Warum ist es so wichtig, dass die EU-Bürger am Sonntag zur Wahl gehen? Welchen Einfluss haben die Entscheidungen des Europäischen Parlaments eigentlich auf die Zukunft Europas?
Mauro Vittorangeli: Nach der Finanzkrise 2008 musste die Europäische Union (EU) einen gemeinsamen politischen Ansatz für die Bewältigung der größten Krise nach dem 2. Weltkrieg entwickeln. Es gab einige Anlaufschwierigkeiten. Doch dann haben aus Sicht der Kapitalmärkte vor allen drei Aktionen die EU gestärkt: der Europäische Stabilitätspakt, das klare Bekenntnis der Europäischen Zentralbank zum Euro und der politische Wille für eine Bankenunion. Aus wirtschaftlicher Perspektive ist die EU heute bereits eine Einheit und dank ihrer integrierten Märkte und Finanzsysteme die größte Wirtschaftsregion weltweit. Eine hohe Wahlbeteiligung wäre die beste Bestätigung, dass die EU diesen Weg fortsetzen kann und kein politischer Stillstand droht. Weitere Reformen und eine größere Bedeutung des EU Parlaments könnten künftig dazu beitragen, die Bürger Europas für eine stärkere Beteiligung zu gewinnen.
Welchen Impuls erwarten Sie von den EU-Wahlen vor allem was die aktuellen Reformen angeht? Wir sprechen hier vor allem davon, die Staatsschulden weiter zu reduzieren.
Mauro Vittorangeli: Für den Schuldenabbau und die finanzielle Stabilisierung ist Konsens entscheidend. Eine aktivere Rolle des EU Parlaments würde bei dieser schwierigen Aufgabe helfen. Zum ersten Mal wird das Parlament nun den Präsidenten der Kommission direkt wählen. Das ist ein vielversprechender Schritt. Damit stärken wir die europäischen Autoritäten gegenüber den nationalen. Ebenso würde eine Einbeziehung des EU Parlaments in die Genehmigung der einzelnen Staatshaushalte für mehr politischen Zusammenhalt sorgen.