Vermögensboom setzt sich fort

 

Die Allianz hat heute die aktuelle Ausgabe ihres „Global Wealth Reports“ vorgestellt, der die Vermögens- und Schuldenlage der privaten Haushalte in über 50 Ländern analysiert. 2014 ist die globale Vermögensentwicklung durch drei Ereignisse gekennzeichnet: Das globale Netto-Geldvermögen der privaten Haushalte überstieg 100 Billionen Euro, Chinas privates Vermögen übertraf dasjenige Japans und mehr als eine Milliarde Menschen gehörten zur globalen Vermögensmittelklasse. Im Detail:

 

2014 erzielte das globale Brutto-Geldvermögen der privaten Haushalte eine Zuwachsrate von 7,1%; das robuste Wachstum der Vorjahre setzte sich damit mit nur leichten Abstrichen fort. Getragen wird dieses Wachstum zunehmend von gesteigerten Sparanstrengungen; in Asien und Amerika gaben auch die Aktienmärkte weiter Rückenwind. Rund um den Globus summierte sich der Brutto-Vermögensbestand auf ein neues Rekordniveau von EUR 136 Billionen. Damit übertrifft das Vermögen der privaten Haushalte den Wert aller weltweit an einer Börse gelisteten Unternehmen sowie sämtlicher Staatsschulden. „Viele Beobachter werden diese Zahl als Beleg für die viel beschworene Ersparnisflut interpretieren“, sagte Michael Heise, Chefvolkswirt der Allianz. „Doch das ist die falsche Perspektive. Viel zu viele Haushalte sparen angesichts der sehr niedrigen Zinsen immer noch zu wenig, um ihre Altersversorgung abzusichern. Die Politik sollte daher nicht versuchen, Ersparnis zurückzudrängen, sondern Möglichkeiten und Anreize für eine steigende Kapitalnachfrage schaffen; an Herausforderungen und Investitionsmöglichkeiten sollte es in unserer heutigen Welt nicht mangeln, die Stichworte heißen Klimawandel, Armut und Migration, Digitalisierung und Infrastruktur.“

 

Langsamer als die Vermögen kletterten 2014 die Verbindlichkeiten der privaten Haushalte, nämlich weltweit um 4,3% auf insgesamt EUR 35 Billionen. Damit erreichte der globale Schuldenzuwachs im vergangenen Jahr den höchsten Wert seit Ausbruch der Krise. Aus der Differenz von Brutto-Geldvermögen und Verbindlichkeiten errechnet sich das Netto-Geldvermögen, das Ende 2014 ein neues Rekordhoch von über EUR 100 Billionen weltweit erreichte. Dies bedeutet ein Plus von 8,1% gegenüber dem Vorjahr.

 

Wie in den Vorjahren war auch 2014 das regionale Vermögenswachstum sehr unterschiedlich. Unangefochtener Wachstumsspitzenreiter blieb dabei die Region Asien (ex Japan), in der das Netto-Geldvermögen 2014 mit 18,2% zulegte. Angetrieben wurde dieses Wachstum auch vom rasanten (und teilweise nicht nachhaltigen) Anstieg des Wertpapiervermögens, insbesondere in China. In den beiden anderen aufstrebenden Regionen, Lateinamerika und Osteuropa, verlief die Entwicklung dagegen deutlich verhaltener: Das Netto-Geldvermögen erhöhte sich nur um 4,2% (Lateinamerika) bzw. 8,6% (Osteuropa). Erfreulich aus europäischer Perspektive: 2014 konnte der Euroraum erstmals seit der Finanzkrise wieder ein höheres Wachstum als Nordamerika verbuchen. Das kräftige Plus von 6,2% (gegenüber 5,3% in Nordamerika) verdankte sich dabei hauptsächlich der fortgesetzten „Schuldendisziplin“: In vielen Ländern setzte sich auch 2014 der Abbau der Schulden fort.
 

Wegen Asien verschieben sich die Verhältnisse auf der Vermögensweltkarte
 

Das dauerhaft hohe Wachstum in Asien führt auch zu einer Verschiebung der Gewichte auf der Vermögensweltkarte. Auf die Region Asien (ex Japan) entfielen 2014 gut 16% des globalen Geldvermögens (sowohl in Brutto- wie Netto-Betrachtung). Dies bedeutet gegenüber 2013 ein Plus von 1,4 Prozentpunkten, seit dem Jahr 2000 hat sich der Anteil dieser Region mehr als verdreifacht. Im letzten Jahr wurde in diesem Aufholprozess zudem eine wichtige Wegmarke passiert: Das gesamte Brutto-Geldvermögen Chinas übertraf Ende 2014 erstmals dasjenige Japans. „Die Vermögensentwicklung in Asien, insbesondere in China, verlief in den letzten Jahren wirklich äußerst positiv“, kommentierte Heise. „Eine Wachstumsverlangsamung, wie wir sie derzeit erleben, ist nicht beunruhigend. Der Aufholprozess Chinas ist damit keineswegs zu Ende, China ist heute ein anderes, viel wohlhabenderes Land als noch vor fünf oder zehn Jahren. Die positiven Wachstumsimpulse, die von dort auf unsere Wirtschaft und Finanzmärkte ausgehen, sind daher immer noch gewaltig.“

