Das Jahr ohne Gewinner

2018 war ein Jahr mit herben Verlusten. Wir mussten uns von großen Persönlichkeiten wie Stephen Hawking, Aretha Franklin, George Bush Senior, Kofi Annan und Stan Lee verabschieden, um nur einige zu nennen.

Als ob diese Verluste nicht schlimm genug wären, war das vergangene Jahr auch von finanziellen Rückschlägen geprägt.

Zum ersten Mal seit der Krise im Jahr 2008 ist das Vermögen der Haushalte weltweit gesunken, inmitten politischer Unsicherheit und der zunehmenden Furcht vor einem globalen Handelskrieg, so der jüngste Allianz Global Wealth Report.

Die Analyse von 53 Ländern ergab einen Rückgang des Bruttogeldvermögens um 0,1 Prozent im Jahr 2018, eine kleine, aber vielsagende Zahl, wenn man den absoluten Verlust betrachtet - 254 Milliarden Euro! 

Doch der Teufel lauert zudem im Detail. Zum ersten Mal in diesem Jahrhundert verloren sowohl Industrie- als auch Schwellenländer gleichzeitig an Vermögen.

Als sich im vergangenen Jahr der Handelskrieg mit den USA verschärfte, ging das private Geldvermögen in China um 3,4 Prozent zurück und drückte das gesamten Vermögen der Schwellenländer um 0,4 Prozent ins Minus, gegenüber 0,1 Prozent in den Industrienationen.

Das Schließen der Vermögenslücke zwischen reichen und armen Nationen ist ebenso ins Stocken geraten wie das Wachstum der globalen Mittelschicht, so der Bericht.

"Die zunehmende Unsicherheit fordert ihren Tribut", sagte Allianz Chefvolkswirt Michael Heise. "Handel ist kein Nullsummenspiel. Entweder es sind alle auf der Gewinnerseite - wie in den Jahren zuvor - oder auf der Verliererseite - wie im vergangenen Jahr. Aggressiver Protektionismus kennt keine Gewinner."

Höhere Sparanstrengungen

In der Not wächst die Vorsicht.

Politische und wirtschaftliche Unsicherheit führte dazu, dass Haushalte ihr Vermögen fest im Blick behielten und ihre Sparanstrengungen global um satte 22 Prozent auf ein Rekordhoch von über 2,7 Billionen Euro steigerten.

Hätten die Aktienmärkte mitgespielt, wäre das gesamte Geldvermögen um 2 Prozent gestiegen. Leider ging aber die Hassliebe zwischen den USA und China als auch das Brexit-Drama nicht spurlos an den Aktienmärkten vorbei. Die Börsen verloren 2018 global rund 12 Prozent. Die  privaten Haushalte hat der Kursverfall der Aktien im letzten Jahr rund 3 Billionen Euro gekostet.

Überraschenderweise waren die Sparhelden die Amerikaner - eine Bevölkerung, die eher für ihren großzügigen Umgang mit Geld bekannt ist.

Die Sparanstrengungen der Amerikaner stiegen um 46 Prozent auf 1,8 Billionen Euro und machten im vergangenen Jahr zwei Drittel der frischen Spargelder  in der industrialisierten Welt aus. Jeden Cent, den die US-Steuerreform mit sich brachte, haben die Amerikaner offenbar gleich wieder investiert.

Langfristige Investitionen scheinen jedoch an Attraktivität verloren zu haben. Geldanlagen in Versicherungen und Pensionen machten 2018 nur ein Viertel der gesamten neuen Sparguthaben aus, verglichen mit fast der Hälfte vor und unmittelbar nach der Krise.

Während die Amerikaner vor allem in die Kapitalmärkte investierten, ging der Rest der Welt weiterhin auf Nummer sicher und parkte sein Geld zum achten Mal in Folge vornehmlich in Bankguthaben.

