Ein Flugzeug anhalten

Der Flughafen Schleißheim ist ein Streifen aus Beton und Teer, umgeben von grünen Freiflächen. Inlineskater fahren die schmale Straße über die große und einzige Landebahn hoch und runter.

Der Flughafen, der im Grüngürtel im Norden von München liegt, wurde 1912 als Basis für das seit langem ruhende bayerische Fliegercorps errichtet. Heutzutage werden ein Großteil des einst umfangreichen Geländes und das Terminal als Luftfahrtmuseum genutzt. Der Rest des Flugplatzes wird für Zivilflüge verwendet. Im Sommer blicken Schafe aus dem langen Gras auf und zeigen nur vages Interesse, wenn ein Segelflieger die Piste entlanggleitet oder ein Leichtflugzeug abhebt.

Aber wie viele der anderen 400 unbedeutenden und in Vergessenheit geratenen Flughäfen, die über ganz Deutschland verstreut sind, konnte Schleißheim einen Aufwärtstrend seit dem Start von Wingly vor zwei Jahren verbuchen.  

Die Mitflugzentrale stellt den Kontakt zwischen privaten Piloten und Reisewilligen her, sodass sie sich die hohen Kosten von Privatflügen teilen können. Anders als bei Uber müssen diese Piloten nicht mithilfe von Wingly Ihren Lebensunterhalt bestreiten, sondern möchten dank der erzielten Einsparungen häufiger fliegen können. Zurzeit sieht der Service Flüge in Frankreich, Deutschland und Großbritannien, den drei größten Luftfahrtnationen in Europa, vor.

„Flugstunden können horrend teuer sein“, erläutert Bertrand Joab-Dorni, einer der Gründer von Wingly. „Typischerweise sprechen wir hier von mindestens 170 EUR pro Stunde. Im Durchschnitt verbringen Zivilpiloten 15 Stunden im Jahr damit, die verpflichtenden Bestimmungen bezüglich der Flugstundenzahl zu erfüllen oder ihre Fähigkeiten zu verbessern. Das kann ein kostspieliges Hobby sein.“

Als Flugbegeisterte wussten Joab-Cornu und seine Freunde Lars Klein und Emeric de Waziers, dass 10 Mio. Plätze jährlich bei Flügen über Europa frei bleiben. Da war es nur naheliegend, sie möglichst zu besetzen. Auf diese Weise reduzieren sich die Flugstundenkosten für Piloten, die nun mehr Zeit in der Luft verbringen und ihre Kompetenzen verbessern können.

Um das Programm zu versichern, wandte Wingly sich an die Allianz, die über die französische Vermittlung von Luftfahrtversicherungen, die SAAM Verspieren-Gruppe, agiert. Parallel zur Erstversicherung, die sich auf das Flugzeug selbst bezieht, steht zusätzliche Deckung zum Schutz der Passagiere und Dritter am Boden zur Verfügung.  „Wingly ist im allgemeinen Luftfahrtbereich ziemlich innovativ“, so Gaeetan Bareill, General Aviation Underwriting Manager bei der AGCS. „Es richtet sich nach den erst kürzlich verabschiedeten regulatorischen Vorschriften der EU, die erlassen wurden, weil Wingly-Piloten nicht gewinnorientiert tätig sind. Für uns als Versicherer wird es sehr spannend sein, das Wachstum dieser neuen Sharing Economy im Luftraum zu beobachten.“

Was das Konzept betrifft, funktioniert Wingly in gewisser Weise so wie Lyft, Uber, SnapCar oder irgendein anderer Mitfahrdienst. Es werden Leichtflugzeuge eingesetzt, d. h. solche, in denen maximal sechs Leute Platz finden und die im Allgemeinen mit Propellern ausgestattet sind. Die Nutzer suchen auf der Wingly-Website nach Flügen, um etwas Passendes zu finden, und werden dann direkt mit den Piloten verbunden.

Allerdings ist es unwahrscheinlich, dass Wingly sich zu einem „Uber für die Luft“ entwickelt oder andere Luftfahrtunternehmen in der Weise gefährdet, wie das bei Mitfahrdiensten in Bezug auf langgediente Taxiunternehmen der Fall ist. Diesen Piloten geht es nicht darum, ihren Lebensunterhalt so mühsam wie Taxifahrer in der Sharing Economy zu verdienen, sondern vielmehr die mit der Flugzeit verbundenen Kosten zu verringern.

