Wetterereignisse: Extreme Jahreszeiten

Schlamm-Massen bedecken den Boden

In Santa Barbara County, Südkalifornien, setzten Anfang letzter Woche starke Regenfälle zerstörerische Flüsse von Schlamm und Schutt in Gang, die Häuser wegschwemmten und die Notfalldienste rund um die Uhr beschäftigten. Mindestens 17 Personen wurden getötet, Dutzende werden immer noch vermisst.

Die Regenfälle folgten auf Waldbrände, die im Vormonat Hunderttausende Hektar in den nahegelegenen Santa Ynez Mountains zu Asche verbrannt hatten. Dadurch blieb die Landschaft trocken und karg zurück, was die Tragödie überhaupt erst ermöglichte. Am Dienstag, 9. Januar, gegen 2:30 nachts setzten sintflutartige Regenfälle ein, die eine Sturzflut auslösten und Schlamm und massives Geröll in die umliegenden Wohngebiete schoben.

„Auch wenn die Einheimischen sagten, sie hätten noch nie so etwas gesehen, folgte das Desaster einem typischen Muster," so Allianz-Risikoexpertin Katie Wenigmann. „Nach Flächenbränden ist die Vegetation verschwunden und der trockene Boden kann sich verändern und wasserundurchlässig werden. Insbesondere der erste Regenfall kann zu einer Tragödie führen, doch das Risiko von Schuttströmen kann jahrelang bestehen bleiben. Destruktive Erdrutsche treten auf, weil die Erde das Wasser nicht absorbieren kann. Deshalb fließt es davon und das Land erodiert leicht, weil keine Vegetation es mehr zusammenhält. In Kalifornien wurde der Effekt von den steilen Hängen der nahegelegenen Hügel und Berge verschärft.“

Schutt- und Erdrutsche sind ein natürliches Phänomen. Eines der schlimmsten Desaster seit Aufzeichnungen fand 1999 im Staat Vargas an der Nordküste Venezuelas statt. Eine Reihe von Schlammlawinen wurde von schweren Regenfällen ausgelöst, die zu Sturzfluten führten. Diese töteten etwa 30.000 Menschen – 10 Prozent der Region. Zwei Städte, Carmen de Uria und Cerro Grande, wurden unter dem Schlamm völlig begraben.

Wenigmann, eine auf Hydrologie spezialisierte Ingenieurin, sagt, dass Erdrutsche zwar natürliche Phänomene seien, doch menschliche Aktivitäten eine zugrunde liegende Ursache sein könnten. Letzten August starben fast 500 Menschen am Rand von Freetown in Sierra Leone durch Schlammlawinen. Eine Ursache war die Waldrodung am Zuckerhut, einem der höchsten Berge in der Umgebung. Der nackte rote Boden wurde gesättigt und spaltete sich ab, wobei er auf seinem Pfad der Zerstörung Bäume und Steine vor sich herschob.

Die Behörden kennen die Gefahr von Erdrutschen. Die kalifornischen Beamten ordneten als Reaktion auf Warnungen der United States Geological Survey für mehr als 6.000 Menschen, die in dem Gebiet lebten, zwingende Evakuierungen an. Für weitere 20.000 Menschen wurden freiwillige Evakuierungswarnungen ausgegeben.

Nur geschätzte 15 Prozent der Menschen im ausgewiesenen Evakuierungsgebiet hörten auf die Warnung. Leider waren die Menschen flussabwärts vom verbrannten Gebiet nicht in die freiwilligen Evakuierungen eingeschlossen, da die Beamten nicht mit solchen Regenmengen gerechnet hatten.

„Wenn ein Extremwetterdesaster stattfindet“, so Markus Stowasser, Head of Catastrophe Research and Development bei Allianz Re, „ist der Klimawandel einer der angeführten „üblichen Verdächtigen“. Es ist fast unmöglich, ein einzelnes Ereignis dem Klimawandel zuzuschreiben, doch es bildet sich ein klares Muster heraus.“

Gemäß den National Centers for Environmental Information (NCEI), die über eines der größten Archive von Umweltdaten weltweit verfügen, war 2017 ein Jahr „historischer Wetter- und Klimakatastrophen“ in den Vereinigten Staaten. Das Land erlitt 16 separate Desaster im Wert von Milliarden Dollar. Darunter waren eine Dürre, acht schwere Stürme und Hurrikan Harvey, der im Gebiet Houston eine noch nie dagewesene Menge Wasser niedergehen ließ, sowie die Hurrikans Irma und Maria. Zwischen 1980 und 2017 lag der Jahresdurchschnitt an Ereignissen bei 5,8. Zum Vergleich: Der Durchschnitt für die fünf letzten Jahr (2013–2017) liegt bei 11,6 Ereignissen.

„Es macht Sinn, dass extreme Niederschlagsereignisse an Häufigkeit und Intensität zunehmen,“ so Stowasser. „In einer wärmeren Welt befindet sich mehr Wasser in der Atmosphäre, das niederregnen und infolgedessen zu einem höheren Überschwemmungsrisiko führen kann.“

Ein Bericht des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung gewährt einen Einblick in den Umfang der Herausforderung bis in die 2040er Jahre. Falls die Auswirkung des Klimawandels nicht verringert werden kann, werden die USA ihr Schutzniveau mindestens verdoppeln müssen, um dramatische Zunahmen der Flussüberschwemmungsrisiken zu verhindern. Afrika, Indien, Indonesien und Mitteleuropa, einschließlich Deutschland, werden ebenfalls schwere Überschwemmungen erleiden, wenn nicht weitere Präventionsmaßnahmen ergriffen werden.

Stowasser sagt, 2017 sei ein Weckruf gewesen. „Alles deutet darauf hin, dass Extremwetterereignisse – insbesondere Überschwemmung und all die damit verbundenen Tragödien – in Zukunft heftiger sein werden. Es sei denn, wir senken die Treibhausgasemissionen dramatisch, um die Erderwärmung zu begrenzen.“

Diese Aussagen stehen, wie immer, unter unserem Vorbehalt bei Zukunftsaussagen:

 

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