Der Schlüssel zum Virtuellen Fahrzeugschlüssel

Virtueller Fahrzeugschlüssel

 

Wer schon mal ein Smartphone verloren hat, weiß, wie sehr der Alltag dadurch beeinträchtigt sein kann. Schließlich ist ein Smartphone heutzutage nicht mehr nur ein Gerät, mit dem man Anrufe oder Nachrichten sendet oder entgegennimmt. Es ist eine Kamera, ein Kalender, ein elektronischer Organizer, eine Bankfiliale, ein Musikplayer, ein Laptop, ein Gesundheitsmonitor und eine Vielzahl anderer Tools in einem. Und bald könnte es eben auch noch der Autoschlüssel sein.

Mit dem „Internet der Dinge“, das die Welt im Sturm erobert, wird es nicht mehr lange dauern, bis man mit einer App das Fahrzeug aufschließen und starten kann. Der Autoschlüssel ist auf dem Weg, virtuell zu werden. Einige Hersteller bieten diese innovative Lösung bereits an. Aber das Auto mit virtuellen Schlüsseln zu bedienen, könnte sich als viel stressiger erweisen als mit physischen Schlüsseln. Den eigenen Kindern im Teenageralter zu verbieten, sich das teure Auto für eine Spritztour auszuleihen, könnte dann mehr bedeuten, als ihnen nur den Schlüssel abzunehmen.

Schlimmer noch: Selbst wenn Autobesitzer das Handy und damit den Virtuellen Schlüssel in der Tasche haben, könnte ein Hacker die Kontrolle über das Fahrzeug gewinnen.

Es ist das erste Mal, dass das „Internet der Dinge“ und das gesamte Ökosystem um das Fahrzeug herum tief in dessen elektronisches System eindringen, nicht nur in das Infotainmentsystem. Heißt das, dass dann Autobesitzer den Diebstahl ihres Fahrzeugs aus der Ferne befürchten müssen? Dann ist da noch die Frage der Versicherung. Wenn ein Auto gestohlen wird, wie funktioniert der Schadenprozess?

Um diesen Herausforderungen zu begegnen, haben die Experten des Allianz Zentrum für Technik (AZT), das Forschungszentrums für Fahrzeugtechnologie der Allianz, Richtlinien für das Design von Virtuellen Fahrzeugschlüsseln sowie die Speicherung und Verarbeitung der entsprechenden Daten formuliert. Damit soll den Autoherstellern ein Leitfaden an die Hand gegeben werden, der das mit der heutigen Wegfahrsperren erreichte Schutzniveau für den Kunden und sein Fahrzeuges erhält oder steigert.

Das AZT hat diese Richtlinien dem so genannten „Research Council for Automobile Repairs“ (RCAR) vorgelegt, einem internationalen Gremium von Automobilforschungszentren mit 25 Mitgliedern aus Europa, Asien, Nordamerika, Südamerika und Australien. Dessen Arbeitsgruppe „Vehicle Cyber Crime“ wird prüfen, ob sie diese Richtlinien als internationale Standards für Virtuelle Fahrzeugschlüssel ausgibt.

Mit dem Virtuellen Schlüssel wird das Einreichen eines Autodiebstahls bei der Versicherung komplexer. Momentan ist es so, dass der Fahrzeugeigentümer im Falle eines Autodiebstahls seinem Versicherer alle Autoschlüssel zur Verfügung stellt. Im Prinzip könnte dieser Prozess auch auf virtuelle Schlüssel angewendet werden. Kunden werden ihr Smartphone, das den Virtuellen Schlüssel enthält, dem Versicherer allerdings wohl kaum aushändigen wollen.

Zudem kann es sein, dass mehrere Virtuelle Schlüssel für ein Fahrzeug im Umlauf sind. Dann würde der Versicherer die Smartphones von jedem brauchen, der einen solchen Schlüssel hat. Ein Szenario, das nicht sehr realistisch erscheint. Daher ist ein definierter Prozess für die Rücknahme der virtuellen Schlüssel erforderlich. Zudem müsste auch die Dokumentation von einer unabhängigen Partei, z.B. dem Automobilhersteller, sichergestellt sein. Wurde die Berechtigung nach einem Diebstahl entzogen, müsste der Nachweis hierfür anstelle der Smartphones im Schadenprozess eingereicht werden. Die Richtlinien des AZT sehen deshalb hierfür Anforderungen vor, die den Kunden in die Lage versetzen sollen, diese Nachweise zu führen.