„Sie wollen stattdessen ihre Leidenschaft mit anderen teilen und dabei ein wenig sparen“, erläutert Joab-Cornu, ein für die Geschäftsentwicklung von Wingly zuständiger Luftfahrtingenieur. „Piloten können damit nichts verdienen, sondern lediglich die Kosten teilen. Dennoch ist eine potenzielle Preissenkung von 75 Prozent extrem attraktiv für Piloten, denen es darauf ankommt, Flugstunden zu sammeln.“

Wingly hofft, dass es den Piloten gelingt, ihre jährlichen Flugstunden zu verdoppeln oder gar zu verdreifachen, wenn ihr Angebot genutzt wird. In gewisser Weise, meint Joab Cornu, sei Wingly Teil einer „echten“ Sharing Economy. „Es handelt sich dabei um eine Nebentätigkeit, bei der Menschen dadurch Geld sparen, dass sie die Waren und Dienstleistungen, die sie nur teilweise nutzen, mit anderen teilen.

Bei der Plattform sind 70.000 Nutzer und mehr als 6.000 Piloten aus drei Ländern angemeldet. Typischerweise gehören zu den auf der Website veröffentlichten Flügen beispielsweise Besichtigungen beliebter Städte oder Landschaften aus der Luft. Erwarten Sie jedoch keine Alternative zu Ihrem Standard-Nachtflug von London nach Berlin oder von Paris nach Lyon.

Aber wenn Ihnen nach einer kleinen Spritztour von London nach Le Toquet in Frankreich zumute ist oder Sie der spontane Wunsch ereilt, von Berlin nach Usedom zu fliegen, um den Botanischen Garten zu besichtigen, dann könnte Wingly etwas für Sie sein.

Auf der Website werden mehr als 30.000 Flüge angeboten. Von Oberschleißheim aus gibt es Mitfluggelegenheiten nach Berlin, Hamburg, Kiel und Venedig, aber meistens handelt es sich um Freizeit-Rundflüge über die spektakulären bayrischen Alpen für ungefähr 80 EUR. „Eigentlich gibt es das Geschäftsmodell schon immer“, bemerkt Joab-Cornu. Wingly habe es nur online gestellt. „Wir haben es uns von der Europäischen Union bestätigen lassen, dass dieser Ansatz in digitaler Version rechtmäßig ist, und so haben wir das Portal ins Leben gerufen.“

Das Team hegt die Hoffnung, die private Luftfahrt dadurch zu „demokratisieren“. „Ein Flug von London zur Isle of Wight ist jetzt so einfach wie der Besuch von Windsor Castle – und gar nicht so viel teurer – und außerdem ist der Blick wesentlich spektakulärer als auf einem Standardflug.“ Die Piloten werden vor der Anmeldung geprüft. Im Rahmen des Anmeldeverfahrens kontrolliert Wingly auch ihre ärztlichen Bescheinigungen und Lizenzen.

„Das Konzept der Mitfahrgelegenheit als Teil der allgemeinen Sharing Economy mit Unternehmen wie Uber, Lyft, Bla Bla Car, Zipcar, Airbnb usw. ist ziemlich beliebt in unserer Gesellschaft“, so Bareille. „Wir stellen fest, dass immer mehr Startups dieses Geschäftsmodell anpassen. Sicher, einige Leute lehnen dies noch ab, aber das wird sich ändern, wenn mehr und mehr Unternehmen dazu übergehen und auch erfolgreich sind.“

Allianz Global Corporate & Specialty SE (AGCS) ist die eigene Marke der Allianz Gruppe für Firmen- und Spezialrisiken. Die AGCS bietet Versicherungsschutz und Risikomanagementberatung über das gesamte Spektrum von Spezialversicherung, ART und Firmengeschäft: Marine, Aviation (inkl. Space), Energy, Engineering, Entertainment, Financial Lines (inkl. D&O), Liability, Mid-Corporate und Property (sowie Internationale Versicherungsprogramme). Weltweit operiert die AGCS in 30 Ländern mit eigenen Einheiten und in mehr als 160 Ländern über das Netzwerk der Allianz Gruppe und andere Partner. 2016 beschäftigte sie über 5.000 Mitarbeiter und lieferte Versicherungslösungen für mehr als die Hälfte der Fortune Global 500-Unternehmen; sie zeichnete weltweit insgesamt 7,6 Milliarden Euro Bruttoprämien pro Jahr. Die AGCS SE verfügt über die Bonitätsratings AA von Standard & Poor’s und A+ von A.M.Best.

Diese Aussagen stehen, wie immer, unter unserem Vorbehalt bei Zukunftsaussagen

 

Heidi Polke-Markmann
Allianz Global Corporate & Specialty 
Tel. +49 89 3800 14303

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