Nie zu jung und nie zu alt

In einem Alter, in dem die meisten Berufstätigen beginnen, Pläne für die Rente zu schmieden, verfolgte er ein neues Karriereziel. Mit seinem Startup „Kind in Diagnostik“ (KiD), das Kindern hilft, Traumata durch Psychotherapie zu bewältigen, lässt sich Claus Gollmann auch mit Ende 50 von unternehmerischen Millennials nicht unterkriegen.

Auf der gegenüberliegenden Seite des Raumes sitzt der 19-jährige Kadir Can Kirkoyun. Noch nicht einmal seinem Teenageralter entwachsen hat der Türke gemütliche Abende mit Freunden auf Eis gelegt, um an seinem Startup zu arbeiten - Scode, eine Anwendung, die Programmieren durch Geschichtenerzählen lehrt.

Claus Gollmann und Kadir Can Kirkoyun konkurrieren um einen Zuschuss von 40.000 Euro im Rahmen des Investment Ready Program, für das die Allianz als Teil ihres Programms "Encouraging Future Generations" mit Impact Hub zusammengearbeitet hat.

Sie stehen im harten Wettbewerb mit Ralf Tönjes, der aus einer Generation stammt, die zwischen Claus und Kadir liegt. Der 36-jährige Brasilianer ist Mitbegründer von Renovatio, einer Nichtregierungsorganisation, die Brillen für einen Dollar herstellt, um sehbehinderten Kindern und Jugendlichen den Schulbesuch und die Arbeit zu erleichtern.

Die drei mögen vielleicht verschiedene Altersklassen haben, doch verbindet sie ihre Leidenschaft für Menschen. Was hat sie also dazu inspiriert, den ungewöhnlicheren Weg zu gehen? Das ist ihre Geschichte.

scode

Als junger Teenager verbrachte Kadir Can Kirkoyun Stunden mit Gaming-Apps. Die meisten seiner Freunde teilten seine Begeisterung für 1er und 0er nicht. Aber schon als Jugendlicher interpretierte Kadir deren mangelndes Interesse dahingehend, dass sie sich die Möglichkeiten der Softwareentwicklung nicht vorstellen konnten. Aus einer Laune heraus schrieb er mit seinem Bruder Kaan und ein paar gleichgesinnten Freunden die ersten Codes für die Scode-App. Der Rest ist Geschichte.

Die App verwendet ein Storytelling-Format, um den Benutzern das Programmieren beizubringen. Sie schaffte es in die „Google Playstore's Best Apps of 2017“- Liste.

Anfangs war Kadir zu jung, um das Potenzial der Idee zu verstehen. Als er es dann verstand, gab es Herausforderungen zu bewältigen - er war noch nicht volljährig, um ein Unternehmen zu gründen, Schulbesuch und Hausaufgaben machten sein Zeitmanagement ziemlich schwierig. Dann gab es rechtliche Verfahren, die einzuhalten waren. Wie sollte das auch ein Teenager wissen? Aber mit Entschlossenheit überwand Kadir alle Hürden.

Er bereut es nicht, so jung angefangen zu haben. "In diesem Alter ist man nicht von Verantwortung belastet und man hat die Begeisterung und den Optimismus, die Dinge zum Besseren zu wenden", sagt er.

Kadir glaubt an den Nutzen des Programmierens - er sieht darin den Schlüssel zur Veränderung des Lebens in diesem Jahrhundert. Heute hat die Scode App mehr als 120.000 Benutzer. "Es ist immens befriedigend zu sehen, wie die Leute erkennen, welche großartigen Ideen das Programmieren ermöglicht", schließt er.

Als Kurzsichtiger kennt Ralf Tönjes die Herausforderungen, die Sehbehinderungen mit sich bringen können. Noch schlimmer ist es für Kinder und Jugendliche, deren schulische Entwicklung durch solche Probleme ernsthaft behindert werden kann.

Um diese Lücke zu schließen, hat der Brasilianer Renovatio mitbegründet. Als frühe Versuche, den Bedürftigen ein $1 Brille anzubieten, erfolglos blieben, versuchte es Ralf mit Crowdfunding. Das von Renovatio gesammelte Geld ermöglichte die Einrichtung von zwei mobilen Augenkliniken in Brasilien und die Bereitstellung von Brillen für 17.000 Menschen in 19 Bundesstaaten.

Vor kurzem gründete Ralf zusammen mit Axel Ali die Organisation VerBem. Damit probieren die beiden ein hybrides Geschäftsmodell zur Finanzierung von Brillen für benachteiligte Jugendliche.

"Ich erinnere mich an einen Vorfall, der meinen Glauben an unsere Sache festigte", sagt er. "Wir verteilten Gläser in Para, mitten im Amazonas. Ein Mann mit hoher Kurzsichtigkeit brach in Tränen aus und murmelte etwas davon, nicht mehr auf Bäume klettern zu müssen. Später verstand ich, dass er als Acai-Verkoster auf 10 Meter hohe Bäume klettern musste, um zu sehen, ob die Früchte reif für die Ernte waren. Ein eingeschränktes Sehvermögen kann die Qualität von Lebens und Arbeit ernsthaft beeinträchtigen."

Der Millennial, der im Jahr 2017 auf der Forbes-Brasilien-Liste '30 unter 30' stand, will einer Million Menschen mit Sehbehinderungen helfen, bevor er 40 Jahre alt wird. Was für ein Ziel!

Als Claus Gollmann in den 80er Jahren mit der Kinderpsychiatrie begann, gab es in der Öffentlichkeit zum einen wenig Bewusstsein für häuslichen Missbrauch und zum anderen begrenzte öffentliche Mittel für Spezialisten. Er erkannte, das missbrauchte Kinder eine Therapie brauchten, die Stigmatisierung beseitigte und emotionale Heilung ermöglichte.

So wurde KiD geboren. Hier helfen Therapeuten mit neuartigen Methoden traumatisierten Kindern, wenn die konventionelle Therapie versagt hat. Bis jetzt hat KiD mehr als 600 Kindern ermöglicht, ihre negativen Erfahrungen zu überwinden.

Claus selbst hatte eine bewegte Kindheit. Er wurde wegen Ungehorsams aus der Schule geworfen und hatte Freunde, die aus zerbrochenen Familien stammten. Deren unruhiges Leben trieb sie oft in den Drogenmissbrauch. Der Deutsche war erst 16, als ihm klar wurde, dass er sein Leben wieder auf Kurs bringen musste. Er studierte Sozialpädagogik und arbeitete oft mit schwierigen Jugendlichen.

Als er älter wurde, fühlte Claus das Bedürfnis, eine Umgebung zu schaffen, die Kinder dazu ermutigt, sich zu öffnen und sich sicher zu fühlen. Aufgrund seiner Kindheitserfahrungen konnte er sich mit einem jungen, unruhigen Geist identifizieren. "Älter zu sein hat seine Vorteile. Mit dem Alter kommt die Weisheit und ich kann besser verstehen, was diese Kinder durchmachen. Auch der Vertrauensfaktor hilft", sagt er.

Claus liebt es, sich mit Menschen verschiedener Generationen auszutauschen, was ihn schnell mit Kindern verbündet.

Nie zu alt, nie zu jung - es gibt keine Altersgrenzen, um Bedürftigen zu helfen.

Anja Rechenberg 
Allianz SE
Tel.: +49 89 3800 4511

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