Langfristiger Abwärtstrend bei Schiffsverlusten hält an, trotz Havarie der Costa Concordia

Seit der Havarie der Costa Concordia vor einem Jahr wurden weltweit 106 Schiffsverluste registriert (bis 25. Nov. 2012), so eine neue Studie der Allianz. Damit sanken 15 Schiffe mehr als im Vorjahreszeitraum mit 91 Schiffsunglücken. Gleichwohl liegt dieser Wert rund ein Drittel unter dem 10-Jahres-Durchschnitt von 146 Schiffsverlusten pro Jahr (2002 – 2012). Durch neue Technologien, bessere Ausbildung, fortschreitende Regulierung und Sicherheitsinitiativen der Branche sind Schiffsverluste seit langem rückläufig. Menschliches Versagen als Hauptursache für Seeunglücke bleibt jedoch weiterhin ein großes Problem.

Als Schifffahrts- und Transportversicherer der Allianz gibt die Allianz Global Corporate & Specialty (AGCS) in der aktuellen „Safety and Shipping Review“ einen Überblick, wie sich Schäden und Sicherheit in der Schifffahrt im vergangenen Jahr entwickelt haben. Das Jahr 2012 war von zwei großen Havarien bestimmt: der Strandung der Costa Concordia vor Italien am 13. Januar 2012 und dem Untergang der Fähre Rabaul Queen vor Papua New Guinea am 2. Februar 2012. Beide Unglücke kosteten zahlreiche Menschenleben. 

Auf „Schiffsuntergang“ sind rund die Hälfte (49 Prozent) der Schiffsverluste im vergangenen Jahr  zurückzuführen, gefolgt von „auf Grund laufen“ (22 Prozent). Kollisionen wie jene des Autotransporters Baltic Ace und des Containerfrachters Corvus J im Dezember 2012 sind dagegen mit nur 6 Prozent eine eher seltene Unglücksursache.

Schiffsunglücke ereigneten sich 2012 besonders häufig in Südchina, Indochina, Indonesien und den Philippinen – mit 30 Unglücken gab es dort doppelt so viele Vorfälle wie in der zweitgefährlichsten Region, dem östlichen Mittelmeer und dem Schwarzen Meer (15). Zahlreiche Seeunglücke passierten auch vor Japan, Korea und Nordchina (10).

Schiffsunglücke der letzten zwölf Monate bis einschließlich 25.11.2012

Inklusive der zehn größten Transport- sowie aller größeren Passagierschiffsunglücke - nach Unglücksort und Schiffstyp.

Knappe Mittel für Wartung und Ausbildung

Menschliches Versagen bleibt die Hauptursache der meisten Unfälle. Dahinter stehen Übermüdung, Kostendruck oder eine unzureichende Ausbildung. „Einige Schifffahrtsgesellschaften, gerade im umkämpften Geschäft von Schüttgutfrachtern oder Tankern, können sich Wartung und Training ihrer Mitarbeiter kaum mehr leisten“, erklärt AGCS-Schifffahrtsexperte Dr. Sven Gerhard. 

Neue Vorschriften wollen folgenschwere menschliche Fehler an Bord verringern. Im Laufe des Jahres 2013 wird die bereits 2006 verabschiedete Maritime Labor Convention in Kraft treten, die die Arbeitsbedingungen von Seefahrern detailliert regelt. Daneben arbeiteten die International Maritime Organisation und führende Kreuzschifffahrtsunternehmen nach dem Costa-Concordia-Unglück intensiv daran, bestehende Sicherheitsbestimmungen zu verschärfen und Betriebspraktiken in der Passagierschifffahrt  weiter zu verbessern.

Gesamtverluste nach Region

2001-2012 und 2011-2012 (Quelle: Lloyd's List Intelligence Casualty Statistics. Analyse: AGCS.)

Den Besten der Branche folgen

Auch die Cruise Lines International Association und der European Cruise Council haben sich für die freiwillige Umsetzung von Regeln eingesetzt, die über die bisher gültigen internationalen Vorschriften hinausgehen. Außerdem verbreiten sich zunehmend innovative Ansätze, wie sie bereits in der Luftfahrt oder bei ersten Schifffahrtsgesellschaften im Einsatz sind: So verändert das „function-based bridge concept“ die Befehlsstruktur auf der Schiffsbrücke – weg von der alleinigen Weisungsbefugnis des Kapitäns hin zu mehr gegenseitiger Kontrolle innerhalb des Offizierteams. „Gerade Selbstregulierung leistet einen großen Beitrag zur Verbesserung der Sicherheit auf See“, betont Gerhard. Wo es um die Sicherheit der Passagiere gehe, folgten auch andere Gesellschaften schnell dem Vorbild der Branchenbesten.

Auch die Technologie entwickelte sich im vergangenen Jahr weiter. Seit Juli 2012 ist das Electronic Chart Display and Information System (ECDIS) verpflichtend und könnte dazu beitragen, die Zahl von Unglücken weiter zu reduzieren – entsprechendes Training und Management vorausgesetzt. „Die fortschrittlichsten Geräte sind nur so gut wie die Qualifikation derjenigen, die sie bedienen. Hier sehen wir oft, dass die Fähigkeiten der Mitarbeiter den technologischen Möglichkeiten hinterherhinken“, so Gerhard. Entscheidend sei ein vorausschauendes Sicherheitsmanagement an Bord, das über das vorgeschriebene Minimum hinausgehe und durchgängig vom Kapitän bis zur Hilfskraft gelebt werde.

AGCS als der Versicherer der Allianz für Industrie- und Spezialversicherungen zählt zu den führenden Schiffsversicherern weltweit und bietet Sachversicherungen für alle Schiffstypen an. Tanker, Schüttgutfrachter und Containerschiffe gehören ebenso dazu wie Yachten und Sportboote. AGCS versichert auch Transporte und kommt dabei für die Schäden durch verlorengegangene oder beschädigte Güter auf. Im Jahr 2011 erwirtschaftete AGCS im Bereich Schiffs- und Transportversicherungen rund 940 Mio. Euro an Bruttoprämieneinahmen.

Diese Aussagen stehen, wie immer, unter unserem Vorbehalt bei Zukunftsaussagen

Heidi Polke
AGCS Munich
Tel. +49.89.3800-14303
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