Allianz Global Wealth Report:  Vermögensboom setzt sich fort

Die zunehmende Bedeutung Asiens wird auch in anderer Perspektive deutlich. Im letzten Jahr hat die Zahl der Menschen, die im globalen Maßstab über ein mittleres Vermögen verfügen, erstmals die Marke von einer Milliarde überschritten.[1] Seit 2000 sind nahezu 600 Millionen Menschen aus dem Bereich „Low Wealth“ in die globale Vermögensmittelklasse aufgestiegen. Insgesamt hat sich die Zahl der Mitglieder dieser Klasse seit der Jahrtausendwende verdreifacht. Allerdings konzentriert sich diese Dynamik vornehmlich auf eine Region bzw. sogar hauptsächlich auf ein Land: China. Mittlerweile rekrutieren sich etwa zwei Drittel der globalen Vermögensmittelklasse aus Asien – und 85% davon stammen aus China. Seit Jahrtausendbeginn hat sich damit die Bevölkerung mit mittlerem Vermögen in Asien nahezu verzehnfacht. „Diese Entwicklung unterstreicht den im globalen Maßstab inklusiven Charakter des Vermögenswachstums, immer mehr Menschen können am globalen Wohlstand partizipieren“, kommentierte Heise.

 

In Deutschland wuchs das Brutto-Geldvermögen im vergangenen Jahr solide, um 4,2%, damit aber wiederum langsamer als der europäische Durchschnitt. Angesichts der immer noch höchsten Sparquote in Europa ist diese Entwicklung eher enttäuschend, sie spiegelt das unverändert vorsichtige, eher risiko-averse Sparverhalten der deutschen Haushalte wider. Dies schlägt sich auch in der Rangliste der 20 reichsten Länder (Geldvermögen pro Kopf, s. Tabelle) nieder: Mit Blick auf die Netto-Vermögen konnte Deutschland seinen (mittleren) 18. Platz (EUR 44.770) seit dem Jahr 2000 zwar verteidigen, bei den Brutto-Vermögen fiel es im selben Zeitraum jedoch um vier Plätze auf den 19. Rang (EUR 64.510) zurück.
 

Deutsche Haushalte: Risikoaverses Sparverhalten
 

Damit reiht sich Deutschland ins enttäuschende Abschneiden der übrigen Euroländer ein: Belgien verlor ebenfalls vier Plätze, Frankreich fünf und Italien gar elf Plätze; einen ähnlich großen Rückschlag musste sonst nur noch Japan hinnehmen, auch aufgrund des schwächeren Yen. Die großen Aufsteiger in der Rangliste sind dagegen – neben Australien und Taiwan – die skandinavischen Länder: Schweden plus sieben, Norwegen plus sechs und Dänemark plus vier Plätze. Unter den Euroländern konnten sich allein die Niederlande verbessern. Unverändert seit 2000 an der Spitze der Rangliste stehen die Schweiz und die USA. „Solche Ranglisten sollten sicher nicht überbewertet werden“, so Heise. „Die Verschiebungen über die längere Frist sprechen dennoch eine deutliche Sprache: Die Eurokrise hat dem privaten Vermögensaufbau deutlich geschadet, mittlerweile gibt es unter den Top 10 nur noch zwei Euroländer.“

 

Die direkten Einkommenseffekte der Niedrigzinspolitik der EZB sind von Land zu Land sehr unterschiedlich. Die privaten Haushalte im Euroraum profitieren dabei insgesamt durch niedrigere Zinsen für Kredite stärker als sie auf der anderen Seite durch die niedrigere Verzinsung von Bankeinlagen verlieren: In den letzten sechs Jahren (2010 bis einschließlich 2015) beliefen sich die kumulativen „Gewinne“ auf 130 Mrd. Euro (1,4 Prozent des BIP) oder 400 Euro pro Kopf. Am besten schnitten dabei die privaten Haushalte der Peripherieländer wie Portugal, Griechenland und Spanien ab: Seit 2010 übersteigen in all diesen Ländern die kumulativen „Zinsgewinne“ 1.200 Euro pro Kopf; in Portugal und Griechenland erreichen sie etwa 12 Prozent des BIP, in Spanien noch 6 Prozent. Deutschland hingegen gehört (mit Belgien und der Slowakei) zu den Verlierern: die deutschen Haushalte mussten in den letzten sechs Jahren durchweg „Verluste“ in Kauf nehmen, in kumulierter Höhe von insgesamt 367 Euro pro Kopf oder 29,8 Mrd. Euro (1,1 Prozent des BIP). Effekte der Geldpolitik auf andere Vermögensklassen bleiben in dieser Rechnung unberücksichtigt.