"Es ist ein paradoxes Sparverhalten", sagt die Allianz Ökonomin Michaela Grimm. "Viele Menschen sparen mehr, weil sie im Ruhestand ein längeres und aktiveres Leben erwarten. Gleichzeitig meiden sie genau die Produkte, die einen effektiven Altersschutz bieten, nämlich Lebensversicherungen und Pensionen. Die Welt braucht in erster Linie langfristige Sparer und Investoren, um sich den anstehenden Herausforderungen zu stellen."

Schulden hoch, aber stabil

Die privaten Haushalte lebten 2018 auch weiterhin von geliehenem Geld, aber das Schuldenwachstum verlangsamte sich leicht auf 5,7 Prozent von 6,0 Prozent im Vorjahr.

Die Gesamtverschuldungsquote - die Verschuldung der Haushalte in Prozent der Wirtschaftsleistung - war jedoch mit etwas mehr als 65 Prozent stabil.

Ein Ausreißer war Asien, Japan ausgenommen. Die Schuldenquote setzte ihren rasanten Aufwärtstrend in der Region fort - ein besorgniserregender Trend der letzten drei Jahre, der an die Ereignisse in den USA vor der Subprime-Krise erinnert. In China lag die Schuldenquote mit 54 Prozent etwas höher als die 52,4 Prozent für die gesamte Region. 

In der Mitte stecken geblieben

Zum ersten Mal seit über einem Jahrzehnt konnte die globale Vermögensmittelschicht keine neuen Mitglieder dazu gewinnen. Zum Jahresende2018 zählten rund 1.040 Millionen Menschen zur globalen Mittelschicht, fast unverändert gegenüber dem Jahresende 2017.

Der Stillstand ist keine große Überraschung, da die Entstehung der neuen globalen Vermögensmittelschicht maßgeblich von Chinas Aufstieg getrieben wurde. Fast die Hälfte der Mitglieder dieser Schicht - und ein Viertel der Oberschicht - kommen aus dem Land.

Der Allianz-Volkswirt Arne Holzhausen sieht das Glas jedoch als halbvoll an. "Es gibt noch viele Möglichkeiten für globalen Wohlstand. Hätten andere bevölkerungsreiche Länder wie Brasilien, Russland, Indonesien und insbesondere Indien eine mit China vergleichbare Höhe und Verteilung des Vermögens gehabt, würde die globale Mittelschicht um rund 350 Millionen Menschen und die globale Vermögensoberschicht um rund 200 Millionen Menschen wachsen." Wenn dies geschieht, so Holzhausen weiter, würde das weltweite Vermögen auch ein wenig gleichmäßiger verteilt werden.

Ende 2018 besaßen die reichsten 10 Prozent der Weltbevölkerung rund 82 Prozent des globalen Vermögens. "Die Infragestellung von Globalisierung und Freihandel beraubt heute Millionen von Menschen auf der ganzen Welt ihrer Aufstiegschancen", fügt er hinzu.

Dennoch stellt sich die Situation heute viel besser dar als zu Beginn des Jahrhunderts. 

Die große Kluft

Die letzten zwei Jahrzehnte stimmten die Kämpfer für eine gleichmäßigere Vermögensverteilung glücklich. Die Kluft zwischen Arm und Reich verringerte sich, vorangetrieben vom großen Fortschritt bei dem Einkommen in den Schwellenländern.

Doch 2017 und 2018 gab es die ersten Stolpersteine auf dem Weg zu mehr  Wohlstand. Die Vermögen in den Schwellenländern wuchsen langsamer als in den entwickelten Märkten; ihr Anteil am globalen Vermögen verharrte bei rund 18 Prozent. 

Der Reichste von allen

In diesem tristen Umfeld fragt man sich, wer wohl der reichste war im letzten Jahr? Es ist „Uncle Sam“!