„Wir müssen sicherstellen, dass wir unseren Kunden im Falle eines Diebstahls auch bei Verwendung eines Virtuellen Schlüssels eine unkomplizierte Erstattung des Schadens anbieten können", sagt Jochen Haug, Schadenvorstand bei der Allianz Versicherungs-AG, einem Geschäftsbereich der Allianz Deutschland.

Komfort ist eine Sache. Vertrauen ist aber ein weit wichtigerer Faktor, der Einfluss darauf haben wird, ob der Virtuelle Fahrzeugschlüssel Akzeptanz findet. „Das geht nur, wenn die Datensicherheit gewährleistet ist", sagt Christoph Lauterwasser, Geschäftsführer des AZT und Vorsitzender des RCAR-Lenkungsausschusses.

Um Daten- und IT-Sicherheit zu gewährleisten, hat das AZT auch diesbezügliche Richtlinien vorgeschlagen. Die wichtigsten sind:

  • Es darf nicht möglich sein, den virtuellen Schlüssel zu "kopieren" und es muss transparent sein, wie viele solcher Schlüssel für ein bestimmtes Fahrzeug existieren.
  • Eine klare, transparente und vollumfängliche Liste aller berechtigten Nutzer des Schlüssels muss dem Kunden und dem Versicherer bei Verlust des Fahrzeugs zur Verfügung gestellt werden. Darüber hinaus sollte der Kunde im Falle eines Fahrzeugdiebstahls in der Lage sein, alle Berechtigungen für den Virtuellen Fahrzeugschlüssel sofort zu widerrufen.
  • Die Berechtigung zum Öffnen des Fahrzeugs soll von der Berechtigung zum Starten des Fahrzeugs getrennt sein. Das erhöht nicht nur die Sicherheit, sondern ermöglicht auch zukünftige Servicemodelle wie "Anlieferung im Kofferraum".
  • Die Datenumgebung für die Speicherung und den Zugriff auf den Virtuellen Schlüssel soll vollständig von anderen Anwendungen getrennt sein. Sensible Daten wie Berechtigungen und Schlüsselberechnungen müssen auf eine sichere Speicher- und Arbeitsumgebung beschränkt sein.

„Risiken im Zusammenhang mit dem Virtuellen Schlüssel beschränken sich nicht auf bestimmte Länder. Vielmehr sind sie international und global", sagt Lauterwasser. „Diese Richtlinien sind technologie- und herstellerunabhängig. Sie richten sich an die weltweite Automobilindustrie."

Virtuelle Schlüssel sind nur ein Beispiel dafür, wie das AZT mit der Automobilindustrie bei der Adressierung neuer Technologien zusammenarbeitet. 1971 gegründet, untersucht das AZT die für die Kfz-Versicherung relevanten Technologien mit einem wissenschaftlichen Ansatz. Die Experten des AZT stellen den Kontakt zwischen Automobilherstellern, Autowerkstätten, Forschung und der Versicherungsindustrie her.

„Unserer Beobachtung nach entwickeln sich neue Technologien in modernen Fahrzeugen immer schneller. Viele davon haben einen direkten Einfluss auf unsere versicherten Risiken, genauso wie auf Reparaturen und den Schadenprozess“, sagt Lauterwasser.

Aktuell setzt das AZT den Schwerpunkt seiner Forschung unter anderem auf die Themenfelder automatisiertes Fahren, Fahrerassistenzsysteme, Fahrzeugelektronik und -daten, sowie Elektromobilität.

All diese Themen werfen Fragestellungen auf, die eine enge Zusammenarbeit mit den Autoherstellern (OEMs) erfordern, um nachhaltige Lösungen und Sicherheit für unsere Kunden entwickeln zu können.

Diese Aussagen stehen, wie immer, unter unserem Vorbehalt bei Zukunftsaussagen:

 

Susanne Seemann
Allianz SE
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