Senioren am Steuer - besser als ihr Ruf

Ältere Verkehrsteilnehmer geraten mehr und mehr in den Fokus der Öffentlichkeit. In den Medien wird über Senioren am Steuer häufig negativ berichtet. Auch in der Politik wird darüber diskutiert, ob altersbasierte, restriktive Maßnahmen zur Prüfung der Fahrtauglichkeit eingeführt werden sollten. Sind diese Vorurteile tatsächlich berechtigt? Dieser Frage ist die Allianz Deutschland AG in einer Untersuchung zum Unfallverhalten von über 65-Jährigen im Vergleich zu jüngeren Verkehrsteilnehmern nachgegangen.

Senioren verhalten sich im Straßenverkehr  sicherheitsbewusster, als oft angenommen

Rund ein Fünftel der Bevölkerung in Deutschland ist heute über 65 Jahre alt. Aber weniger als elf Prozent aller Unfälle werden durch Senioren verursacht. Bei den im Straßenverkehr Getöteten dagegen ist die Zahl älterer Menschen höher als ihr Anteil an der Bevölkerung: 23 Prozent aller Verkehrsunfalltoten sind über 65 Jahre alt. Vor allem als Fußgänger, Fahrradfahrer und als Pkw-Mitfahrer sind Senioren weit mehr als doppelt so stark gefährdet wie jüngere Verkehrsteilnehmer.

Die Studie der Allianz macht deutlich, dass Senioren einen weitaus geringeren Anteil am selbst verursachten Unfallgeschehen haben als jüngere Fahrer. Sie meiden kritische Fahrsituationen wie beispielsweise Nachtfahrten oder glatte, nasse Straßen eher als jüngere Fahrer. Das kalendarische Alter allein ist deshalb aus Sicht der Allianz noch kein ausreichender Grund, die bestehenden rechtlichen Rahmenbedingungen durch restriktive Maßnahmen zu verschärfen. 

Schon heute fordert das Fahrerlaubnisrecht, dass der Fahrer zum Führen eines Fahrzeuges geeignet sein muss und fordert im Zweifel eine Begutachtung. "Eine Notwendigkeit für eine pauschale Verschärfung rechtlicher Rahmenbedingungen bei Senioren jeden Alters lässt sich derzeit durch unsere Untersuchung nicht erkennen", erläutert Karl-Walter Gutberlet, Vorstand der Allianz Versicherungs-AG.

Betrachtet man die Senioren nicht als homogene Gruppe, sondern differenziert im Altersverlauf, ergibt die Studie, dass bei Pkw-Lenkern über 75 Jahren die Unfallgefahr und damit auch das Risiko von selbstverursachten Unfällen ansteigt. Insgesamt bleibt aber hier gemäß Bundesstatistik (2006) die absolute Anzahl der verursachten Unfälle mit Personen- und schwerem Sachschaden mit ca. 12.500 deutlich unter dem Niveau der 18- bis 24-jährigen Verkehrsteilnehmer (über 78.000).

Im höheren Lebensalter steigen manche Risiken, zum Beispiel durch Medikamenteneinnahme oder Mehrfacherkrankung. "Sicher können körperliche und geistige Schwächen im Alter vermehrt auftreten und im Einzelfall zu schweren Verkehrsunfällen führen. Aber trotz dieser tragischen Unfälle zeigt die Allianz Unfallstudie im gesamtstatistischen Ergebnis, dass ältere Verkehrsteilnehmer kein erhöhtes Risiko im Straßenverkehr darstellen und überwiegend mehr Opfer als Verursacher sind", erklärt Gutberlet.

Er fährt fort: "Gleichwohl sehen wir vor dem Hintergrund des demografischen Wandels die Notwendigkeit, geeignete Maßnahmen zu finden, um dem erhöhten Risiko des höheren Seniorenalters zu begegnen." Die Allianz wird deshalb in Zukunft im wissenschaftlichen Expertenkreis weiterforschen, um Maßnahmen für die älteren Menschen zu entwickeln, die Schwächen und Schwierigkeiten in ihrer Mobilität beklagen.

Christoph Lauterwasser, Geschäftsführer der AZT Automotive GmbH, erklärt: "Die Studie soll dazu beitragen, die Senioren hinsichtlich ihrer individuellen Risikosituation zu sensibilisieren und zielgerichtetes Risikomanagement anzustoßen." Sie zeige Handlungsbedarf bezüglich der Sicherheit von Senioren als Fußgänger, als Radfahrer wie auch als Insassen von Pkws. Im Bezug auf Pkw-Fahrer zeigt die Analyse, dass besonders Senioren von modernen Fahrerassistenzsystemen, beispielsweise dem Parkassistenten oder der derzeit noch in der Erprobung befindlichen aktiven Gefahrenbremsung, profitieren können.

Wie in Deutschland werden auch in allen anderen Mitgliedsländern der Europäischen Gemeinschaft die Bevölkerungsanteile der Senioren erheblich ansteigen, vor allem in Osteuropa. Nach Erkenntnissen des European Transport Safety Council (ETSC), das sich im Rahmen dieser Studie im Auftrag der Allianz mit der europäischen Perspektive befasst hat, ist davon auszugehen, dass in der EU im Jahr 2050 jeder dritte im Straßenverkehr tödlich Verunglückte 65 Jahre und älter sein wird. Die AZT Automotive GmbH, Allianz Zentrum für Technik, ist Unterzeichner der Europäischen Charta für die Straßenverkehrssicherheit. In dieser Eigenschaft betreibt das AZT systematische Unfallforschung, um wirksame Sicherheitsmaßnahmen abzuleiten.


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