Investitionslücke im ClimateTech-Bereich gefährdet Transformation zur klimaneutralen Wirtschaft

Ein heute von Allianz Economic Research, Allianz X, UnternehmerTUM und UVC Partners veröffentlichter Bericht unterstreicht die zentrale Bedeutung von technologiegetriebenen Lösungen für die globale Transformation zu einer klimaneutralen („Net Zero“) Wirtschaft. Die ClimateTech-Branche steht vor einem immensen Wachstum, das den zu erwartenden Umsatz in diesem Sektor bis 2030 auf einen aggregierten Wert von insgesamt 600 Milliarden EUR katapultieren wird. Europas Position in diesem aufstrebenden Sektor ist jedoch gefährdet, so die Studie, da der Kontinent hinter die USA und China zurückfällt, wenn ClimateTechs in die für sie aussichtsreichsten Märkte abwandern – zumindest, wenn in Europa nicht weitere Anstrengungen unternommen werden. 

Die Studie stellt außerdem fest, dass die Investitionslücke allein im europäischen Energiesektor bis zu 200 Milliarden EUR pro Jahr beträgt. Trotz eines Booms bei den Investitionen in den ClimateTech-Sektor, die bis 2022 weltweit fast 100 Milliarden USD erreicht haben, sind die Mittel ungleichmäßig auf die Teilsektoren verteilt. 

Die Studie enthält außerdem politische Empfehlungen zur Stärkung der europäischen ClimateTech-Industrie, unter anderem durch die Schaffung einer gemeinsamen EU-Plattform für den Zugang zu Finanzmitteln, die verstärkte Zusammenarbeit zwischen dem Privatsektor und Forschungseinrichtungen, die Gewinnung von institutionellem Kapital, den Abbau bürokratischer Hürden und die Verpflichtung zur Beschaffung von ClimateTech-Lösungen durch öffentliche Institutionen.

Die globale Transformation zu einer klimaneutralen Zukunft hängt von einer wettbewerbsfähigen ClimateTech-Industrie wesentlich ab. Europas Energieautonomie und das Ziel einer 55%igen Reduzierung der Treibhausgasemissionen bis 2030 erfordern signifikante ClimateTech-Innovationen. Das prognostizierte Marktvolumen in diesem Sektor von, gemessen am Umsatz, 600 Milliarden EUR bis 2030 unterstreicht die Bedeutung von ClimateTech. Allerdings haben sowohl China als auch die USA bei den Investitionen die Nase vorn, insbesondere im Bereich saubere Energien. Umso wichtiger ist es, dass Europa schnell handelt, um den Anschluss zu halten. 

Die jüngste Entscheidung von Marvel Fusion, einem deutschen Kernfusions-Startup, in Zusammenarbeit mit der Colorado State University eine Laserfusionsfabrik zu errichten, unterstreicht einmal mehr die Dringlichkeit, Europas ClimateTech-Position zu stärken. 

„Wenn die EU nicht die gleiche Form der Unterstützung wie die USA und China bietet, werden sich die Fusionsenergieindustrie und andere Bereiche wie etwa die Batterieentwicklung und -produktion in der EU wahrscheinlich nicht gut entwickeln und kaum überleben“, sagte Lucio Milanese, Mitbegründer von Proxima Fusion, einem europäischen ClimateTech-Startup, das in dem Report als Fallstudie vorgestellt wird.

Um die Netto-Null-Transformation voranzubringen, sind erhebliche öffentliche und private Investitionen erforderlich. Die derzeitige Investitionslandschaft ist jedoch unzureichend. Die Internationale Energieagentur (IEA) schätzt, dass bis 2030 weltweit jährliche Investitionen in saubere Energie in Höhe von 4,5 Billionen USD erforderlich sind. Allein die EU benötigt zwischen 2021 und 2030 jährliche Investitionen in Höhe von 1,5 Billionen Euro. Gemessen an den faktischen Investitionen der vergangenen Jahre bedeutet dies eine Investitionslücke von 700 Milliarden EUR pro Jahr. Davon müssten der Studie zufolge 560 Milliarden EUR aus dem privaten Sektor kommen und 140 Milliarden EUR aus dem öffentlichen Sektor.

„Europa […] muss Genehmigungen für öffentliche Finanzierungen effizienter gestalten und die Investitionsvolumina im Bereich ClimateTech erhöhen“, sagte Markko Waas, CEO und Gründer von Claims Carbon, einem europäischen ClimateTech-Startup, das in dem Report als Fallstudie vorgestellt wird. 

