Allianz.com: Welche Lösungsansätze bieten sich aus heutiger Sicht?
Michael Heise: Ich denke, wir müssen uns darauf konzentrieren, die Bedingungen für Investitionen und Innovationen zu verbessern. Dies ist mittels Steuern und Regulierung möglich. Ebenso müssen wir die Arbeitsproduktivität optimieren, das heißt, dass die Menschen eine bessere Ausbildung, bessere Fachkenntnisse und Qualifikationen benötigen. Auf der Angebotsseite würden diese Maßnahmen ein höheres Potenzialwachstum für die Wirtschaft generieren. Auf dieser Seite wurde bisher nicht genügend getan. Andererseits reicht eine weitere wesentliche Senkung des Zinssatzes durch unkonventionelle Instrumente der Geldpolitik einfach nicht aus. Ein extrem niedriges Zinsniveau konnte bislang weder die Investitionstätigkeit noch die Konsumnachfrage sonderlich ankurbeln. Das ist nicht wirklich verwunderlich. Statt zu einer Lösung zu führen, entwickeln sich Niedrigzinsen zum Teil des Problems, da sie große Löcher in das gesamte Rentensystem reißen und die Menschen sich Sorgen um ihre Rentenfonds machen. Bei der betrieblichen Altersversorgung muss ein größerer Teil der Gewinne aufgewendet werden, um diese große Versorgungslücke zu schließen, und einige Unternehmen haben zu diesem Zweck bereits Vermögenswerte verkauft. Dies ist nicht gerade förderlich für Unternehmensinvestitionen.
Allianz.com: Investitionen in Infrastruktur und Bildung werden in dieser Hinsicht oft als Lösungsansatz vorgeschlagen. Würden Sie dieser Empfehlung in Anbetracht der Schulden, die auf den einzelnen Ländern lasten, nachgehen?
Mohamed A. El-Erian: Wir müssen auf diese Herausforderung, vor die uns das unzulängliche Wachstum stellt, mit umfassenden politischen Maßnahmen reagieren. Dazu gehören Strukturreformen, notwendige politische Reformen und eine Sanierung der Bilanzen. Wenn wir über diese Probleme, denen sich verschiedenen Länder ausgesetzt sehen, sprechen, können wir uns eine Liste vorstellen, bei der die Gewichtung je nach Land variiert. Einige Probleme, wie eine unzureichende Infrastruktur, finden sich in vielen Ländern. Die Allianz liefert ein gutes Beispiel dafür, dass privates Kapital hier so einiges erreichen kann, insbesondere im Rahmen Öffentlich-Privater-Partnerschaften. Es gibt also eine Möglichkeit, die Infrastruktur zu verbessern, ohne die öffentlichen Finanzen übermäßig zu belasten. Im Hinblick auf die Bildung gibt es viele Probleme, die über eine reine Ausgabetätigkeit hinausgehen. Wir müssen uns bemühen, das Geld sinnvoller zu investieren. Und wir sollten uns auf keinen Fall von Budgetbeschränkungen in unserer Vorstellungskraft einschränken lassen.