Covid Baby Bust: Der Silberstreif am Horizont

„Es wird Babys geben“, sagten sie. „Überall sind die Kindergärten voller neuer Babys, wegen der Coronavirus-Pandemie und des Lockdowns.“

Zumindest oberflächlich betrachtet machte das Sinn. Die Menschen in Ländern mit hohem Einkommen waren länger zusammen zu Hause, ohne die Ablenkung durch Bars und Restaurants, Reisen, Einkaufen, Kinos oder sogar das Büro. Wie könnten sie da anders, als mehr Kinder zu bekommen?

Doch mit den schwindenden Erwartungen an den Covid-Babyboom, verflüchtigten sich auch die Hoffnungen auf eine - wenn auch nur vorübergehende - Abkehr vom langjährigen Trend sinkender Geburtenraten in den Industrieländern - und von der weltweiten Überalterung der Bevölkerung. 

Auf gesellschaftlicher Ebene ist dies nicht unbedingt die Nachricht, die wir hören wollen. Auf individueller Ebene jedoch könnte der Aufschub der Mutterschaft Frauen die Möglichkeit geben, sich auf ihre Ausbildung und ihre Karriere zu konzentrieren, bevor sie eine Familie gründen, was wiederum die Rentenlücke zwischen Männern und Frauen verringern würde. 

Geburtsschmerzen

Seit 1956 ist die Zahl der Neugeborenen pro Jahr in den entwickelten Regionen rückläufig - von rund 19,1 Millionen auf 13,2 Millionen im Jahr 2020. In den USA ist die Geburtenrate seit sechs Jahren in Folge gesunken und hat im vergangenen Jahr den niedrigsten Stand seit 1979 erreicht. 

Während die Geburtenzahlen sinken, steigt das Alter der Erstgebärenden an. Im Jahr 1960 war eine Mutter in Deutschland durchschnittlich 25 Jahre alt, als sie ihr erstes Kind bekam - im Jahr 2019 war sie knapp über 30. Ähnliche Entwicklungen sind weltweit zu beobachten, auch in Japan, das mit einem Durchschnittsalter von 30,7 Jahren zu den Ländern mit den ältesten Erstgebärenden gehört. 

Auch der Anteil der Mütter, die 40 Jahre oder älter sind, hat zugenommen. Im Jahr 2019 wurden 5,4 Prozent aller Neugeborenen in der Europäischen Union von Müttern geboren, die 40 Jahre oder älter waren. In einigen Ländern wie Spanien ist der Trend sogar noch ausgeprägter: Fast 10 Prozent der Babys wurden 2019 von Frauen geboren, die 40 Jahre und älter waren - zwanzig Jahre zuvor lag die Zahl bei nur 2,4 Prozent. 

Zahl der Geburten in stärker entwickelten Regionen (in Millionen)

Quelle: UN Population Division, World Population Prospects 2019.

Nicht jeder späte Start in die Mutterschaft ist eine bewusste Entscheidung. Viele Faktoren spielen eine Rolle: das Fehlen eines geeigneten Partners, instabile Beziehungen oder die finanzielle Situation, Fortschritte in der Reproduktionsmedizin, ein höheres Bildungsniveau und der Wunsch, vor der Familiengründung Karriere zu machen. Jüngste Forschungen in den USA scheinen dies zu bestätigen: In Regionen mit starkem Wirtschaftswachstum ist der Rückgang der Geburtenraten viel ausgeprägter als in wirtschaftlich stagnierenden Gebieten. 

Covid hat das Feuer nicht entzündet, aber es könnte die bestehenden Trends sinkender Geburtenraten und damit alternder Gesellschaften verschärft haben. 

Die erfreuliche Seite dabei ist jedoch die potenziell positive Wirkung auf die Einkommens- und Vermögenssituation von Frauen.

Achtung, Rentenlücke!

In der Europäischen Union lag die durchschnittliche Rente für Frauen über 65 Jahre im Jahr 2019 um 29,4 Prozent unter der Rente, die Männer derselben Altersgruppe erhielten. Das Gefälle reichte von 2 Prozent in Estland bis 44,2 Prozent in Luxemburg. In Japan und den USA sind die geschlechtsspezifischen Rentenunterschiede mit 47,4 Prozent bzw. 33,7 Prozent noch größer. 

