Wirbelsturm Sandy zeigt aktuell, welche Folgen Naturkatastrophen haben können "Die Schuldenkrise und ein bisher relativ naturkatastrophenarmes Jahr haben den Klimawandel und Naturkatastrophen auf der politischen und öffentlichen Agenda in den Hintergrund gerückt," stellt Amer Ahmed, CEO der Allianz Re, fest.
Die Allianz warnt davor, die wachsenden Risiken von Naturkatastrophen zu unterschätzen. Dabei spielen sozio-ökonomische Faktoren wie die Zunahme versicherter Vermögenswerte weltweit und die fortschreitende Besiedelung in gefährdeten Regionen eine wichtige Rolle. Sie werden zusammen mit der zunehmenden Frequenz und Stärke von Wetterereignissen für höhere Schäden sorgen. "Wir müssen gemeinsam mit dem öffentlichen Sektor unsere Vorsichtsmaßnahmen verstärken, um auf mehr Sturm-, Starkregen und Hagelereignisse vorbereitet zu sein, auch in Deutschland. Sonst werden die versicherten und nicht-versicherten Schäden in vielen Regionen weltweit weiter steigen", ergänzt Ahmed.
In den vergangenen 30 Jahren haben sich die Auszahlungen an Kunden für wetterbezogene Versicherungsschäden verfünfzehnfacht. Naturkatastrophen verursachen aber nicht nur lokal große Schäden, sie sorgen aufgrund der globalen wirtschaftlichen Vernetzung zunehmend für weltweite Kettenreaktionen. Unwetter wie die Flut in Thailand sind mit 51 Prozent der häufigste Auslöser für Betriebsunterbrechungen durch Lieferantenausfälle. Sorge bereiten vor allem die Konzentration auf regionale Zulieferer wie sie in der Automobil- und Elektronikindustrie verbreitet sind: "Der Ausfall von wichtigen Zuliefern durch ein lokales Katastrophenereignis kann Unternehmen weltweit treffen und damit auch mehrere unserer Versicherungsnehmer", erklärt Volker Münch, Sachversicherungsexperte bei Allianz Global Corporate & Specialty (AGCS). "Dieses Kumulrisiko müssen wir für uns berechenbarer machen. Daher brauchen wir mehr Einblicke in das Lieferanten-Risikomanagement unserer Industriekunden."
Grenzen der Versicherbarkeit – Lehren aus der Vergangenheit
Die volkswirtschaftliche Aufgabe der Versicherer ist es, die zunehmenden Risiken und nachhaltiges globales Wachstum abzusichern. "Ein Schlüssel für Lösungen liegt in unseren Lehren aus der Vergangenheit", erklärt Richard Hewitt, Analyst und Senior Consultant bei der Allianz. "Der Rückblick zeigt, wo Trends zu spät erkannt, Kundenbedürfnisse übersehen oder Abhängigkeiten unterschätzt wurden." So hatten die Betriebsunterbrechungen nach der Flut in Thailand und dem Erdbeben in Japan 2011 deutlich gemacht, dass den Unternehmen und ihren Versicherungspartnern zu wenige Daten über die Risiken in globalen Lieferketten zur Verfügung standen.
Der Rückblick und eine Befragung von Allianz Experten zeigt auch: Die Rangliste der Risiken hat sich nach 1990 kaum verändert, Naturkatastrophen waren und bleiben das größte versicherbare Risiko. "Wir werden mehr von den gleichen Risiken sehen, mehr Naturkatastrophen mit komplexeren Schäden", so Hewitt.
Hurrikan Andrew 1992 in Florida war mit 25 Milliarden US-Dollar die bis dahin teuerste Naturkatastrophe für die Versicherer. Andrew brachte Versicherer an den Rand ihrer Leistungsfähigkeit und löste Entwicklungen in allen Bereichen aus: Neue Katastrophensimulationen und Risikomodelle wurden entwickelt, mehr Daten gesammelt und analysiert, Risiken besser diversifiziert und gestreut, Rückversicherungskapazitäten ausgebaut und der Kapitalmarkt mit sogenannten "NatCat (Naturkatastrophen)-Bonds" erschlossen. In den Jahren 2005 und 2006 verursachten die Stürme Katrina, Rita und Wilma einen Versicherungsschaden von 97 Milliarden US-Dollar, viermal so hoch wie der von Andrew. Aber die neuen Instrumente zeigten Wirkung: Wurde die Kapitalstärke der Versicherer nach Andrew doppelt so stark geschwächt wie in Durchschnittsjahren, lag dieser Wert nach Katrina, Rita und Wilma sogar 40 Prozent unter diesem Durchschnitt.