Supersturm Haiyan: Ist der Klimawandel schuld?

Mit Taifun Haiyan hat in Südost-Asien einer der gewaltigsten Stürme aller Zeiten gewütet. Millionen Menschen sind betroffen. Nun stellen viele Medien die Frage, ob die Klimaerwärmung schuld an der Naturkatastrophe ist. Allianz-Meteorologe Dr. Stowasser erklärt, wie es zu einem derartigen Supersturm kommen kann, wie viel Schuld auf die Klimaerwärmung trifft und warum es mit den Philippinen gerade eine der ärmsten und am schlechtesten versicherten Regionen der Welt trifft.   

 

Haiyan verdeutlicht die Zerstörungskraft von Taifunen. Werden diese Superstürme durch den Menschen verursacht? Trägt der Klimawandel die Schuld an solchen Katastrophen?
 

Der menschengemachte Treibhauseffekt führte zu einem klaren Anstieg der Temperaturen an der Meeresoberfläche, und genau diese heizen Tropenstürme an. Global jedoch lässt sich nicht mit Sicherheit sagen, dass die Veränderungen der tropischen Zyklonaktivität auf menschliche Einflüsse zurückzuführen sind. Naturgemäß variiert das Klimasystem stark und auch die Beobachtungstechniken haben sich verändert. Temperaturen beeinflussen Wirbelstürme genauso wie Scherwinde, Strömungen und der Aerosolgehalt der Atmosphäre. Im nordatlantischen Raum zeigen beispielsweise Studien, dass ein Rückgang des Aerosolgehalts zumindest zum Teil zum verstärkten Auftreten von tropischen Zyklonen in der Region seit den 70er Jahren beigetragen hat. Laut dem letzten IPCC Bericht deuten klimamodellgestützte Prognosen für das 21. Jahrhundert darauf hin, dass die globale Häufigkeit von Tropenstürmen entweder abnehmen oder unverändert bleiben wird. Dabei bleibt wahrscheinlich, dass die maximale Windgeschwindigkeit von tropischen Zyklonen zunimmt, und dass mehr Regen fallen wird.
 

In der Presse und von Politikern wird dieser Taifun mitunter als unmittelbare Botschaft an die Klimakonferenz dargestellt, die aktuell in Warschau stattfindet. Sehen Sie das auch so? 
 

Die meisten Studien deuten darauf hin, dass in Folge des Klimawandels häufiger mit extremen Wetterereignissen zu rechnen ist und dass sich deren Auswirkungen verstärken. Dies gilt insbesondere für zukünftige Hitzewellen, Dürreperioden und Starkregenereignisse. Beispielsweise prognostiziert eine Studie des Gesamtverbands der deutschen Versicherungswirtschaft eine potenzielle Verdoppelung der Schäden aufgrund von Hochwasser in Flüssen bis Ende dieses Jahrhunderts. Ein einzigartiges Ereignis wie der Supertaifun Haiyan ist zwar noch kein Beweis für den Klimawandel, erinnert uns aber deutlich an unsere Verantwortung für zukünftige Generationen.

Markus Stowasser: "Haiyan war zweifellos einer der stärksten, katastrophalsten Stürme, der je beobachtet wurde. Ob es jedoch der stärkste überhaupt war, muss noch untersucht werden."
Markus Stowasser: "Haiyan war zweifellos einer der stärksten, katastrophalsten Stürme, der je beobachtet wurde. Ob es jedoch der stärkste überhaupt war, muss noch untersucht werden." 
Eine zerstörte Holzhütte nach Supersturm Haiyat. Das Ausmaß der Zerstörung in den Philippinen ist noch nicht überschaubar.

Eine zerstörte Holzhütte nach Supersturm Haiyat. Das Ausmaß der Zerstörung in den Philippinen ist noch nicht überschaubar.

Berichten zufolge sind bis zu 2500 Menschen Haiyan, einem der stärksten Taifune überhaupt, zum Opfer gefallen. Welche Faktoren und Besonderheiten machten Haiyan so stark und verheerend?
 