Eine höhere Erwerbsbeteiligung von Frauen verringert zwar die Kluft, aber Frauen sind in der Teilzeitarbeit weiterhin überrepräsentiert. Im Jahr 2020 arbeiteten 28,3 Prozent aller erwerbstätigen Frauen in der EU in Teilzeit oder hatten befristete Verträge; bei den Männern waren es nur 6 Prozent. Die Niederlande melden die höchsten Zahlen: mehr als zwei Drittel aller erwerbstätigen Frauen und etwa ein Fünftel aller erwerbstätigen Männer arbeiten in Teilzeit. Dies ist insofern von Bedeutung, als Teilzeitbeschäftigte oder Beschäftigte, deren Löhne unter bestimmten Einkommensgrenzen liegen, häufig nicht in die betriebliche Altersversorgung einbezogen werden.

Kombiniert man diese weit verbreitete Teilzeitarbeit mit den anhaltenden Einkommensunterschieden, mit der Tatsache, dass es meist Frauen sind, die ihre berufliche Laufbahn wegen der Kindererziehung unterbrechen, und mit dem geschlechtsspezifischen Unterschied in der Finanzkompetenz, auf den die jüngste Allianz-Studie hinweist, dann wird das ausgeprägte Gefälle bei den Renteneinkommen in den meisten europäischen Ländern wohl vorerst bestehen bleiben. 

Gender Pension Gap 2019 und 2010 (in Prozent)

Quelle: Eurostat, OECD (aktuellste verfügbare Zahlen) und Allianz Research.

Erschwerend kommt hinzu, dass Frauen oft im Unklaren über ihre eigene Altersvorsorge sind. In einer aktuellen Studie der Allianz Deutschland wussten 59 Prozent der Befragten weder die Höhe ihrer künftigen Rentenzahlungen noch hatten sie einen Überblick über mögliche weitere Einkünfte. Nur 43 Prozent rechneten damit, dass ihr Lebensstandard im Ruhestand leicht oder stark sinken würde, und satte 80 Prozent wussten überhaupt nicht, dass es eine Rentenlücke gibt. 

Was die Situation für Frauen noch verschlimmert, ist die finanzielle Bildung. Eine kürzlich von der Allianz durchgeführte Umfrage zur finanziellen Bildung zeigte in allen untersuchten Ländern eine enorme Kluft zwischen den Geschlechtern: Während 36,4 Prozent aller männlichen Befragten alle Fragen zur Risikokompetenz richtig beantworteten, waren es nur 20,7 Prozent ihrer weiblichen Altersgenossen. 

„Es gibt kaum Unterschiede zwischen Männern und Frauen, wenn es um das Wissen über die künftige Rentenhöhe geht“, sagt Laura Gersch, Vorstand für Firmenkunden und Personal bei Allianz Leben. „Die Auswirkungen dieser Unwissenheit sind jedoch gravierend. Männer haben viel häufiger eine ununterbrochene Erwerbsbiografie. Dadurch zahlen sie nicht nur stabiler in die gesetzliche Rentenversicherung ein, sie profitieren auch mehr von der betrieblichen Altersvorsorge und schließen häufiger private Rentenverträge für sich ab.“

Zusammengefasst: Während der Aufschub der Mutterschaft die ohnehin schnell alternden Gesellschaften vor weitere Herausforderungen stellen könnte, kann er sich auf individueller Ebene möglicherweise positiv auf die Einkommens- und Vermögenssituation von Frauen auswirken. 

Weitere Anstrengungen, wie die Erleichterung des Zugangs zu Zusatzrentensystemen und die Verbesserung der Finanzkompetenz von Frauen, könnten langfristig dazu beitragen, Einkommens- und Rentenlücken zu schließen.

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** Stand: 30. Juni 2023
*** Wie angegeben - nicht angepasst, um die Anwendung von IFRS 9 und IFRS 17 widerzuspiegeln.

Pressekontakte

Siân Taylor
Allianz SE

 

Dr. Lorenz Weimann
Allianz SE

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