Die USA holten sich den ersten Platz auf der Liste der reichsten Länder zurück und verwiesen die Schweizer auf die zweite Position. In den letzten zwei Jahrzehnten waren Italien, Frankreich und Belgien die größten Verlierer in der Rangliste, während Singapur, Taiwan, Schweden, Australien und Südkorea die größten Gewinner waren.

Deutschland hat seine Position mehr oder weniger behauptet.

Nordamerika blieb mit einem durchschnittlichen Pro-Kopf-Vermögen von 173.850 Euro nach Berücksichtigung der Schulden die reichste Region der Welt. Dagegen war Osteuropa mit einem Pro-Kopf-Einkommen von 4.430 Euro die ärmste Region.

Für einen vollständigen Überblick über die Entwicklung der Geldvermögen im vergangenen Jahr, klicken Sie auf den aktuellen Allianz Global Wealth Report
Die Allianz Gruppe zählt zu den weltweit führenden Versicherern und Asset Managern und betreut rund 125 Millionen* Privat- und Unternehmenskunden in knapp 70 Ländern. Versicherungskunden der Allianz nutzen ein breites Angebot von der Sach-, Lebens- und Krankenversicherung über Assistance-Dienstleistungen und Kreditversicherung bis hin zur Industrieversicherung. Die Allianz ist einer der weltweit größten Investoren und betreut im Auftrag ihrer Versicherungskunden ein Investmentportfolio von etwa 737 Milliarden Euro**. Zudem verwalten unsere Asset Manager PIMCO und Allianz Global Investors etwa 1,7 Billionen Euro** für Dritte. Mit unserer systematischen Integration von ökologischen und sozialen Kriterien in unsere Geschäftsprozesse und Investitionsentscheidungen sind wir unter den führenden Versicherern im Dow Jones Sustainability Index. 2023 erwirtschafteten über 157.000 Mitarbeiter für den Konzern einen Umsatz von 161,7 Milliarden Euro und erzielten ein operatives Ergebnis von 14,7 Milliarden Euro.
* Einschließlich nicht konsolidierter Einheiten mit Allianz Kunden.
** Stand: 31. Dezember 2023

Pressekontakte

Dr. Lorenz Weimann
Allianz SE
Diese Aussagen stehen, wie immer, unter unserem Vorbehalt bei Zukunftsaussagen:

Weitere Informationen

Allianz veröffentlicht neuen Online-Kompass für den Weg zur Klimaneutralität

Allianz SAMEpath zeigt die erforderlichen Emissionsreduktionen und Investitionsvolumina zur Erfüllung der eingegangenen Klimaverpflichtungen • Der Kompass analysiert Entwicklungen und potenzielle Übergangsrisiken für Sektoren und Länder unter verschiedenen Klimaszenarien • SAMEpath vereinigt bestehende Daten, Modelle und Szenarien in einer einfachen Übersicht

Die Kluft überbrücken: Offenlegung der wirtschaftlichen Spaltung zwischen den USA und der Eurozone

Der jüngste Bericht von Allianz Research beleuchtet die wachsende wirtschaftliche Kluft zwischen den USA und der Eurozone und zeigt erhebliche Unterschiede bei Wachstum und Innovation seit der Einführung des Euro im Jahr 1999 auf. Diese Spaltung hat sich nicht nur vergrößert, sondern auch kritische Fragen über die Zukunft der wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit und Innovation in diesen Regionen aufgeworfen.

Investing in a changing climate

Dieser Artikel ist nur auf Englisch verfügbar. Er wird hier aufgenommen, um sicherzustellen, dass alle auf allianz.com veröffentlichten Inhalte auch für unsere deutschen Leser zugänglich sind. Ludovic Subran, Chief Economist and Head of Economic Research at Allianz, and Markus Zimmer, Senior Economist for Sustainability at Allianz, Research, recently released Investing in a Changing Climate: Navigating Challenges and Opportunities. An important book, it aims to guide investors and policymakers through the complexities of investing in a world grappling with runaway climate change and to identify the best solutions for effectively addressing these challenges.