Investoren vertrauen auf Großbritanniens Infrastruktur

Das Vereinigte Königreich blickt mittlerweile auf eine langjährige und erfolgreiche Erfahrung mit Investitionen in Public Private Partnerships (öffentlich-private Partnerschaften) zurück Andere Länder kämpfen immer noch mit dem Wie und Wann. Christian Fingerle ist Chief Investment Officer bei Allianz Capital Partners und zuständig für Infrastrukturinvestitionen. Er erläutert, warum der Inselstaat so attraktiv für Investoren ist.

 

Allianz.com: Die Allianz hat in mehrere Infrastrukturanlagen in Großbritannien investiert. Warum ist dieses Land ein derart günstiger Standort für Investitionen?
 

Christian Fingerle: Schon vor Jahrzehnten hat Großbritannien erkannt, dass Kapital aus dem Privatsektor eine entscheidende Rolle bei der Finanzierung der Infrastruktur eines Landes spielt. Heutzutage ist der Privatsektor eine maßgebliche Kapitalquelle bei der Finanzierung von Infrastrukturprojekten.
 

Die Summe aus stabilem und transparentem Rechtssystem, regulatorischem Rahmen und Steuersystemzieht internationale Investoren nach Großbritannien. Der so entstandene gute Ruf wird auch weiterhin dazu beitragen, Kapital unter wettbewerbsfähigen Bedingungen anzuziehen.
 

Das kommt letztendlich den britischen Bürgern und Steuerzahlern zugute. Wir betrachten Großbritannien als Primärmarkt für Infrastrukturanlagen. Daher haben wir dort bereits drei Investitionen getätigt.
 

Was sind die Hauptbestandteile der von Ihnen erwähnten Rahmenbedingungen?
 

Im Laufe der Zeit hat Großbritannien ein bewährtes vertragliches Rahmenwerk (Anmerkung der Redaktion: oft als PFI, Private Finanzinitiative bezeichnet) für den Abschluss von Public Private Partnerships (PPPs) entwickelt. Es weist den verschiedenen Interessengruppen die passenden Zuständigkeiten und Risiken zu.
 

Durch die Errichtung gemeinsamer Standards für die Finanzierung von PPPs wird eine effiziente und konkurrenzfähige Organisation von PPPs ermöglicht. Das erlaubt Anlegern Größenvorteile zu erzielen, wenn sie solche Anlagemöglichkeiten nutzen. Im März 2014 überstieg der Gesamtkapitalwert der aktuellen PFI-Geschäfte 56 Milliarden britische Pfund (GBP).
 

2010 führte die Regierung Großbritanniens den Nationalen Infrastrukturplan ein. In diesem Plan wurden die strategischen Ziele genannt und 40 vorrangige Investitionen ermittelt. Beides istentscheidend für das künftige Wachstum . Der nationale Infrastrukturplan sandte eine starke Botschaft an die Investoren aus. Die Infrastruktur soll ganz oben auf der Prioritätenlisten der nächsten zehn oder gar mehr Jahre stehen.
 

Der Infrastrukturplan vermittelt Investoren wie der Allianz einen transparenten und klaren Einblick in die künftige Projektplanung und in den Finanzierungsbedarf. Außerdem können sich die Investoren so darauf verlassen, dass die Projekte letztendlich auch abgeschlossen werden. Sie können die erforderlichen Mittel mit ruhigem Gewissen zusagen, um die Anlagechancen auszubauen.
 

Diese Sicherheit ist ein äußerst wichtiger Faktor. Die Investoren vieler anderer Länder haben oft nicht das Vertrauen, dass Projekte auch definitiv realisiert werden. Unsere Investition in den Tideway Tunnel in London ist ein Beispiel für eines dieser extrem vorrangigen Projekte.
 

Während man in einigen Ländern PPPs bisher mit Skepsis betrachtet, scheinen sie in Großbritannien generell als etwas Positives wahrgenommen zu werden. Warum?
 

In Großbritannien hat man allgemein erkannt, dass die Finanzierung von staatlicher Infrastruktur durch den Privatsektor ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis bietet. In vielen Ländern bildet die öffentliche Meinung eine potenzielle Hürde für die weitere Verbreitung von PPPs.
 

