BRIC-Staaten - Licht am Ende des Tunnels in Sicht

Die Korrektur der Wachstumserwartungen der Schwellenländer durch den Internationalen Währungsfonds und die Weltbank nach unten erinnert wieder einmal daran, wie schnell sich das Blatt für diese Länder gewendet hat. Diese Umkehr führte zu Abverkäufen bei den Vermögenswerten der aufstrebenden Volkswirtschaften, und zwar sowohl bei Aktien und Devisen als auch festverzinslichen Papieren. Länder, die vor noch nicht allzu langer Zeit als einflussreicher Motor globalen Wachstums (sowie u.a. als Stütze für die weltweite Finanzstabilität) galten, werden nun eher als Ursache für tatsächliche und potenzielle Störungen betrachtet.

 

Allerdings ist die Lage nicht so schlecht wie man vermuten möchte. Jedenfalls muss sie dies nicht zwangsläufig sein, vorausgesetzt die Entwicklungsländer passen ihre Wachstumsmodelle entsprechend an.

 

In den letzten 10 Jahren haben die Schwellenländer über weite Strecken eher für positive Überraschungen gesorgt. Durch die diversen Krisen in den 1990er Jahren sahen sie sich aufgefordert, mehr Verantwortung bei der Verwaltung ihrer Finanzen zu übernehmen, verzeichneten erhebliches Wachstum und bauten riesige finanzielle Polster auf. Somit waren sie besser aufgestellt als die Industrieländer, wenn es darum ging, die Auswirkungen der weltweiten Finanzkrise im Jahre 2008 zu umschiffen. Die schnelle Erholung dieser Länder kam selbst für deren überzeugteste Fürsprecher unerwartet. Sie sorgten nicht nur für ständiges Wachstum und neue Impulse für den globalen Handel, sondern kauften mit ihren beträchtlichen Barreserven auch gern Anleihen der hochverschuldeten Industrieländer auf.

 

Die Entwicklung der letzten Jahre ist jedoch eine andere. Die meisten Schwellenländer hatten Mühe, den Ausstrahlungseffekten der unkonventionellen Geldpolitik der Zentralbanken in den USA und Europa auszuweichen - sei es als die Industrieländer zu den enormen Kapitalströmen in die Entwicklungsländer beitrugen, die deren Märkte überforderten, oder bei den anschließenden Phasen der Volatilität und plötzlicher Trendumkehr. Und da die Finanzmärkte diese Auswirkungen noch erheblich vergrößerten, rangen selbst die am besten verwalteten aufstrebenden Volkswirtschaften um geeignete Antworten auf spezielle Ereignisse, von einem abgestimmten langfristigen Maßnahmenkatalog ganz zu schweigen.

 

Gleichzeitig erfuhren die Entwicklungsländer wenig Unterstützung bei der Koordinierung einer globalen Strategie, weder seitens der Gruppe der Sieben, der Gruppe der Acht oder der Gruppe der 20. Selbst die bescheidensten Reformen des IWF wurden durch das Versäumnis des US-Kongresses vereitelt, Maßnahmen zu verabschieden, denen bereits die überwiegende Mehrheit der IWF-Mitgliederstaaten zugestimmt hatte und die Ländern wie China und Brasilien größeres Gewicht in dem Fonds verschaffen würden. Der Vertrauensverlust in das Internationale Währungssystem hat diverse Schwellenländer veranlasst, sich für alternative Ansätze zu entscheiden, einschließlich einer neuer Entwicklungsbank und einer neuen Infrastrukturbank, erweiterte Devisen-Swap-Fazilitäten und einer Reihe bilateraler Zahlungsvereinbarungen.

 

Diese externen Widrigkeiten hätten nicht zu solchen massiven Störungen geführt, wenn die aufstrebenden Volkswirtschaften ihre wachstumsfördernden Reformen weiter entschieden vorangetrieben hätten. Hingegen neigte man durch internen wirtschaftlichen und sozialen Druck eher zu einer Rückkehr zu den alten schlechten Gewohnheiten, statt weiter an den notwendigen Änderungen zu arbeiten. Man betrachte dabei beispielsweise nur Brasiliens Reaktionen auf eine wirtschaftliche Abschwächung und den Inflationsdruck: Man unterlag der Versuchung, wieder auf die ineffiziente Entwicklungsbank zurückzugreifen, um Investitionen und Wachstum anzutreiben, statt die notwendigen Veränderungen durchzuführen, um produktivere private Investitionen auszulösen.

 

De facto ist die Entwicklung Brasiliens vergleichbar mit dem Ansatz, der Indien vor der Wahl von Narendra Modi blockierte, welche die Hoffnung weckte, dass sich in Indien etwas bewegen würde. Die hat sich allerdings bisher noch nicht vollständig erfüllt. Strittig ist, ob im Fall von Russland der Reiz, die als ruhmreicher wahrgenommene Vergangenheit wieder zu beleben, auch helfen kann, seine Intervention in der Ukraine zum Teil zu erklären. Selbst in China, wo sich die Regierung einem neuen Wachstumsmodell verpflichtet hat, besteht noch immer die Tendenz, auf einen immer stärker ausgereizten Ansatz zurück zu greifen, der exzessive auf öffentlicher Verschuldung und ineffizienten Investitionen beruht.

 

Diese Bedingungen können sich noch weiter verschlechtern, bevor es zu einer Verbesserung kommt, insbesondere angesichts der Zahl der Schwellenländer, die jetzt unter dem jüngsten drastischen Verfall der Rohstoffpreise zu leiden haben. Allerdings wäre es ein Fehler, die Widerstandskraft dieser Länder zu unterschätzen.

 

Die meisten aufstrebenden Volkswirtschaften verfügen noch über hinreichend Flexibilität was ihre finanzielle Lage, strukturelle Reformen und makroökonomische Strategien angeht. Ihre Bevölkerungen sind sich des Potenzials ihrer Länder stärker bewusst und würden nicht ewig zuschauen, wenn ihre Regierungen es dauerhaft versäumten, tätig zu werden. Außerdem erleichtert der technologische Fortschritt größere Produktivitätssprünge und die Übernahme von individueller Verantwortung.

 

Zwar stimmt es, dass die Entwicklungsländer nicht mehr der große Lichtblick von einst sind, aber das bedeutet keineswegs, dass sie zur alten krisengeschüttelten Welt von früher zurückkehren.

 

 

Von Mohamed A.El-Erian, im Original erschienen auf Bloomberg view am 07.10.2014. Abdruck mit Einverständnis. Die Meinungen im Artikel entsprechen denen des Autors.

Mohamed El-Erian, Chief Economic Adviser der Allianz
Mohamed El-Erian, Chief Economic Adviser der Allianz

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Petra Brandes
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