierten Galeristen austauschen. Darunter Kunsthistoriker Dr. Oliver Class aus Zürich, Kunstsachverständiger bei der Allianz Suisse.

 

Allianz.com: Welche Wachstumschancen sehen Sie für den Kunstmarkt?

Oliver Class: Der Kunstmarkt ist wieder auf seinem hohen Niveau von vor der Finanzkrise angelangt. 2014 belief sich der globale Kunstumsatz auf circa 50 Milliarden Euro. Die Nachfrage ist gerade in den Ländern USA, China und Großbritannien am höchsten. Aufgrund des anhaltenden Niedrigzinsumfelds nimmt das Interesse weiter zu, in Sachwerte wie Kunst oder Immobilien zu investieren. Das führt zu einem dramatischen Werteanstieg von Einzelkunstwerken. So wechselte im vergangenen Monat das Paul Gauguin Gemälde „Wann wirst Du heiraten?“ (Tahitisch: Nafea faa ipoipo) für 300 Millionen Dollar (268 Mio. Euro) seinen Besitzer. Der höchste Preis, der je für ein Kunstwerk bezahlt wurde. Bei den oft geheimen Käufern handelt es sich nicht mehr nur um Kunstliebhaber und langfristige Investoren, sondern immer häufiger um zwischenzeitliche Eigentümer, die „art flipping“, das heißt einen kurzfristig orientierten spekulativen Handel, betreiben.

 

Was bedeutet das für die Kunstversicherung?

 

Derzeit beobachten wir vor allem drei Tendenzen: Auf der einen Seite natürlich die spektakulären Verkäufe im Hochpreissegment, in dem die Preise derzeit scheinbar nur eine Richtung kennen - nach oben. Das spiegelt sich auch in den Versicherungswerten wider. Andererseits haben wir aber auch Kunstmarktbereiche, die seit Jahren stagnieren, wie z.B. Antiquitäten im mittleren Preissegment. Und es gibt drittens sogar Sammelgebiete, wo seit Jahren ein dramatischer Preisverfall beobachtet werden kann. Ich denke da an altes Zinn oder Biedermeier-Möbel. Vor diesem Hintergrund betrachten wir als Kunstversicherer spekulative Werterwartungen mit großer Vorsicht. Denn wir wollen den Preisen in beiden Richtungen durch eine ebenso spekulative Festlegung der Versicherungswerte nicht auch noch Vorschub leisten. Das heißt: Wir folgen den allgemeinen Markttendenzen zwar, haben aber nicht die Absicht, die Entwicklungen versicherungsseitig auch noch zu befeuern. 

 

Was halten Sie in diesem Zusammenhang von den Forderungen nach einer umfassenden Reglementierung des internationalen Kunsthandels?

 

Der internationale Kunsthandel ist ein äusserst heterogener Markt. Zu den Teilnehmern gehören Galerien, Auktionshäuser, Berater, Privatsammlungen und Museen. Die diversen Teilmärkte weisen sehr unterschiedliche Charakteristika auf. Nachdem Bargeld-Transaktionen mittlerweile weitgehend der Vergangenheit angehören, erscheint mir der Bedarf an einer überbordenden Reglementierung nicht nachvollziehbar. Stattdessen sollte man mehr auf eine Selbstreglementierung setzen, wie sie durch die Qualitätskontrolle bei hochrangigen Messen, etwa der TEFAF, üblich ist. Preise im Kunsthandel sind eben relativ und hängen davon ab, ob man an einen Investor oder an einen Weiterverkäufer veräußert.

 

Was geschieht, wenn ein versichertes Werk gestohlen wird?

 

Wird ein Kunde Opfer eines Kunstdiebstahls, entschädigen wir ihn schnellstmöglich. Mit der Bezahlung des verschwundenen Werks geht der Rechtstitel automatisch in den Besitz des Versicherers über. Wir beobachten natürlich äusserst wachsam, ob von uns versicherte und entschädigte Kunstwerke nicht doch eines Tages wieder auftauchen. Zu diesem Zweck kooperieren wir mit den Landeskriminalämtern sowie dem Art Loss Register, einer internationalen Datenbank gestohlener Werke. Ist ein wiedergefundenes Werk beschädigt, dürfen wir nicht einfach dessen Restaurierung in Auftrag geben. Diese muss vielmehr aus urheberrechtlichen Gründen vom Künstler oder seinen Erben autorisiert sein. Leider ist die Aufklärungsquote von Kunstdiebstählen aber zurzeit noch viel zu niedrig.

Oliver Class: „Das Interesse nimmt zu, in Kunst zu investieren.“
Oliver Class: „Das Interesse nimmt zu, in Kunst zu investieren.“
  • Eine Kunstversicherung ist eine klassische Allgefahrenversicherung für Kunstgegenstände, Antiquitäten, Schmuck.
  • Man kann seinen gesamten Hausrat oder wertvolle Einzelstücke versichern.
  • Der Besitz ist nicht nur gegen die Gefahren Feuer, Einbruch-Diebstahl, Raub, Leitungswasser und Sturm versichert. Schäden die der Versicherungsnehmer selbst, Familienangehörige oder Besucher versehentlich verursachen sind ebenfalls gedeckt.
  • Auch das sogenannte "Tragerisiko" für Schmucksachen und Uhren ist eingeschlossen.
  • Bestimmung von Kunstwerten, Hilfe bei Restaurierungen, Beratung zur Aufbewahrung und Einrichtung von Alarmanlagen

Diese Aussagen stehen, wie immer, unter unserem Vorbehalt bei Zukunftsaussagen:

 

Bettina Sattler
Allianz Group
Tel.: +49.89.3800-16048
E-Mail senden

26.03.2024

Lights, camera, action: Navigating the economic landscape

mehr dazu

26.03.2024

Americans Reducing Retirement Savings and Taking on Debt Due to Inflation

mehr dazu

12.03.2024

In Zukunft wird über Nachhaltigkeitsarbeit berichtet wie über Finanzen: Warum wir jeden Mitarbeitenden für die Umsetzung brauchen!

mehr dazu