So sind die Leute oft misstrauisch, wenn in der Vergangenheit auch nur eines der PPPs in ihrem Land scheiterte. Einige fürchten auch private oder fremde Kontrolle über staatliche bzw. wesentliche Infrastrukturanlagen und, dass die Interessen der Bürger außer Acht gelassen werden. Wieder andere sind der Auffassung die Regierungen könnten solche Projekte kostengünstiger ausführen als der Privatsektor.
 

Generell sind es diese Aspekte negativer öffentlicher Wahrnehmung, welche die Entwicklung der PPPs in anderen Ländern verlangsamen. Andererseits sollte man der Fairness halber sagen, dass es auch in Großbritannien kritische Stimmen gibt. Allerdings in geringerem Maße als in anderen Rechtsordnungen.
 

Welche Vorteile bieten PPPs?
 

PPPs bieten mehrere Vorteile. Einer besteht darin, dass die Finanzierung der öffentlichen Infrastruktur durch Privatanleger nicht nur das Finanzierungsproblem löst. Sie verlagert auch das Risiko vom staatlichen auf den privaten Sektor.
 

Dazu kommt, dass die Ausführung oft besser unter privater Regie ist. Von PPPs umgesetzte Projekte haben eine höhere Wahrscheinlichkeit den geplanten Zeit- und Kostenrahmen einzuhalten als staatlich finanzierte. Das liegt daran, dass Privatanleger und nicht öffentliche Bedienstete die Kosten tragen, wenn die Projekte nicht wie geplant ausgeführt werden.
 

Eines der interessantesten Projekte in der jüngsten Zeit ist der bereits erwähnte Tideway Tunnel. Das Londoner Abwassersystem hat nicht mehr die Kapazität, die für eine moderne Stadt dieser Größe erforderlich ist.
 

Bei dieser Investition haben wir eine Partnerschaft mit der britischen Regierung geschlossen. Damit tragen wir effektiv dazu bei, eine Finanzlücke zu schließen. Die notwendige Investition für den Tunnel galt als zu hoch und zu komplex, um von Thames Water allein getragen zu werden.
 

Das Projekt ist eines der umfangreichsten in GB im nächsten Jahrzehnt. Um die private Finanzierung des Projekts mit einem Anlagevolumen von über drei Milliarden GBP gewährleisten zu können, ist die Allianz einem Konsortium für den Tideway Tunnel beigetreten. -. Ein innovatives Auftragsvergabeverfahren in Kombination mit dem aktuell niedrigen Zinsumfeld trägt zu wesentlichen Kosteneinsparungen für das gesamte Projekt bei. Das führt wiederum zu einer erheblichen Senkung der von den Endverbrauchern zu zahlenden Beiträge.
 

Was können andere Länder von Großbritannien lernen?
 

Erstens ist es wichtig, zuverlässige Rahmenbedingungen zu entwickeln. Diese müssen klare Richtlinien dafür beinhalten, wie die Interessengruppen in Projekten interagieren und wie Risiken den verschiedenen Parteien zugewiesen werden. Solche Rahmenbedingungen steigern die Effizienz bei der Organisation von PPPs beträchtlich.
 

Zweitens sollten Regierungen ihre Anlageprioritäten eindeutig definieren und einen langfristigen Investitionsplan entwickeln. Der Plan soll allen am Geschäft Beteiligten gestatten, sich gut auf diese Projekte vorzubereiten, indem er jede mögliche strategische Unsicherheit beseitigt.
 

Drittens werden PPPs nur in einem Umfeld Erfolg haben, in dem es eindeutige Vorteile für die Öffentlichkeit gibt und eine positive Wahrnehmung durch die Allgemeinheit dominiert. Regierungen müssen sich auch klarmachen, dass der Erfolg sich nicht über Nacht einstellt. Es braucht Jahre harter Arbeit und Überzeugung, um das Vertrauen sämtlicher beteiligter Interessengruppen zu gewinnen.

(Text: Stefanie Rupp-Menedetter)

Christian Fingerle ist Chief Investment Officer bei Allianz Capital Partners
Christian Fingerle ist Chief Investment Officer bei Allianz Capital Partners

Diese Aussagen stehen, wie immer, unter unserem Vorbehalt bei Zukunftsaussagen:

Stefanie Rupp-Menedetter
Allianz Capital Partners                          
Tel.: +49.89.3800-2743
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