Bei Haiyan kamen warme Temperaturen an der Meeresoberfläche und geringe Scherwinde zusammen, und genau diese Konstellation kann extrem starke Winde verursachen. Zusätzlich entstand eine fast fünf Meter hohe Sturmflut genau an der Küste, die sich massiv auf das Schadenvolumen in Asien auswirkte. Außerdem konnten die meisten Holzhäuser den Windgeschwindigkeiten, die wir bei Haiyan beobachteten, nicht standhalten. Es ist anzunehmen, dass diese Art von Gebäuden völlig zerstört worden sind. Haiyan war zweifellos einer der stärksten, katastrophalsten Stürme, der je beobachtet wurde. Ob es jedoch der stärkste überhaupt war, muss noch untersucht werden.
 

Nachdem Stürme auf Land treffen, verlieren sie entweder aufgrund der Wechselwirkungen mit der Topographie ihre Energie verlieren oder dauern weiter fort. Welchen Effekt hatte die Topographie der Philippinen auf Haiyan? Der Sturm ist über die Philippinen hinweggezogen und hat weiter gewütet. Warum?
 

Auch das war ungewöhnlich an diesem Sturm. Die Philippinen sind zwar relativ gebirgig, bilden aber keine zusammenhängende Landmasse - zwischen den Inseln liegt die See. Dennoch kam es nur zu geringfügigen Wechselwirkungen mit der Topographie. Auch nachdem er über die Inseln hinweggefegt war, war Haiyan immer noch ein Sturm der Kategorie 4 - das heißt, ein sehr starker Taifun. Durch die Topographie der Philippinen wurde er nur leicht abgeschwächt.
 

Das Gebiet, in dem Stürme am häufigsten auftreten, ist der westliche Nordpazifik. Wirkt sich das auf die Küste der Philippinen aus? Welche Bedrohung stellt dieses aktive Becken für die anliegenden Küstengebiete dar?
 

Die philippinischen Inseln befinden sich mitten im westlichen Nordpazifik, wo es am häufigsten zu Taifunen kommt. Daher ist es keineswegs ungewöhnlich, dass ein Taifun oder sogar ein Supertaifun auf die Philippinen trifft. Gerade jüngster Zeit gab es sogar besonders viele Wirbelstürme. Durchschnittlich treffen 4,3 Taifune pro Jahr auf Land. Die Menschen sind deshalb daran gewöhnt. Aber ein Sturm der Kategorie 5 wie Haiyan hat besonders verheerende Auswirkungen.
 

Wie gut sind die Philippinen als Region versichert?
 

Schätzungen zufolge liegt die Versicherungsrate bei rund zehn bis 20 Prozent in dieser Region. Das ist sehr niedrig. Ein Aspekt bei Katastrophen wie diesem Taifun ist, dass viele Entscheidungsträger die Risiken ernster nehmen und anfangen über Prävention und Bau-Gesetze nachzudenken. Erst dann wird mehr Versicherung möglich.

Was ein Hurricane im Atlantik ist, wird im Südpazifik oder im Indischen Ozean Taifun genannt. Da das sich das Pazifikwasser in den Sommermonaten deutlich stärker erwärmt, als das Wasser im Atlantik, ist die Zahl der Taifune deutlich höher, als die der Hurricanes. Im Durchschnitt bedarf es einer Temperatur von 26,5 Grad im Wasser. Dann nimmt die Spirale der Zerstörung ihren Anfang: Das Wasser verdampft in großer Menge und strömt nach oben. In den kalten Luftregionen weiter oben kühlt das Wasser ab, kondensiert und sammelt sich in großen Wolkenformationen. Unterhalb dieser Wolken entsteht ein Tiefdruckgebiet, Luft strömt hinterher und steigt nach oben. Durch die Drehung der Erde strömt sie nicht gleichmäßig, sondern in einem Wirbel nach oben, die typische Taifun- oder Hurricane-Bewegung entsteht.

Diese Aussagen stehen, wie immer, unter unserem Vorbehalt bei Zukunftsaussagen:

 

Christiane Merkel
Allianz SE
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Katerina Piro
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