Am 9. November hatte Berlin eindrucksvoll den Mauerfall vor 25 Jahren gefeiert. Eine 15 Kilometer lange Lichtinstallation ließ das leidvolle Bauwerk noch einmal auferstehen. Tausende leuchtende Ballons zeichneten den Mauerverlauf nach – und lösten sich schließlich aus ihrer Verankerung. Der beste Freund der Deutschen, Michail Gorbatschow, ließ den ersten Ballon in den Berliner Himmel aufsteigen. Den zweiten Ballon brachte ein Mann zum Fliegen, den Peter Spiegel, Leiter des Genisis Institute for Social Innovation, einen Tag nach den Feierlichkeiten am Brandenburger Tor als Person vorstellte, „die wie Gorbatschow in der Lage ist, Mauern in den Köpfen der Menschen einzureißen.“ Mit diesen Worten begrüßte Spiegel Friedensnobelpreisträger Muhammad Yunus im Allianz Forum.
Yunus: Tipping Point in der Armutsbekämpfung
Die Allianz hatte zusammen mit Genisis und dem Senat der Wirtschaft zur Präsentation einer neuen Studie über die Wirkung von Mikrokrediten in das Forum am Pariser Platz geladen. Spiegel sprach in seiner Rede von einer Blockade in der Armutsbekämpfung, die durch Yunus gelöst wurde. Lange, so der Studienleiter und prominenter Vertreter der Global Marshall Plan Initiative Franz Josef Radermacher, habe man sich gefragt, ob der Einzelne überhaupt noch ein Faktor sei. „Yunus ist ein solcher Tipping Point“, würdigte ihn Radermacher. Tatsächlich gilt der Wirtschaftswissenschaftler aus Bangladesch als Pionier des Mikrokredit-Gedankens, ein Gedanke, der ihm 2006 nicht nur den Friedensnobelpreis einbrachte, sondern der in den vergangenen Jahren auch immer wieder von Profitgier gekapert und damit zunehmend kritisiert wurde. Die Studie „Microcredit – Addressing an Ongoing Debate“ verteidigt das ursprüngliche Konzept Yunus, in dem die Armut nicht kapitalisiert, sondern die Armen selbst Teil der Lösung sind.
Studie verteidigt Grameen-Idee gegen Vorwurf der Profitgier
Gastgeber Wolfgang Ischinger betonte in seiner Eröffnungsrede die Notwendigkeit der Differenzierung bei all den Mikrofinanz-Angeboten. Aktuell zählt die Allianz 35 Millionen Teilnehmer in ihren Mikroversicherungsprogrammen. Wer Zugang zu Finanzmitteln gäbe, so der Generalbevollmächtigte der Allianz, der übernehme auch eine große Verantwortung. „Das Wichtigste bei diesen Programmen ist, die Bedürfnisse dieses Kundenkreises genau zu verstehen, um wirksamen Schutz gegen Risiken zu bieten und eine dauerhaft faire Balance zwischen Kunden und Anbietern zu erreichen.“ Anschließend verwies Ischinger auf die Allianz-Ausstellung „Microinsurance Life Stories“, in der acht internationale Journalisten den Beweis erbringen, wie erfolgreich die Mikrofinanz-Idee in die Tat umgesetzt wurde.