Derzeit belaufen sich die jährlichen Investitionen in saubere Energie in der EU auf etwa 400 Milliarden EUR, was eine erhebliche Lücke, gemessen am Investitionsbedarf, hinterlässt. Allein die öffentliche Investitionslücke im Energiebereich beläuft sich auf etwa 40 Milliarden EUR pro Jahr, wobei zusätzlich 160 Milliarden EUR aus dem Privatsektor benötigt werden. Die Allianz ihrerseits wird bis 2030 weltweit zusätzlich 20 Milliarden Euro in ClimateTech- und CleanTech-Lösungen global investieren. Sie zählt bereits zu einer der Hauptinvestoren in grüne Energieinfrastruktur, darunter Wind- und Solarparks, grüner Wasserstoff und grünes Ammoniak.

Während der EU-Haushalt über 578 Milliarden EUR für die grüne Transformation bereitstellt, entstehen auch nationale Initiativen. Deutschland hat kürzlich einen Klima- und Transformationsfonds in Höhe von 212 Milliarden EUR angekündigt, während Frankreich eine jährliche Steuergutschrift in Höhe von 500 Millionen EUR zur Förderung von Wind- und Solarenergie, Wärmepumpen und Batterien plant. Auch die Benelux-Staaten und die nordischen Länder führen eine ehrgeizige klimabezogene Industriepolitik ein. Das ist ein Anfang, aber es ist noch viel mehr nötig.

Innovation ist entscheidend für das Erreichen der Netto-Null-Ziele. Die Weiterentwicklung bestehender Technologien allein wird nur 25 % der erforderlichen CO2-Emissionsreduzierungen bewirken. Mehr als 75% der Emissionsreduzierungen müssen von neuen Technologien kommen. Um dies zu erreichen, werden zwischen 2020 und 2040 durchschnittlich 3,3 Billionen USD an jährlichen Investitionen in innovative Technologien benötigt.
Die Investitionen in ClimateTech Venture Capital (VC) und Private Equity (PE) nehmen zu. Die globalen VC- und PE-Investitionen in ClimateTech- und CleanTech-Unternehmen sind bereits von 43,3 Milliarden USD im Jahr 2019 auf 97,3 Milliarden USD im Jahr 2022 gestiegen. Europäische Unternehmen haben sich 2022 beachtliche 30% dieser Mittel gesichert. Allerdings gibt es ein Ungleichgewicht bei der Finanzierung, wobei die Sektoren mit den höchsten Emissionen weniger Kapital erhalten als andere.

Obwohl die Investitionen in ClimateTech gestiegen sind, sind weitere Anstrengungen erforderlich, um eine global wettbewerbsfähige Industrie zu schaffen. Zu den politischen Empfehlungen gehören die Straffung der Finanzierung, die Schaffung einer gemeinsamen EU-Plattform für den Zugang zur Finanzierung, die Unterstützung langfristiger Finanzierungen durch Mischfinanzierungen und die Verpflichtung zur Beschaffung von ClimateTech-Lösungen durch öffentliche Institutionen.

„Französische öffentliche und private Investoren sind gut aufgestellt, um die Infrastruktur für die Elektrifizierung des Straßenverkehrs zu finanzieren. Eine Standardisierung auf europäischer Ebene ist jedoch von entscheidender Bedeutung, zum Beispiel im Fall der CO2-Emissionszertifikate“, sagte Vincent Gaillard, stellvertretender CEO von Electra, einem europäischen ClimateTech-Startup, das in dem Report als Fallstudie vorgestellt wird.

Weitere Empfehlungen betreffen die Gewinnung von Kapital institutioneller Investoren, die Verbesserung der Kapitalmarktbedingungen, die verstärkte Zusammenarbeit zwischen dem Privatsektor und Forschungseinrichtungen sowie den Abbau bürokratischer Hürden.

„Wenn Unternehmen einen Börsengang machen wollen, werden sie einen machen. Ungünstige Marktbedingungen in Europa werden zu Börsengängen im Ausland führen“, sagte Arthur Singer, Mitbegründer von STABL, einem europäischen ClimateTech-Startup, das in dem Report als Fallstudie vorgestellt wird.

Europa hat die Chance, in der ClimateTech-Branche eine Führungsrolle zu übernehmen. Allerdings sind dringende und konzertierte Anstrengungen von politischen Entscheidungsträgern, Investoren und wissenschaftlichen Einrichtungen erforderlich, um diese Chance zu nutzen

Laden Sie den Bericht von der Website der Allianz herunter

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** Stand: 30. September 2024

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