USA sind die Ausnahme – wie so oft

 

Aber auch ohne den direkten Einfluss der Geldpolitik stellt sich die Vermögensverteilung in den einzelnen Ländern sehr heterogen dar. Dazu haben wir in diesem Bericht erstmals für jedes Land einen Gini-Koeffizienten berechnet, und zwar jeweils für die Vergangenheit (Zeitraum um 2000) und heute. Dabei zeigt sich, dass die Zahl der Länder, in denen sich der Gini-Koeffizient eher „verbessert“ hat (d.h. eine stärkere Gleichverteilung anzeigt) ungefähr derjenigen entspricht, in denen sich der Gini-Koeffizient eher verschlechtert hat. Gerade für die entwickelten Länder trifft dies allerdings nicht zu, die Mehrzahl der Länder erlebte hier in den vergangenen Jahren eine teils deutliche Zunahme der Ungleichverteilung. An erster Stelle stehen dabei die USA, in keinem anderen Land hat die Ungleichheit im betrachteten Zeitraum so stark zugenommen. Die USA weisen mit 80,6 den höchsten Gini-Koeffizienten auf. Der Wert für Deutschland liegt bei 73,3 – und damit deutlich über dem Durchschnitt der entwickelten Länder (64,6). Neben den USA weisen nur noch Schweden, Großbritannien und Österreich einen höheren Wert auf. Die Vermögensverteilung hat sich in Deutschland in der letzten Dekade jedoch kaum verändert. „Die Ungleichverteilung in Deutschland erscheint auf den ersten Blick hoch, spiegelt aber vor allem das nach wie vor herrschende Ost-West-Gefälle wider. Beunruhigend ist dagegen die Situation in den USA. Unsere Berechnungen legen aber auch nahe: Wie so oft stellen die USA eher die Ausnahme dar. Durch die Dominanz der angelsächsischen Ökonomen in der Debatte geht dieser Umstand leider oft verloren, die Verhältnisse in den USA werden mit dem Zustand der übrigen Welt gleichgesetzt; zum Glück trifft dies in diesem Fall aber nicht zu“, so Heise.



 

[1] Wie in den Vorjahren teilt der „Allianz Global Wealth Report“ die Vermögensbesitzer in drei globale Vermögensklassen auf. Die globale Vermögensmittelklasse umfasst dabei alle Personen mit einem Netto-Vermögen zwischen 6.100 und 36.700 Euro.

Höchster Schuldenzuwachs seit der Krise
Höchster Schuldenzuwachs seit der Krise

Top 20 im Jahr 2014 nach…
 

...Netto-Geldvermögen pro Kopf

in EUR J/J in % Rang 2000
#1 Schweiz 157.450 5,7 1
#2 USA 138.710 4,2 2
#3 Großbritannien 86.230 16,9 4
#4 Belgien 84.770 3,1 3
#5 Schweden 82.930 16,9 12
#6 Niederlande 78.060 21,3 8
#7 Kanada 76.510 9,7 7
#8 Japan 73.550 3,5 5
#9 Singapur 73.330 4,9 14
#10 Taiwan 72.640 7,6 17
#11 Dänemark 72.310 16,3 11
#12 Neuseeland 65.650 3,6 10
#13 Israel 58.910 11,4 13
#14 Australien 53.800 8,2 19
#15 Frankreich 50.770 3,1 9
#16 Italien 49.420 3,4 6
#17 Österreich 48.420 2,9 16
#18 Deutschland 44.770 5,2 18
#19 Irland 43.030 20,7 15
#20 Finnland 25.060 1,4 21

Top 20 im Jahr 2014 nach…
 

...Brutto-Geldvermögen pro Kopf

in EUR J/J in % Rang 200
#1 Schweiz 238.310 4,6 1
#2 USA 175.010 3,7 2
#3 Dänemark 135.830 8,1 7
#4 Niederlande 126.700 12,0 6
#5 Großbritannien 120.370 12,4 4
#6 Schweden 120.240 12,8 13
#7 Kanada 114.680 7,7 8
#8 Australien 113.660 6,9 14
#9 Belgien 107.020 3,5 5
#10 Singapur 106.620 4,4 10
#11 Japan 94.980 3,3 3
#12 Taiwan 88.160 6,9 18
#13 Neuseeland 87.320 3,6 16
#14 Norwegen 86.110 6,5 20
#15 Irland 78.960 6,6 12
#16 Frankreich 72.370 2,4 11
#17 Israel 70.660 10,2 19
#18 Österreich 68.050 2,2 17
#19 Deutschland 64.510 3,8 15
#20 Italien 64.420 2,5 9

Diese Aussagen stehen, wie immer, unter unserem Vorbehalt bei Zukunftsaussagen:

 

Dr. Lorenz Weimann
Allianz SE
Tel.: +49 69 24431-3737
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